Wohn-Immobilienmarkt 2021: Die Trends des Jahres
Die Pandemie hat die Digitalisierung der Immobilienbranche erheblich vorangetrieben und die Nachfrage der Kunden verändert. Judith Kössner, Leiterin des Immobilien-Bereichs bei der Plattform willhaben.at, nennt die wichtigsten Trends des Immobilienjahres 2021.
Die Digitalisierung von Abläufen in der Immobilienbranche hat in der Corona-Krise erheblich Fahrt aufgenommen.
Das Corona-Jahr 2020 hat gezeigt: Der Wohn-Immobilienmarkt ist verhältnismäßig krisenfest. Dennoch gibt es Auswirkungen auf den Markt und dessen weitere Entwicklung. Judith Kössner, Leiterin des Immobilien-Bereichs bei der Plattform willhaben.at, nennt die wichtigsten Trends des Immobilienjahres 2021.
Akzeptanz virtueller Präsentationen wächst - Qualität zählt
Wenn Besichtigungen, Vermietungen und Käufe nicht wie gewohnt möglich sind, müssen neue Konzepte her. Aufgrund der Reduktion von persönlichen Kontakten im vergangenen Jahr verlagerten sich diese Prozesse vielfach in die virtuelle Welt – und dort werden sie in Zukunft wohl bleiben. Video-Beratungsgespräche, virtuelle Besichtigungen, Live-Videos, Virtual-Reality und digitale Vertragsabwicklungen wurden (gezwungenermaßen) intensiv weiterentwickelt. Das sorgt auch für mehr Komfort, da man schon von zu Hause aus einen umfassenden Eindruck vom Wunschobjekt erhält. Dabei kommt es allerdings sehr auf die Qualität an. Professionelles Material, das die Immobilie realitätsgetreu einfängt und idealerweise Modifizierungen (z. B. Einrichtungsstil, Tageszeit) zulässt, ist für die Etablierung notwendig. Kössner:„In Zeiten von ‚Social Distancing‘ waren diese digitalen Konzepte zwingend notwendig. Dadurch wurde jedoch auch die dazugehörige Akzeptanz am Markt deutlich beschleunigt."
PropTech wird zur Notwendigkeit
Während viele Unternehmen bis zum Ausbruch der Pandemie PropTech nur ansatzweise implementiert hatten, ist ihnen die Notwendigkeit Prozesse und Abläufe zu digitalisieren, nun deutlich bewusst. Ausgelöst durch die umfassenden Beschränkungen zum Schutz der Bevölkerung mussten schnelle Lösungen für grundlegende Arbeitsprozesse gefunden werden. Das bedeutet jedoch auch, dass nicht mehr in jede x-beliebige Technologie investiert wird. Viel eher werden gezielt Investments in Entwicklungen getätigt, die auch wirklich erforderlich sind. Seien es Prozesse, die Geschäfte am Laufen halten und effektiver gestalten, die Vertriebsarbeit unterstützen oder (Bau-)Kosten regulieren. Nicht nur schnelle digitale Lösungen sind gefragt, sondern es geht auch darum die Kunst der Vernetzung und des Zusammenarbeitens zu beherrschen.
Freiflächen gewinnen an Bedeutung: Mieten mit Freiflächen teils deutlich höher
Die Gesundheitskrise verändert auch die Wohnansprüche. Ein Beispiel dafür sind der gestiegene Wunsch nach Freiflächen. Zwar sind Balkone, Gärten und Terrassen bei Immobiliensuchenden immer sehr beliebt, in Zukunft wird sich das aber nochmal steigern. „Wir haben während des Lockdowns 2020 einen Run auf Freiflächen festgestellt. So haben sich die Immobiliensuchen mit dem Stichwort ‚Garten‘ nahezu verdoppelt“, berichtet Kössner. Gerade wenn der Rückzug in die eigenen vier Wände zwingend notwendig ist, wird der Bewegungsraum an der frischen Luft zum Luxus. Der durchschnittliche Preis von Mietwohnungen mit Freifläche liegt demnach je nach Bundesland zwischen 2,5 Prozent (Oberösterreich) und 13 Prozent (Wien) über dem Mittelwert von Objekten ohne Freifläche“, so Kössner.
Bedarf an wandlungsfähigen Wohnräumen steigt
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Flexibilität. Seit vergangenem Jahr müssen nicht nur Abo- und Bezahlmodelle sowie der Arbeitsplatz flexibler gedacht werden, sondern auch die Wohnsituation. Durch den vermehrten Aufenthalt in den eigenen vier Wänden (Stichwort: Homeoffice) werden abgetrennte Bereiche, in denen für längere Zeit ungestört gearbeitet oder gelernt werden kann, wichtig. Gleichzeitig braucht es klar definierte Erholungsräume.
Ländliche Regionen vor Aufwertung, Preishotspots vor Dämpfer
Durch die Flexibilisierung der Arbeit und die intensive Suche nach Grünflächen, rücken neue Regionen in den Fokus der Immobiliensuchenden. Neben dem gut angebundenen Speckgürtel großer Städte werden tendenziell ländlichere Lagen mit passender Infrastruktur attraktiv. Auch die arbeitsbedingten Wohnortwechsel werden zurückgehen, wenn sich Jobs von überall aus erledigen lassen. Das wird in den kommenden Jahren zu neuartigen Entwicklungen am Kauf- und Mietmarkt führen. Kössner: „Möglich ist, dass bisher wenig attraktive rurale Gegenden eine Aufwertung erfahren, ehemalige Wohnhotspots hingegen die jahrelangen Preissteigerungen gebremst werden.“
Zuversicht stärken: Frequentierte Räumlichkeiten sicher gestalten
Die Bedeutung von gesundheitlicher Sicherheit ist durch die Krise gewachsen. Das bringt neue Herausforderungen für die Gestaltung und Planung von Räumlichkeiten. Vor allem in öffentlichen Gebäuden, der Gastronomie, Gewerbeflächen und Büros müssen Sicherheitskonzepte überarbeitet werden, damit der Aufenthalt wieder wie üblich möglich wird. Dafür braucht es Hygienemaßnahmen, neuartige Raumaufteilungen sowie moderne Belüftungsmöglichkeiten. Die wesentlich größere Herausforderung ist jedoch, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Verweilen in Innenräumen – vor allem dort, wo viele Menschen zusammenkommen – kein Gesundheitsrisiko darstellt.
Hohe Nachfrage nach Wohnimmos, Banken immer zurückhaltender
Die Nachfrage nach Wohnungen und Einfamilienhäusern war trotz Krise 2020 hoch. Vor allem der Wunsch nach Eigentum ist deutlich gestiegen. Allerdings haben auch die Immobilienpreise weiter zugelegt. Im Zuge dessen bleibt vor allem die Erschwinglichkeit von Immobilien eine konstante Herausforderung. Während Unsicherheiten am Arbeitsmarkt weiter bestehen, werden Banken immer zurückhaltender, die benötigten Finanzierungen zu stellen. „Hier bleibt abzuwarten, welche langfristigen Auswirkungen die Gesundheitskrise im Hinblick auf Arbeitsplatzsicherheit und Zinsentwicklung mit sich bringen wird“, so Kössner.