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Alles Ampel oder was? [Politik Backstage]

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Links der Mitte, rechts der Mitte: Mit der Entscheidung um den neuen SPÖ-Bundesparteivorsitz werden auch die Karten im Koalitionspoker neu gemischt.©APA/Roland Schlager
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Am SPÖ-Parteitag werden auch die Karten für den Koalitions-Pokertisch neu gemischt. Wer bei einem SPÖ-Chef Andreas Babler trauern würde, warum ÖVP und FPÖ aber frohlocken würden. Warum sich Grüne einen Sieg von Hans Peter Doskozil wünschen, Pinke aber nicht an eine Ampelkoalition unter seiner Führung glauben.

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Es ist die meistgestellte Frage der letzten Wochen in der Politik- und Medienszene: "Wer geht diesen Samstag aus dem finalen Stechen um den SPÖ-Vorsitz als Sieger hervor?"

Je näher die Gesprächspartner den aktuellen Machthabern in der Regierung sind, desto häufiger wird auf Hans Peter Doskozil getippt. Je weiter weg von den aktuell tonangebenden Polit-Zirkeln, desto öfter fällt der Name Andreas Babler. Er zehrt trotz zuletzt scharfen Gegenwinds allerorten noch vom Image, der erfolgreiche Außenseiter-Kandidat von unten zu sein.

Grünes Wunschdenken: Nur Doskozil kann Ampel-Mehrheit sichern

Da und dort ist auch offen deklariertes Wunschdenken dabei. “Ich hoffe es wird der Doskozil. Nur er kann FPÖ-Wähler zurückholen. Nur dann gibt es auch die Chance auf eine Ampel-Koalition” ist aus dem Realo-Flügel der Grünen zu hören.

Diese Erwartung wird auch von einigen jüngsten Was-wäre-wenn-Umfragen gedeckt: Eine Babler-SPÖ könnte zwar dank mehr Leihstimmen von links ein besseres Ergebnis für die SPÖ erzielen als ein Parteichef Doskozil. Dieser könnte aber mehr Wähler aus dem türkis-blauen Lager holen und das rote Stimmenpotential nicht voll ausschöpfen. Im Gegenzug würde Doskozil so bei Grün und Pink ausreichend Stimmen für eine gemeinsame Ampel-Mehrheit belassen.

Eine von Babler angeführte SPÖ drohe aber einmal mehr daran zu scheitern, eine tragfähige Mehrheit links der Mitte zu schaffen – so die auch durch Umfragen gestützten politische Planspiele.

Dass derzeit allein Doskozil den Weg für eine Ampelmehrheit frei machen könnte, glauben auch viele bei den Neos. Dass Doskozil diese rechnerische Chance auch politisch nützen würde, wird bei den Pinken aber massiv bezweifelt: “Ich nehme Doskozil keine Sekunde ab, dass er einer Ampelkoalition vor allen anderen Varianten den Vorzug gibt”, räsonierten Spitzen-Pinke in den vergangenen Wochen im kleinen Kreis.

Dafür kursieren in innenpolitischen Zirkeln offenbar zu viele Geschichten über seine politische Wendigkeit. Der SPÖ-Landeshauptmann und seine Umgebung legen etwa großen Wert darauf, alle öffentlichen Darstellungen umgehend zu korrigieren, Doskozil habe ja schon einmal eine Koalition Rot-Blau abgeschlossen. Bei näherem Hinsehen hat dieses Dementi aber einen doppelten Boden.

Doskos rot-blaue Kindesweglegung

Den SPÖ-FPÖ Koalitionspakt im Burgenland hatte 2015 der damalige SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl abgeschlossen und unterschrieben. Doskozil ist tatsächlich erst nach Platzen von Rot-Schwarz Ende 2017 vom Sessel des Verteidigungsministers auf den des Landesrats für Finanzen, Kultur und Straßenbau ins damals rot-blau regierte Burgenland übersiedelt.

Den Weg dafür hatte freilich bei diskreten Vier-Augen-Treffs mit seinem ehemaligen Polizisten-Kollegen, FPÖ-Chef Hans Tschürtz, Hans Peter Doskozil im Auftrag Niessls geebnet.

ÖVP-Wirtschaftskreise rechnen mit Rot-Blau

In der ÖVP sind sich vor allem Spitzenrepräsentanten der Wirtschaft sicher: Im – vom Gros der ÖVP erwarteten – Fall, dass der Burgenländer SPÖ-Chef wird, würde er sich stark genug fühlen, bald mit dem Tabu Rot-Blau im Bund zu brechen. Spitzen-ÖVPler glauben: Mit der in der SPÖ gern gehörten Parole, die ÖVP gehöre endlich auf die Oppositionsbank, könnte Doskozil dieses Husarenstück auch tatsächlich gelingen.

Rot-Schwarz nur zweite Wahl

“Wenn er sich davon einen persönlichen und politischen Vorteil verspricht, hat Dosko aber auch keine Skrupel mit uns gemeinsame Sache zu machen”, sagt ein Doskozil-Kenner bei den Schwarz-Türkisen.

In politischen Zirkeln macht im Vorfeld der SPÖ-Mitglieder-Befragung eine Geschichte die Runde, die aus Sicht der Absender zweierlei belegt: Hans Peter Doskozil verfolgt seit zumindest fünf Jahren den Plan, die SPÖ-Spitze zu übernehmen. Und er ist bei der Wahl seiner Partner und Mittel nicht wählerisch.

Burgenländische Geheimmission bei Kurz

Im März 2018 begann der damalige burgenländische SPÖ-Landesrat Hans Peter Doskozil so, sehr offensiv seine Fühler Richtung Bundes-ÖVP auszustrecken. Er erkundigte sich bei schwarz-türkisen Vertrauten, ob es Sinn mache, Sebastian Kurz das Angebot eines fliegenden Wechsels von Türkis-Blau zu Türkis-Rot zu machen. Motto: Das sei nicht nur fürs Land, sondern auch für die staatstragende Partei ÖVP besser.

Doskozil sah sich damals nicht nur als logischer Nachfolger des glücklosen Christian Kern. Er wollte bei Übernahme der Partei auch die Aussicht auf eine Rückkehr an die Macht als Morgengabe mitbringen.

Die burgenländische Geheimmission „Kurz-Dosko statt Kurz-Strache“ verlief aus mehreren Gründen im Sand. Doskozil unterschätzte zudem, dass Kurz nicht nur wegen der gegenseitigen Aversion mit Kern die SPÖ links liegen ließ. Die Blauen waren trotz erster politischer Kalamitäten für Kurz der pflegeleichtere Partner. Gegenüber Rot war und blieb der türkise Jungstar allergisch.

Gewinner und Verlierer im Fall SPÖ-Chef Babler

Andreas Babler hat den Vorteil, dass er bislang bundespolitisch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist. Dementsprechend allgemein fallen die Bewertungen in den anderen Parteien für den Fall aus, dass der Traiskirchner Bürgermeister ihnen künftig als SPÖ-Chef gegenübersitzt.

  • Bei Doskozil sehen sich Grün und Neos als Gewinner, FPÖ und ÖVP als Verlierer – zumal dann gleich drei Mittelparteien rechts der Mitte um Stimmen kämpfen.

  • Im Fall der Kür von Andreas Babler zum Rendi-Wagner-Nachfolger ist es aus Sicht der politischen Konkurrenz genau umgekehrt. Grüne und Neos verlieren Marktchancen, für ÖVP aber auch FPÖ wird das politische Spielfeld Richtung Mitte breiter.

In den vergangenen Tagen hatten die beiden roten Chef-Kandidaten aber keinen Sinn für strategische Planspiele mehr, sondern nur noch für die Mobilisierung in den eigenen Reihen.

Bablers verpatzte Schluss-Offensive: "Mein Vorbild ist Johanna Dohnal"

Babler wollte im Parteitags-Wahlkampf-Finale vor allem bei den SPÖ-Frauen punkten. Wegen deren Abneigung gegen “Pam-Peiniger” Doskozil rechnet er sich hier die größten Chancen für die fehlenden Stimmen auf eine Mehrheit am Parteitag aus.

Babler pries so einmal mehr Bruno Kreisky in höchsten Tönen. Er ließ aber mit großer Geste wissen, es gäbe aber eine Person, die für ihn das größte Vorbild in der SPÖ sei: Die Ikone der SPÖ-Frauenbewegung und erste Frauenministerin, Johanna Dohnal.

Die geplante Schluss-Offensive um die roten Frauen-Stimmen ging freilich in der Aufregung um Bablers unsägliche Sager in einem Video-Talk aus dem Jahr 2020 über die EU unter.

Babler-Kenner: "EU-Aussage kein Einzelfall"

SPÖ-Insider sagen, sollte Babler als Parteichef obsiegen, werde die politische Vita des SPÖ-Linken noch für mehr Gegenfeuer sorgen. “Babler ist ein Highlander, also einer der glaubt, es kann nur einen geben. Darum neigt er zu Übertreibungen”, sagt ein Babler-Kenner: “Da werden dann auch Aussagen in der Tonart wie bei der EU über Israel und die Palästinenser ausgegraben werden.”

Wer auch immer diesen Samstagnachmittag aus dem roten Hauen und Stechen als Sieger vom Platz geht: Nach dem "arschknappen Ergebnis" (© Rendi-Wagner) der Mitglieder-Befragung in der SPÖ tippen die meisten zwar auf eine weniger knappe Entscheidung. Mit einem triumphalen Wahlresultat, das alle Debatten verstummen lässt, wird in der SPÖ aber bei keinem der beiden Kandidaten gerechnet. Für Unruhe könnte so wohl auch für die Wochen nach dem Parteitag nolens volens gesorgt sein.

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