Stern-Stunde bei der OMV: Alfred Stern übernimmt als CEO
Bei der OMV wartet auf den neuen Vorstandsvorsitzenden Alfred Stern eine Herkulesaufgabe in einem sehr profitablen, aber zerstrittenen Konzern.
Alfred Stern, neuer CEO der OMV
Am 2. Juni wurde Alfred Stern vom Aufsichtsrat einstimmig zum Nachfolger des scheidenden OMV-Chefs Rainer Seele gekürt, nun wird der Chefwechsel in Österreichs größtem Unternehmen offiziell vollzogen. Stern übernimmt mit 1. September. Sterns Vertrag läuft drei Jahre mit einer Verlängerungsoption für weitere zwei Jahre.
In den drei Monaten seit Stern als Vorstandschef der OMV designiert ist, absolvierte er bewusst keinen öffentlichen Auftritt. Was seiner Art entspricht, sich nicht zu inszenieren und in den Mittelpunkt drängen. Einen Tag nach der Übernahme des Chefsessels wird er am 2. September ein Hintergrundgespräch mit Medien absolvieren, um dann wieder eine Zeit lang unbehelligt an seiner neuen Strategie feilen zum können - die er nicht vor Anfang 2022 präsentieren wird.
Keine Revolutionen
Grundlegend Neues ist dabei nicht zu erwarten, da schon die Bestellung des studierten Kunststofftechnikers eine Bestätigung des von Vorgänger Rainer Seele eingeschlagenen Weges durch den Aufsichtsrat bedeutet: vom Öl zur Chemie. Neu wird allerdings der Stil des gebürtigen Steirers sein, der nach seinem Studium an der Montanuniversität Leoben lange Jahre für den Chemiekonzern Dupont arbeitete, zuerst in Genf, dann in den USA. Stern, 56, ist im Gegensatz zu Seele und dem davor tätigen OMV-Chef, Gerhard Roiss, ein Mann des Ausgleichs, der lieber Wogen glättet, als Wellen zu schlagen.
Chwierige Aufgaben
Einfach wird sein Job trotzdem nicht. Seit Seele durch die mehrheitliche Übernahme des Petrochemieunternehmens Borealis die Transformation eingeleitet hat, geht ein tiefer Riss durch die OMV-Belegschaft. Betriebsräte des Upstream-Bereichs (Ölund Gasförderung) befürchten einen Bedeutungsverlust. Auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Johann Pleininger arbeitete gegen die Neuausrichtung. Stern wird wahrscheinlich für ein besseres Klima sorgen als der Haudegen Seele. Er hat auch einen besseren Draht zu Aufsichtsratschef Mark Garrett, dem er 2018 als Borealis- General nachfolgte. Trotzdem steht der OMV eine Zerreißprobe bevor, weil es immer noch Kräfte gibt, die an der alten Welt festhalten wollen und - wenn schon - lieber Richtung Wind-und Sonnenenergie diversifizieren würden, als auf Chemie zu setzen.
Industrie im Wandel
Skepsis wird dem neuen CEO, der einen starken Fokus auf Kreislaufwirtschaft hat und "die Dekarbonisierung der OMV vorantreiben" will, auch bei den geplanten Großinvestitionen in das Kunststoff-Recycling entgegenschlagen. Denn Geld wird damit noch nicht so schnell zu verdienen sein. Er braucht aber Erfolge auf diesem Gebiet, weil sonst schwerer argumentierbar ist, warum die Plastikproduktion viel "grüner" sein soll als die Ölförderung. Erst recht werden weitere Schritte zu einem Chemie-Unternehmen, das etwa auch Produkte für die pharmazeutische Industrie liefert, intern schwer durchzusetzen sein.
Und gleichzeitig liegt die Latte seitens des Kapitalmarktes hoch: Das vergangene Halbjahr brachte -vor allem dank der hohen Polyolefin-Margen bei der Borealis -einen historischen Rekord mit einem Betriebsergebnis von 2,4 Milliarden Euro. Dieses Niveau zu halten, wird schon unabhängig von drohenden Kalamitäten eine Herausforderung. Stern wird sich die Ruhe, die er ausstrahlt, behalten müssen.