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Rundfunk und Kulturbetriebe kämpfen um ihre Frequenzen

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Die Vertreter der Rundfunk- und Kultur-Allianz: Michael Wagenhofer, ORS, Harald Kräuter, ORF, Corinna Drumm, VÖP, Othmar Stoss, OETHG, Daniel Serafin, Oper St. Margarethen (von links).

Die Vertreter der Rundfunk- und Kultur-Allianz: Michael Wagenhofer, ORS, Harald Kräuter, ORF, Corinna Drumm, VÖP, Othmar Stoss, OETHG, Daniel Serafin, Oper St. Margarethen (von links).

©MICHAEL SAZEL
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Im Rahmen der Weltfunkkonferenz WRC2023 soll über die Neuordnung von Frequzenzbereichen entschieden werden. Eine Allianz aus TV-, Radio- und Kulturveranstaltern fordert nun die langfristige Absicherung des Bereichs 470 – 694 MHz für Rundfunk und Kultur.

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Die alle vier Jahre abgehaltene Weltfunkkonferenz WRC ist ein in vielen Branchen genau beobachtetes und wichtiges Ereignis. Wird dort doch über die Zuteilung von Funkfrequenzen für die Nutzung in verschiedenen Branchen - vom Fernsehen über das Radio und den Mobilfunk bis hin zu den in Kultur- und Veranstaltungsbetrieben genutzten Frequenzen für Funkmikrofone oder Kopfhörer diskutiert und entschieden.

Im Rahmen der WRC023, die vom 20. November bis zum 15. Dezember 2023 in Dubai stattfindet, stehen nun für Rundfunkanstalten und Kulturbetriebe folgenschwere Entscheidungen an. Im Zuge dieser Konferenz soll auch ein Beschluss zur Aufteilung und die künftige Nutzung des Frequenzspektrums im Bereich von 470 bis 694 MHz, das sogenannte Sub-700 oder UHF-Spektrum, getroffen werden. Dieser Frequenzbereich ist der verbliebene Rest des UHF-Spektrums, in dem das terrestrische Fernsehen verbreitet sowie Theater, Opernhäuser und Veranstaltungsbühnen drahtlose Funkmikrofone und andere PMSE-Produktionsmittel störungsfrei einsetzen können.

Begehrte Frequenzen

Über Jahrzehnte gab es über diese Frequenzen keine Diskussionen. Die UHF-Frequenzen waren fix für den Rundfunk reserviert. Seit 60 Jahren haben Rundfunk und Kultur das UHF-Spektrum in technologischer Symbiose effizient und störungsfrei genutzt. Durch die Digitalisierung wurde es aber möglich, Teile dieses Spektrums für den Mobilfunk freizugeben. Eine Allianz aus Rundfunkanbietern und Kulturveranstaltungsbetrieben warnt nun davor, auch das verbliebene UHF-Spektrum anzugreifen und weitere Bereiche davon anderen Zwecken zu widmen als das bisher der Fall war.

Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der ORS und Sprecher der Allianz, erklärt den den Hintergrund der Initiative: Für die weitere Aufteilung dieses Spektrums für zusätzliche Nutzungsszenarien wie den Mobilfunk wäre langfristig keine technologische Lösung in Sicht. Im Gegenteil: Der Mobilfunk kann Frequenzen aus physikalischen Gründen nur allein nutzen, so dass sie Rundfunk und Kultur nicht mehr zur Verfügung stehen würden. "Die terrestrische Rundfunkverbreitung wäre dadurch akut gefährdet", warnt Wagenhofer: „Die betroffenen Branchen haben keinen Frequenzspielraum mehr, weshalb unsere Forderung nach einer langfristig abgesicherten, exklusiven Nutzung des Rundfunkspektrums alternativlos ist.“

Problem für Rundfunk und Kultur

In einer weiteren Aufteilung des Frequenzspektrums zugunsten des Mobilfunks sieht die Allianz eine Bedrohung für die terrestrische Versorgung der Bevölkerung sowohl mit öffentlich-rechtlichen als auch privaten Rundfunk- und Fernsehangeboten, die besonders in Krisenzeiten ein entscheidendes Backup für die digitalen Kanäle ist. "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Speziellen muss seiner medienpolitischen Verpflichtung zur Versorgung der Bevölkerung, insbesondere in Zeiten von zunehmenden Umweltkatastrophen, Gesundheitskrisen oder geopolitischen Konflikten, nachkommen können. Dazu gehört Infrastruktursouveränität über ein terrestrisches Sendernetz“, betont ORF-Technikchef Harald Kräuter.

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Aktuelle Nutzung der Frequenzen im UHF-Spektrum


© ORS

Auch Kulturveranstalter und Medienproduzenten befürchten bei einem weiteren Frequenz-Splitting Störgeräusche aus dem Mobilfunk. „Unzählige Funkmikrofone und andere drahtlose Geräte wie In-Ear- oder Talkback-Systeme werden im UHF-Spektrum betrieben werden. Der Vorteil des UHF-Spektrums liegt darin, dass die Funkwellen Bühnenaufbauten durchdringen können und es während eines Auftrittes keinen störenden Körpereinfluss gibt. Nur mit dem UHF-Spektrum sind Konzerttourneen durch Europa mit dem eigenen Tonequipment möglich“, erklärt Mag. Othmar Stoss, der als Präsident der Österreichischen Theatertechnischen Gesellschaft (OETHG) rund 300 Mitglieder aus der Kultur- und Eventbranche vertritt. Betroffen wären im Übrigen auch Messeveranstalter, Sportstätten oder Universitäten mit ihren Hörsälen.

Cay Stefan Urbanek, kaufmännischer Direktor des Volkstheaters, ergänzt dazu: „Ohne die vielen Mikrofone in unseren Theatern und Kulturbühnen sind kulturelle Produktionen nicht denkbar. Dazu gehören auch die Rundfunkübertragungen, die Kulturgenuss all jenen Menschen ermöglichen, die nicht live dabei sein können oder wollen."

Die allenfalls anfallenden Kosten für einen Systemwechsel aufgrund einer Umwidmung der Rundfunkfrequenzen wären für die heimischen Kulturbetriebe enorm und würden eine dauerhafte Belastung für die kulturellen Angebote bedeuten. Der wirtschaftliche Schaden einer Umwidmung des verbliebenen Frequenzspektrums wäre enorm, auf der anderen Seite gäbe es keine technologische oder ökonomische Notwendigkeit, weitere Teile des UHF-Bandes dem Mobilfunk zuzuteilen. "Ich appelliere an die Politik, dies zu berücksichtigen“, sagt Urbanek.

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