
Raiffeisen Österreich kommt das Desaster bei der deutschen Agrarbeteiligung BayWa teuer zu stehen. Die Suche nach Schuldigen beginnt.
©Raiffeisen-Holding NÖ-WienDie teure Beinahepleite des bayerischen Agrargroßhändlers sorgt nun für Unruhe im Agrar-Sektor in Österreich. Raiffeisen ist immerhin zweitgrößter Mitaktionär - und muss die Vergangenheit aufarbeiten.
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Die BayWa rutschte nach einer allzu ehrgeizigen globalen Expansion, Zinsanstieg und Schwierigkeiten im Erneuerbare-Energie-Geschäft mit 1,6 Milliarden Euro tief ins Minus, zeigen jüngst verspätet veröffentlichte Zahlen zum Jahr 2024. Und während Deutschland über den Ex-BayWa-Chef Klaus Josef Lutz diskutiert, rückt hierzulande plötzlich Reinhard Wolf ins Scheinwerferlicht, der Ex-Chef der Lagerhausgesellschaft RWA. Als Österreichs Vertreter im Rahmen einer langjährigen Überkreuzbeteiligung zwischen BayWa und RWA-Eigentümer Raiffeisen war er nämlich seit 2013 auch Mitglied des BayWa-Vorstands.
Im Umfeld Raiffeisens ist nun informell zu vernehmen, dass man sich nicht nur über Lutz wundere. Auch Wolf, so heißt es anders als in bisherigen Erzählungen, sei an der Entwicklung nicht ganz unbeteiligt. Seiner Bereitschaft, auch nach der Pensionierung im Juli in Beraterfunktion bei der BayWa tätig zu sein, wird eine Absage erteilt. Man erwarte sich einen klaren Schlussstrich unter diese Ära. Wolf, in der BayWa früher für Österreich zuständig, wollte dazu keine Stellungnahme abgeben. Sein Umfeld beschreibt seine darüber hinausgehende Rolle im BayWa-Vorstand als formale Position mit wenig Gestaltungsspielraum neben der sonst deutschen Kollegenschaft.


Reinhard Wolf, Ex-RWA. Bisher war seine Rolle in Sachen BayWA kein Thema. Nun kommen Raiffeisen doch Zweifel.
© Enno KapitzaIn einem internen Schreiben an den aktuellen BayWa-Aufsichtsratsvorsitzenden Gregor Scheller fordert das offizielle österreichische Raiffeisen-Beteiligungsvehikel RAI nun jedenfalls eine rasche Reaktion auf ein angebliches Versagen der seinerzeitigen BayWa-Aufsichtsgremien, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Auszüge davon liegen dem trend vor: Es sei „eine gezielte Neubesetzung des Aufsichtsrats erforderlich“, heißt es unter anderem, womit das dort verankerte alte Netzwerk rund um Ex-Chef Lutz gemeint ist. Mit RLB-NÖ-Wien-Chef Michael Höllerer und RWA-Aufsichtsratschef Michael Göschelbauer sind dort seit 2023 bereits zwei Österreicher vertreten.
Angesichts des Desasters fühlen sich bisherige Kritiker der alten RWA/BayWa-Strategie von der Raiffeisenspitze an abwärts bestätigt. Denn die Aufarbeitung ist teuer, berichtete trend bereits: Zuerst unterstützte die RWA die BayWa mit mehrstelligen Millionenkrediten und Getreidekäufen. Dann kaufte Raiffeisen den Bayern ihre RWA-Hälfte um 175 Millionen Euro ab. Letztlich musste man umgekehrt den Raiffeisenanteil an der BayWa auf 37,9 Prozent aufstocken, was sich in den Bilanzen in Österreich bereits niederschlägt. RAI-Mutter Leipnik-Lundenburger Invest beziffert die Belastung vorläufig – fürs Geschäftsjahr 2023/24 – mit 72,7 Millionen Euro (siehe auch Interview mit LLI-Chef Josef Pröll). Ob die neueste Bewertung des Crashes da schon endgültig inkludiert ist, scheint fraglich.
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 8. August 2025 erschienen.