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FMA-Vorstände: „Die FMA hat bei Signa viel Schaden abgewendet"

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 © FOTO: MICHAEL RAUSCH-SCHOTT

Mariana Kühnel und Helmut Ettl leiten zusammen die Finanzmarktaufsicht.

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Die Vorstände der Finanzmarktaufsicht FMA, Mariana Kühnel und Helmut Ettl, sehen die Banken trotz Bankensteuer gut gerüstet in der Wirtschaftskrise. Im Fall Signa habe die Behörde Schlimmeres verhindert.

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Frau Kühnel, Sie haben das erste Quartal bei der FMA hinter sich. Wie ist es denn, auf einmal in der ersten Reihe zu stehen?

Mariana Kühnel

Eine große Verantwortung, aber zugleich eine große Freude. Mir macht Gestalten Spaß, ich arbeite am besten, wenn möglich viel auf einmal passiert. Meine bisherigen Tätigkeiten von der Regulatorik über das Bankwesen bis hin zur Realwirtschaft haben mir einen guten Vorgeschmack auf das gegeben, was ich jetzt mache. Innovation, Digitalisierung, Effizienz, das waren die Themen im alten Job und sind es auch in der FMA. Das macht Spaß und erfüllt.

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Es gab auch Kritik an Ihrer Bestellung, weil Sie nahtlos vom Erste-Bank-Aufsichtsrat in die Aufsicht gewechselt sind. Ist ein Cooling-off sinnvoll?

Mariana Kühnel

Ich glaube, ein Cooling-off macht Sinn, wenn man aus einer operativen Tätigkeit kommt. Aber der Aufsichtsrat ist ja schon ein Schritt am Weg zur Aufsicht. Da halte ich das nicht für notwendig.

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Also sind Sie nicht auf einem Auge blind, wenn es um die Erste Bank geht?

Mariana Kühnel

Nein, ich bin nicht auf einem Auge blind, sondern ich bringe Erfahrung aus der Praxis mit, und das ist etwas wert.

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Herr Ettl, Sie halten sich anders als Ihre Vorstandskollegen schon sehr lange an der Spitze der FMA. Wie machen Sie das?

Helmut Ettl

Ich sehe den Job als den spannendsten, den diese Republik zu vergeben hat, und er macht mir auch seit 17 Jahren wirklich Spaß. Ich fühle mich hier sehr wohl, weil ich etwas für Österreich, den Finanzmarkt bewirken kann. Ich habe sehr viel gesehen und konnte viel dazu beitragen, dass Schaden von der Republik abgewendet wurde.

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Was ändert sich jetzt mit einer Kollegin an Ihrer Seite?

Helmut Ettl

Das ist sehr positiv und spiegelt die FMA in Ihrer Gesamtheit wider. Denn die FMA ist weiblich, nur bislang nicht auf der obersten Ebene. 52 Prozent unserer Mitarbeiter sind Frauen, auch in der Führung liegen wir bei knapp 40 Prozent. Aber ausschlaggebend ist für mich nicht das Geschlecht meiner Kollegin, sondern ihre Kompetenz und ihr Einsatz für Innovation. Das ist seit Marianas erstem Tag in der FMA für alle spürbar. Sie hat der Organisation einen regelrechten Ruck gegeben.

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Österreich erlebt eine massive Wirtschaftskrise. Die Banken scheinen davon weitgehend unberührt. Warum?

Helmut Ettl

Die Banken sind gut aufgestellt. Sie haben sich jahrelang beklagt, dass sie so viel Kapital anhäufen mussten. Das bewährt sich jetzt aber. Dennoch schlägt sich aber manche nachteilige Wirtschaftsentwicklung in den Bilanzen der Banken nieder. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien, wo wir sehr hohe Ausfallraten sehen.

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Sehen Sie das Beteiligungsportfolio mancher Banken angesichts der Krise in manchen Branchen kritisch?

Helmut Ettl

Ich sehe per se kein Geschäft kritisch. Mir ist wichtig, dass die Ertrags-Risiko-Relation mittelfristig gegeben ist und genug Eigenmittel da sind. Diese Fragen können wir bejahen. In die Geschäftsmodelle der Banken mischen wir uns nicht ein. Wir sind nicht die Oberinstrukteure der Banken.

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Halten Sie die Bankenabgabe für gerechtfertigt?

Helmut Ettl

Über Steuern haben wir uns nie geäußert.

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Aber man muss sich wegen der Abgabe auch keine Sorgen um die Banken machen?

Helmut Ettl

Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren Bankengewinne zwischen zehn und 13 Milliarden Euro pro Jahr gesehen. Da könnten wir jetzt mal die Prozentsätze ausrechnen.

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Mit der KIM-Verordnung hat man den privaten Immobiliensektor besonders stark reglementiert, bei Gewerbeimmobilien scheint alles viel lockerer abgelaufen zu sein. Zum Teil wurden Kredite unbesichert begeben. Wurde mit unterschiedlichem Maß gemessen?

Mariana Kühnel

Die KIM-Verordnung war eine Reaktion auf niedrigzins- und kreditgetriebene starke Preisanstiege. Dann gingen die Zinsen hoch, die Konjunktur runter, und die Kreditvergabe brach ein. Jetzt ist die Verordnung ausgelaufen, und wir sehen eine nachhaltige Kreditvergabe bei über 90 Prozent und zugleich Kreditwachstum. Das freut uns auch im Sinne der Finanzmarktstabilität. ETTL: Hypothekarkredite für Private sind regulatorisch sehr stark gefördert. Sie müssen kaum mit Eigenmitteln unterlegt werden. Bei Ausfällen wäre also kaum Geld da. Deshalb legen wir da so großen Wert auf die Vergabekriterien. Bei Gewerbeimmobilien muss man unterscheiden: Bei gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften gibt es kaum Ausfälle. Probleme gibt es hauptsächlich bei der Projektfinanzierung. Das haben wir auch sehr frühzeitig angesprochen. 2019 wurde bereits gewarnt, dass hier ein Thema auf uns zukommt. 2021 wurde bekannt, dass wir bei einem großen Immobilienentwickler (Anm. die Signa-Gruppe) sehr ­genau hinschauen.

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Signa ist dennoch pleite gegangen. Braucht es neue Regeln?

Helmut Ettl

Nein, wir brauchen nur jenen Verstand, der bei jeder Kreditvergabe angewandt werden soll. Wenn Kreditgeber in der Niedrigzinsphase Projekte finanzieren, die sich nur rentieren, wenn die Preise steigen bzw. wenn die Zinsen auf null bleiben, ist das nicht nachhaltig. Man muss aber auch sagen, dass der Großteil der Banken bei den Gewerbeimmobilien nachhaltige Standards aufrechterhalten hat.

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Manche aber auch nicht. Was ist da konkret Ihre Sorge?

Helmut Ettl

Wir haben hier noch nicht das Ende der Fahnenstange gesehen, die notleidenden Kredite steigen immer noch. Wir beobachten das genau und überlegen uns, ob noch aufsichtliche Maßnahmen zu setzen sind.

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Ziehen Sie als Aufsicht Lehren aus dem Fall Signa?

Helmut Ettl

Der Fall Signa als solcher ist kein Aufsichtsthema, nur die Finanzierung von Signa. Aber man muss schon fragen, wieso so ein Konstrukt mit aushaftenden Krediten von vielen Milliarden keine konsolidierte Bilanz legen muss und wieso das Fehlen von Bilanzen nicht härter bestraft wird.

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Es gab also Fehler bei Signa, aber nicht von Seiten der Aufsicht?

Helmut Ettl

Wir haben durch unser frühzeitiges Einschreiten viel Schaden von Österreich abgewendet.

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Orten Sie weitere größere Risiken für heimische Banken?

Mariana Kühnel

Wir sind natürlich geopolitisch stark exponiert. Und durch Technologie passiert aktuell so viel Disruption am Markt – Stichworte Neobroker, Neobanken – dass das eine oder andere Geschäftsmodell in Gefahr geraten könnte. Auch Krypto beschäftigt uns in Verbindung mit Geldwäsche sehr stark.

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Wo sehen Sie Raum für die Vereinfachung von Aufsichtsregeln?

Mariana Kühnel

Wir wollen die Aufsicht transparenter und effizienter machen. Wir schauen uns gerade an, welche Daten wir wirklich benötigen. Österreichisches Goldplating wollen wir vermeiden.

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Was konkret braucht man nicht?

Helmut Ettl

In der EBA wurden 21 Punkte identifiziert, ohne die man das System effizienter gestalten kann. Bei den neu zu erlassenden Verordnungen wurde ein Einsparungspotenzial von 20 Prozent identifiziert. Im Reporting sollen 25 Prozent der Anforderungen eingespart werden. Das wird aber vermutlich noch viel mehr werden.

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Wann spüren das die Unternehmen?

Helmut Ettl

Österreichische Unternehmen spüren das bereits, z.B. stehen einige Banken nicht mehr unter permanenter operativer FMA/ OeNB-Aufsicht, sondern wir arbeiten viel stärker mit den Sektoren zusammen.

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In den USA wird darüber diskutiert, die Kapitalanforderungen für Banken zu senken. Ist das auch für Europa wünschenswert?

Helmut Ettl

Was über dem großen Teich passiert, ist Warnung genug. Jetzt ist nicht die Zeit, das Resistenzniveau der europäischen Banken zu senken. Wir müssen eher davon ausgehen, dass die Ereignisse in den USA zu toxischen Verwerfungen führen werden, und wir sollten nicht den Fehler von 2008 wiederholen.

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Dass europäische Banken im Wettbewerb gegen US-Banken auf der Strecke bleiben, fürchten Sie nicht?

Helmut Ettl

Nein, es gibt ja kaum Wettbewerb, allenfalls im Investmentbanking.

Mariana Kühnel

Viel entscheidender ist es, in Europa ein Level Playing Field mit neuen Anbietern zu schaffen. Bis Jahresende sind auch US-Banken noch an Basel gebunden.

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Sie verlieren als FMA zu beaufsichtigende Unternehmen an die EZB, zuletzt die RLB NÖ-Wien. Dennoch hat die FMA immer mehr Mitarbeiter. Gibt es Raum für Einsparungen?

Mariana Kühnel

Unser Ziel ist eine effiziente, ressourcenschonende Aufsicht. Wir bekommen regelmäßig neue Aufgaben dazu, die wir mit der bestehenden Mannschaft zu lösen versuchen. Ab 2026 kommt etwa die Sanktionenaufsicht neu dazu.

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Weniger Mitarbeiter in der FMA sind also kein Thema?

Mariana Kühnel

Wir sparen, wo es geht, und versuchen, bestehende Ressourcen optimal umzuverteilen. Wir müssen aber auch investieren, etwa wenn wir wie derzeit eine gut gefüllte Pipeline an Kryptowertedienstleistern sehen, die sich in Wien ansiedeln möchten. Um deren Zulassungsanträge und die laufende Aufsicht in der gewohnten Qualität gewährleisten zu können, brauchen wir Ressourcen.

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Österreich gilt nach dem letzten FATF-Bericht als Geldwäscheparadies. Das ist für den Finanzmarkt kein besonders tolles Signal. Was gehört unternommen?

Helmut Ettl

Das weise ich ganz klar zurück. Der Finanzmarkt ist bei Geldwäscheprävention sehr gut aufgestellt und wird gut beaufsichtigt. Österreich ist aber sicher geografisch stärker exponiert als andere Länder und muss daher auch erhöhte Aufmerksamkeit walten lassen. KÜHNEL: Ich wurde in den USA auch häufig auf den FATF-Bericht angesprochen. Auch dort weiß man, im Finanzsektor hat Österreich seine Hausaufgaben gemacht.

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Ex-Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl sitzt in den USA u. a. wegen Geldwäsche-Vorwürfen in Haft. Die FMA hat die Meinl Bank sehr kritisch gesehen, zu einer Anklage kam es nie. Empfinden Sie Genugtuung?

Helmut Ettl

Bei unserer Arbeit geht es nicht um Genugtuung. Wir haben dafür gesorgt, dass die Meinl Bank keine Lizenz mehr in Österreich hat. Das, was man seither hört, stellt unsere Handlungen jedenfalls nicht in Frage.

Zu den Personen

Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 7. November 2025 erschienen.

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