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OMV: Der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern im Porträt

Aktualisiert
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13 min
Der Öl- und Gaskonzern OMV, Österreichs größtres Unternehmen, positioniert sich angesichts des Klimawandels und der Problematik um fossile Brennstoffe neu.
Der Öl- und Gaskonzern OMV, Österreichs größtres Unternehmen, positioniert sich angesichts des Klimawandels und der Problematik um fossile Brennstoffe neu.©Elke Mayr
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Die OMV ist nach dem Ranking "trend Top500 - Die größten Unternehmen Österreichs" die Nummer 1 des Landes. Der neue CEO Alfred Stern will dies bleiben. Die Tochter Borealis ist der Hoffnungsträger.

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Facts: OMV AG

  • Gründung: 1956
  • Konzernzentrale: Trabrennstraße 6-8, 1020 Wien,
  • Mitarbeiter: 22.308 – davon 7649 bei Borealis
  • Branche: Erdöl-, Erdgas- und Chemieindustrie
  • Umsatz 2022: 62,298 Mrd. €; (35,6 Mrd. € - 2021)
  • Gewinn [EBIT] 2022: 12,246 Mrd. €; (5 Mrd. € - 2021)
  • Aktionärsstruktur:31,5 % ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG); 24,9 % MPPH (Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company L.L.C, Abu Dhabi/VAE); 0,5 % Eigene Aktien; 43,1% Streubesitz
  • Beteiligungen: Borealis 75 Prozent; OMV Petrom 51 Prozent
  • Management: Alfred Stern (CEO), Johann Pleininger (Stellvertretender CEO; Executive Officer Exploration & Production), Reinhard Florey (CFO); Elena Skvortsova; Vorstandsmitglied (Executive Officer Marketing & Trading); Martijn Arjen van Koten, Vorstandsmitglied (Executive Officer Refining)
  • Aufsichtsrat:Mark Garrett (Vorsitz), Chrisitine Castata (1. ARVorsStv), Saeed Al Mazrouei (2. ARVorsStv) plus 12 weitere Aufsichtsratsmitglieder
  • Börsegang: 3. Dezember 1987
  • ISIN: AT0000743059
  • Website: www.omv.at
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k.A © OMV

OMV - Die Geschichte des österreichischen Mineralöl- und Gaskonzerns

Die „Österreichische Mineralölverwaltung Aktiengesellschaft“ entstand aus Folge der Verhandlungen des Österreichischen Staatsvertrages. Die OMV war aus der „Sowjetischen Mineralölverwaltung“ (SMV) hervorgegangen, die bis 1955 von der Sowjetischen Besatzungsmacht kontrolliert wurde. Im Jahr 1956 hat die Republik Österreich die Förderung von Erdöl und Erdgas sowie die Verarbeitung und Vermarktung übernommen. Unter dem Dach der ÖMV wurde fortan die Förder- und Vertriebsaktiviäten in einem Unternehmen zusammenfasst.

  • 1960 wurde die Raffinerie in Schwechat nahe dem Flughafen Wien-Schwechat in Betrieb genommen. Damit hatte sich die OMV als Erdöl-, Erdgas- und Chemiekonzern aufgestellt. Das Unternehmen begann sowohl die Exploration und Förderung (Upstream), als auch durch das Raffinieren von Rohöl zu petrochemischen Produkten, dem Vertrieb und der Vermarktung. Die Vermarktung von Produkten für den Endkunden wurden über ein eigenes Tankstellennetz (Downstream) abgewickelt.
  • 1968 wurde der bis heute geltende Erdgasliefervertrag mit der damaligen UdSSR abgeschlossen. 1985 erfolgte der Startschuss für die internationale Produktion mit eigenen operativen Unternehmen und Förderungen in Libyen. Davor erfolgten Beteiligungen im Iran, in Tunesien, Irland, Ägypten, Norwegen, Gabun, Kanada, die jedoch keine wirtschaftlich entwickelbare Förderung einbrachten.
  • 1987Erster Privatisierungsschritt: 15 Prozent des OMV-Grundkapitals wurden zum Kauf angeboten. Zwei Jahre später wurden weitere zehn Prozent der OMV-Aktien privatisiert.
  • 1994 übernimmt die International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate/VAE) 19,6 Prozent der OMV-Aktien. Aus der Schreibweise ÖMV wird nun OMV, weil Umlaut in den meisten Sprachen nicht bekannt sind.
  • 2000 Expansion nach Ungarn mit Übernahme von 10 Prozent am ungarischen Mineralölkonzern MOL.
  • 2003 Übernahme der deutschen Preussag Energie, Erweiterung des Tankstellennetzes.
  • 2004Übernahme von 51 Prozent des Öl- und Gaskonzerns Petrom in Rumänien. Das Grundkapital der OMV wird erhöht. Erstmals sind nun auch über 50 Prozent der Aktien im Streubesitz.
  • 2006 Das Tankstellennetz wird weiter forciert mit dem Einstieg beim türkischen Erdölkonzern Petrol Ofisi und der Übernahme von 34 Prozent der Aktien.
  • 2007 Der Anteil an der MOL wird auf 20,2 Prozent verdoppelt.
  • 2008 Die Komplettübernahme von MOL wird abgewehrt. Die EU-Kommission hatte zudem die Auflagen für eine Übernahme verschärft.
  • 2009 zieht die OMV die Konsequenzen und zieht sich komplett von der ungarischen MOL zurück.
  • 2010 folgt der nächste Schritt der Expansion in der Türkei mit der Übernahme der Dogan-Anteile bei Petro Ofisi. OMV erhöht seinen Anteil von 34 auf 95,75 Prozent. 2015 folgte Komplettübernahme von Petrol Ofisi.

Jahr

Umsatz (in Mio. €)

+/- ggü. Vorjahr in %

2015

22.527,00

-37,27

2016

19.260,00

-14,50

2017

20.222,00

6,16

2018

22.930

13,39

2019

23.461,00

2,32

2020

16.550,00

-29,46

2021

35.555,00

114,83

2022

62.298,00

75,22

Umsatzentwicklung OMV AG 2015 - 2022
  • 2012 verzeichnet OMV ihren bedeutendsten Gasfund an Rumäniens Schwarzmeerküste (Neptun-1).
  • 2013 zieht es die OMV in die Nordsee mit einer Beteiligung an den Öl- und Gasfeldern der norwegischen Statoil in Norwegen und Großbritannien im Westen der Shetlandinseln. Wert der Beteiligung: 2,65 Mrd. Dollar.
  • 2014 Verkauf der 45-Prozent-Beteiligung an der deutschen Raffinerie Bayernoil an Varo Energy.
  • 2017 wird zusammen mit ENGIE, Shell, Uniper und Wintershall die Unterzeichnung des Finanzierungsvertrags der North-Stream 2 AG vereinbart. Das Ziel: Der Bau einer Gaspipeline in der Ostsee von Russland nach Deutschland. Ausstieg bei Petrol Ofisi rund zwei Jahre nach Komplettübernahme und Verkauf an Vitol Gruppe.
  • 2019 Einstieg in Malaysia: Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit Sapura Energy Berhad; Beteiligung mit 15 Prozent an ADNOC Refining in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)
  • 11. März 2020: Größter Deal der OMV-Unternehmensgeschichte mit Aufstockung der Beteiligung an Borealis: zu den bislang 36 Prozent der Anteile erwirbt OMV weitere 39 Prozent und erhöhte damit den Anteil auf 75 Prozent. Der Wert des zugekauften Borealis-Paket wird auf 4,5 Milliarden Euro kolportiert. Borealis hat 2020 rund 6900 Mitarbeiter in über 120 Ländern und kommt auf einen Umsatz von 6,8 Mrd. Euro. Unterm Strich bleiben 589 Mio Euro Gewinn. Damit erfolgt eine Erweiterung der Wertschöpfungskette in Richtung Petrochemie. Das Unternehmen Mubadala aus Abu Dhabi hält nunmehr 25 Prozent der Borealis-Anteile (nach insgesamt 64 Prozent vor dem Deal).
  • 2020: ADNOC aus VAE übernimmt im April den 25-Prozent-Anteil von Mubadala. Im Dezember nimmt OMV gemeinsam mit dem österreichischen Stromversorger Verbund in Schönkirchen (Niederösterreich) die größte Photovoltaikanlage Österreichs in Betrieb. Die OMV verkauft ihr Tankstellennetz in Deutschland mit 285 Tankstellen an die britische EG Group.
  • 2021 Borealis-CEO Alfred Stern wird in der OMV zum 1. April 2014 CEO des neu geschaffenen Bereichs Chemicals & Materials. OMV und MOL Group einigen sich über den Kauf von OMV Slowenien durch MOL Group. Mit 1. September folgt Stern Rainer Seele als Vorstandsvorsitzender der OMV nach. Seele, zuletzt umstritten, bekam keine Verlängerung seines Vertrags.
  • März 2022: OMV-CEO Stern präsentiert die neue OMV-Strategie: Raus aus Öl und Gas. Die OMV will in Rumänien ab dem Jahr 2027 das erste Gas fördern. In das Projekt "Neptun Deep" sollen bis zu 2 Mrd. Euro investiert werden. Die OMV kündigt an, in Russland keine Investitionen mehr zu verfolgen.

Die Geschäftsbereiche der OMV

Die Aktivitäten der OMV verteilen sich auf drei Geschäftsbereiche.

Refining & Marketing

Dazu zählt die Produktion und Vermarktung von Kraftstoffen sowie Rohstoffen für die chemische Industrie. Dazu kommen die drei OMV-Raffinerien in Europa, eine 15-Prozent-Beteiligung an einer Raffinerie in den VAE sowie die rund 1800 Tankstellen in zehn europäischen Ländern sowie die Aktivitäten von Gas & Power Osteuropa mit dem Gaskraftwerk in Rumänien. Dieser Bereich hat im Jahr 2021 rund 65 Prozent am Gesamtumsatz von 35,5 Mrd. € beigetragen (2020: 76 %).

Exploration & Produktion

Die zweite Säule erbringt mit Erlösen von rund 1,88 Mrd. € rund fünf Prozent des OMV-Umsatzes (2020: 9 %). Die OMV exploriert und produziert Öl & Gas in den vier Kernregionen Mittel- & Osteuropa, Mittlerer Osten & Afrika, Nordsee sowie Asien-Pazifik. Die durchschnittliche Tagesproduktion lag 2021, inklusive eines Joint Ventures in Russland, bei 486.000 boe/d mit einem Schwerpunkt auf der Produktion von Erdgas (~60 %). Mit 1. März 2022 wurden die russischen Unternehmen nicht mehr konsolidiert. Zu den Aktivitäten gehört Gas Marketing Westeuropa, die Gasspeicher in Österreich & Deutschland betreiben.

Chemicals & Materials

Die dritte Säule ist der am stärksten wachsende Bereich und trägt bereits 30 Prozent zum Konzernnumsatz bei (2020: 14 %). Die Zahlen von Borealis wurden heuer erstmals in der OMV-Bilanz 2021 vollkonsolidiert. Die Tochtergesellschaft gilt als der Hoffnungsträger für das Zukunftsgeschäft der OMV.

Mit der Aufstockung der Anteile an der Tochtergesellschaft Borealis wurde die OMV zu den weltweit führenden Anbietern fortschrittlicher und kreislauforientierter Polyolefinlösungen. Im Bereich Basischemikalien, Pflanzennährstoffen und Kunststoffrecycling zählte die OMV-Tochter Borealis bereits zu den Top-Playern in Europa. Gemeinsam mit den zwei wichtigen Joint Ventures – Borouge (mit ADNOC, in den VAE und Singapur) und Baystar (mit TotalEnergies, in den USA) – liefert Borealis Produkte und Dienstleistungen für Kunden auf der ganzen Welt.

Die Übernahme der Mehrheitsanteile bei Borealis im März 2020 von 34 auf über 75 Prozent war eine der ersten Weichenstellungen um die dritte Säule des Geschäftsmodells Chemicals & Materials zu stärken. Rund 4,5 Milliarden Euro soll OMV für die Anteile an den Miteigentümer Mubadala aus Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) bezahlt haben.

Jahr

Mitarbeiter

+/- ggü. Vorjahr in %

2015

24.124

-5,4

2016

23.171

-6,63

2017

21.416

-7,57

2018

20.272

-5,34

2019

20.127

-0,72

2020

21.074

4,71

2021

23.544

11,72

2022

22.308

-0,56

Mitarbeiterentwicklung OMV AG 2015 - 2022

Die Neuerfindung der OMV ab 2022

"Die OMV der Zukunft wird eine andere sein", heißt es in einem Video der OMV. 66 Jahre nach ihrer Gründung steht das Unternehmen vor dem größten Einschnitt in der Unternehmensgeschichte. Das Unternehmen muss sich angesichts der Klimawende und der damit verbundenen Zielsetzung neu erfinden. Oder einfacher gesagt: "Raus aus Öl und Gas, rein in die Chemie."

Zeit hat die OMV bis zum Jahr 2050. Die selbst auferlegte Strategie hat die ersten Ziele bis zum Jahr 2030 abgesteckt. Die "OMV Strategie 2030: vom linearen zum zirkulären Geschäftsmodell" soll aufzeigen, wo die Reise hingeht. Der Energiesektor liegt im Zentrum dieser Herausforderung. 13 Milliarden Euro wird die OMV in die Zukunft investieren, um dem Konzern eine neue Richtung ohne Kohlenwasserstoffe zu geben.

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CEO Alfred Stern muss den OMV-Konzern bis 2050 klimafit machen. Mit der Hilfe der von ihm zuvor geführten OMV-Tochter Borealis sollen die Umsatzrückgänge aus dem "OMV-Altgeschäft" mit Öl und Gas mehr als nur kompensiert werden. Milliarden werden in den Umbau fließen. Bis 2050 muss der Umbau sitzen. Erstes Etappenziel ist bereits 2030. © APA / GEORG HOCHMUTH

Die Produktion von Öl und Gas wird nach Angaben des Neo-Vorstands Alfred Stern schrittweise zurückgefahren. Spätestens 2050 will die OMV klimaneutral sein. "Das ist ein großer Schritt – oder eigentlich sind es viele Schritte – und das bringt Veränderung mit sich", erklärt OMV-CEO Alfred Stern.

Das heißt aber nicht, dass die OMV die Produktion von Treibstoff komplett einstellt. Der Konzern will verstärkt auf die Produktion und den Verkauf nachhaltiger Kraftstoffe, Chemikalien und Materialien setzen. Unter „nachhaltig“ versteht OMV-Chef Stern Bio-Kraftstoffe, erneuerbare und recycelte Kunststoffe und vor allem Kreislaufwirtschaft. So soll etwa Plastik wiederverwertet werden und in die Produktkreislauf zurückgebracht werden.

Die Weiterentwicklung des bisherigen Geschäftsmodell ist die stärkere Hinwendung zu Chemie und Kunsttof samt Recycling. Und damit bekommt die Tochter Borealis und der im März 2020 erfolgte Zukauf weiterer Unternehmensanteile im Konzern eine strategisch wichtige Bedeutung.

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k.A © OMV

Aus dem traditionellen Öl- und Gasunternehmen OMV wird künftig ein globaler Gas-, Öl- und Chemie-Konzern, dessen deutlich verlängerte Wertschöpfungskette vom Bohrloch über die Raffinerie bis zum hochwertigen Kunststoffprodukt reichen soll und auch die Kreislaufwirtschaft umfasst.

Im Zuge der neuen Strategie 2030 will die OMV das Geschäftsmodell in nachhaltiges Energie- und Chemieportfolio weiterentwickeln und aufbauen, das auch Recycling umfasst. Die neue OMV-Leitung gibt sich dabei selbst eine ehrgeizige Vorgabe: "Als weltweit tätiger Energie- und Chemiekonzern wollen wir bis 2030 zu einem führenden Anbieter nachhaltiger Kraftstoffe, Chemikalien und Werkstoffe mit Fokus auf Lösungen für die Kreislaufwirtschaft werden – eng verbunden mit unserem Anspruch, bis spätestens 2050 klimaneutral zu sein."

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