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Die Macht der Stimme: Rhetorik-Skills für Leader

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Die Macht der Stimme: Rhetorik-Skills für Leader
Rhetorische Intelligenz gehört zu den Top-Future-Leadership-Skills.©Andrey Popov / Getty Images / iStockphoto
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Sprechtechnik und Rhetorik sind essenzielle Leadership-Skills. Ob in Verhandlungen, Diskussionen, bei Vorträgen, Reden oder Interview-Situationen. Wie Leader ihre Stimme mit der gebotenen Authentizität nutzen können.

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Verbal geschult zu sein galt in der Antike als Grundvoraussetzung um überhaupt studieren zu dürfen. Damit zählt dieses Handwerk, dessen Zunft eher das Mundwerk bedient, zu den ersten Studien-Eignungstests der Geschichte – den sogenannten niederen Künsten.

Authentisches und überzeugendes Sprechen ist jedoch eine wichtige Leadership-Qualität. Wer geschliffen formuliert, seine Zuhörer gar zum Staunen bringt, genießt Bewunderung und Vertrauensvorschuss. Doch Vorsicht: Wer an Authentizität verliert, sich mit antrainierten Tricks ein künstliches Tuning verpasst, fährt in eine Sackgasse.

Eine gute Sprach- und Rede-Technik gilt mittlerweile für Leader als Grundvoaussetzung. Rhetorik- und Rede-Expertin Tatjana Lackner erklärt: "In der modernen Kommunikationsgesellschaft ticken die Uhren anders. Rhetorische Intelligenz ist ganz vorne bei den Top Future Skills gleich neben der Fachexpertise, die man im Gepäck haben sollte."(Siehe Interview: "Führen mit Stimme“)

Kommunikation im Wandel

"Sprache verändert sich auch laufend", mahnt Lackner. Die Rhetorik der Zukunft verlange immer mehr nach sprachlichen Bildern und frischer Erlebniskommunikation. Und das trifft nicht nur auf das gesprochene Wort zu. Auch die Form der Kommunikation verändert sich, was selbst zwischen Generationen feststellbar ist. Die Generation Z beispielsweise hat Hemmungen vor der telefonischen Kommunikation und greift nur ungern zum Hörer zu greifen. Sie textet lieber, statt zu telefonieren.

Auch die Körpersprache, Social Codes und Rede-Rituale bekamen durch die virtuelle Kommunikation eine andere Bedeutung als vor der Pandemie. Die Frage, wie schaffe ich es – über die technische Barriere hinweg – andere nur mit Stimme und Worte zu berühren, wird zunehmend wichtiger.

Die 5 häufigsten Irrtümer zur Business-Rhetorik

  1. Den Einstieg proben und den Redeschluss vergessen
    Der Schluss hat nichts mehr mit der Anfangsnervosität und der ersten Bewertung zu tun. Dennoch ist er dramaturgisch enorm wichtig. Es sind die letzten Sätze, mit denen Zuhörer nach Hause geschickt werden. Die sollten überlegt sein.

  2. Vielredner zu unterbrechen sei ein Verbrechen
    Anderen Menschen ins Wort zu fallen ist keine Tugend – sich von Dampfplauderern die Zeit stehlen zu lassen auch nicht. Besser ist deshalb, Vielrednern vertiefende Interessensfragen zu stellen und das Gespräch von außen clever zu lenken, während der andere am Wort ist. Dabei geht es nur um kleine Interventionen – mit großer Wirkung.

  3. ZDF brauche kein RTL
    Zahlen, Daten und Fakten (ZDF-Talk) alleine gestalten eine graue Rede noch nicht zum wirkungsvollen Event. Immer braucht es konkrete Beispiele und bunte Fallschilderungen, damit sich in den Köpfen Ihrer Zuhörer Versteh-Zusammenhänge bilden.

  4. Charisma und Charakter seien gleichbedeutend
    In der Politik und in der Wirtschaft werden charismatische Persönlichkeiten gerne verwechselt mit moralischen Instanzen. Dabei hat die mediale Wirkung eines Menschen wenig mit seiner Ehrlichkeit zu tun.

  5. Storytelling sei wichtiger als Bilder
    Menschen kaufen sich Gefühle und sind durch Stimmungen lenkbar. Narrative Erzähl-Elemente helfen uns dabei, Inhalte leichter zu verstehen und länger zu behalten. Das Kopfkino wird dadurch angeregt. Der Buchstabenwald alleine ist wie der ZDF-Talk unverdaulich. Fotos, Filme und Bilder hingegen erreichen uns leichter und lösen sofort Emotionen aus.

Rhetorik verbessern: 3 Tipps

Der Inhalt ist eine Sache, aber wie kann man die eignene verbessern? Sprach-Expertin Tatjana Lackner hat dafür drei Tipps parat, wie man quasi im Trockentraining und im Alleingang an seiner eigenen Stimme und ihrer Performance arbeiten kann.

Tipp 1: Hören Sie sich selbst beim Sprechen zu

Nutzen Sie Ihr Smartphone, um sich selbst beim Sprechen zuhören. Wenn Sie unsicher sind, dann können Sie sich selbst vor schwierigen Besprechungen, heiklen Verhandlungen oder Diskussionen aufnehmen und danach analysieren, womit Sie zufrieden sind und was Sie noch verbessern können: Haben Sie den richtigen Ton getroffen? Ist Ihre Argumentation so schlüssig wie sie denken?

Sprachaufnahmen sind ein gutes Korrektiv. Sie lassen auch erkennen, ob man sich in Schachtelsätzen verliert, zu viele Füllwörter verwendet oder zwischendurch wiederholt Partikel wie „ähm“ oder "äh" über die Lippen kommen.

Tipp 2: Trainieren Sie das Sprechen

Sie fahren täglich alleine mit dem Auto ins Büro? Das ist die perfekte Umgebung, um das Sprechen zu üben und zu trainieren. Selbstgespräche im Auto sind absolut unverdächtig. Sie können so laut sprechen wie Sie möchten und Sie mit Ihrem imaginären Gegenüber argumentieren.

Haben Sie dabei keine falsche Scham. Selbstgespräche sund ist definitiv weniger ablenkend als etwa zu telefonieren – schließlich bestimmen Sie alleine, wann die Kommunikation fortgesetzt wird. Außerdem wird annehmen, Sie unterhalten sich mit Ihrer Freisprechanlage.

Auf diese Weise können Sie etwa Ihre Gedanken für ein Meeting ordnen und Ihre Formulierungen bereits vorbereiten. Wie beim Kartenspiel werden Argumente gereiht und sortiert. In der Echt-Situation profitieren Sie genau davon. Gelassen ziehen Sie Ihre Einwände Karte für Karte und kommen schneller zum Ergebnis,

Tipp 3: Sprechen ist keine Lese-Übung

Drittens sollten Sie immer daran denken, dass eine Diskussion, ein Vortrag oder eine Redner keine Lesung ist. Wer stärker mit den eigenen Aufzeichnungen oder Moderationskärtchen, aus der Vorbereitung beschäftigt ist und sich krampfhaft daran festhält, statt etwa mit Publikum zu interagieren oder aktiv an einer Debatte teilzunehmen und auf Argumente einzugehen, der verliert! Das Brainskript des Vorabends ist weniger wichtig als die Live-Touch-Points mit dem Publikum oder in der Runde.

Die Stimme unter Kontrolle

Lampenfieber ist häufig der Grund, dass nicht nur die Nerven, sondern auch die Stimme flattert. Aus einer Stimme lässt sich viel heraushören. So haben selbstbewusste Menschen selten Piepsstimmen. Töner hingegen sind nicht immer reflektiert, sie brauchen Aufmerksamkeit. Schnelltexter wollen nicht unterbrochen werden und können schlecht mit Pausen umgehen. Näsler raunzen und bewerten häufig. Dialektsprecher sind oft Wohlfühlrhetoriker, die sich nicht exponieren wollen. Gerade bei denen schaffen Sie mit Lokalkolorit schneller Vertrauen als mit distanzierender Hochsprache.

4 Tipps, um die Stimme richtig einzusetzen

  1. Stimmanalyse. Unsere Stimme vermittelt viel Information – weit über das hinaus, was wir sagen. Wenn ein Expertem Arzt oder Phoniater - ein Spezialist für die Heilung des Stimmapparates - eine Stimmanalyse vornimmt, dann kann er daraus viel heraushören. Mittels moderner Software und Künstlicher Intelligenz können dabei feinste Nuancen erkannt und Stimmungen interpretiert werden. Ein Stimmprofil zeigt Experten auch, ob eine Person bereits ausreichend Führungsqualitäten hat oder ob diese erst erworben oder ausgebaut werden müssen. Grundsätzlich ist eine Stimmanalyse für jeden sinnvoll, der oft vor Publikum spricht. Besonders aber für Führungspersönlichkeiten, die im Smalltalk ebenso brillieren sollten wie in Business-Talk oder bei Präsentationen und Reden vor Publikum.

  2. “Machs Maul auf!” Das sagte Martin Luther. Und er hatte recht. Wird der Mund beim Sprechen nicht richtig geöffnet, werden Worte verschluckt und bleiben buchstäblich im Hals stecken. Die Gaumenspannung und damit die klare Aussprache entscheiden über gute Artikulation.

  3. Verbale Charismatiker reden nicht auf einem Ton. Unter dem "Melos" des gesprochenen Worts versteht man die Intonation. Und der Ton macht bekanntermaßen die Musik, auch beim Sprechen. Der “melische Akzent” ist somit das Gegenserum gegen den Giftfaktor Monotonie. Eine angenehme Modulation der Stimme ist das beste Mittel um Menschen zum Zuhören zu bringen. Eine Stimme bekommt dadurch mehr Dynamik und Ausdruck. Richtig zu betonen, Klangbögen und Atmosphäre schaffen zu können sind Fertigkeiten, die besonders gefragt sind, wenn es darum geht, gehört zu werden.

  4. Von Alfred Hitchcock lernen. Alfred Hitchcock war Meister der richtig gesetzten Pause. Spannung und Entspannung liegen dicht beieinander und werden durch Tempowechsel erreicht. Zäsuren sind wichtig für den Redner und sein Publikum. Pausenmanagement umfasst: Nachsatz-, Atem- & Sinnpausen und ist nicht mit Kunstpausen zu verwechseln.

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