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Trade Republic und Co.: Der Wettkampf um die Kunden

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Digitale Banken werden beliebter. 23 % der Hauptkunden sind unter 35 Jahre alt.

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Immer mehr Neobroker matchen sich mit günstigen Angeboten und neuen Produkten um die vorwiegend jungen Kunden. Die Großbanken reagieren auf den verschärften Wettbewerb und senken ihre Preise.

Oswald Salcher versteht die Welt nicht: 9,16 Milliarden Euro haben sich die Österreicher letztes Jahr an Zinsen durch die Lappen gehen lassen, weil sie ihr Geld lieber auf niedrig bis gar nicht verzinsten Sparbüchern oder Konten liegen lassen haben, hat der Country Manager des Neobrokers Trade Republic ausgerechnet. „Dabei gibt es mittlerweile mehrere sehr gute Angebote“, sagt Salcher mit einem Kopfschütteln. Tatsächlich unterbieten sich aktuell Fintechs wie Trade Republic hierzulande mit günstigen Konditionen und überbieten sich gleichzeitig mit immer größeren Produktportfolios für die Kunden.

Der deutsche Neobroker Trade Republic, der seit fünf Jahren in Österreich tätig ist, ist bei den Konditionen sicher einer der aggressivsten und auffälligsten Anbieter. So verlangt das Unternehmen null Euro Depotgebühr, null Euro für Spar­pläne und bloß einen Euro je Trade. Und auch die Zinsen der EZB werden eins zu eins an die Kunden weitergegeben. Seit Ende April ist Trade Republic außerdem steuereinfach und mit österreichischer IBAN am Markt, was einen zusätzlichen Push verursacht hat. Die Zahl der Kunden in Österreich soll sich seitdem in wenigen Monaten von 100.000 auf 200.000 nahezu verdoppelt haben, ist aus dem Markt zu hören. Bestätigen will der Kärntner Salcher, der als One-Man-Show für Trade Republic in Österreich fungiert, diese Zahl nicht, nur so viel: „Das Echo der Kunden war riesig. Wir können viele Neukunden begrüßen, es sind aber auch viele von anderen ­Anbietern zu uns gewechselt.“

Und davon gibt es mittlerweile mehr als genug. Broker-Test.at listet nicht weniger als 40 Anbieter auf, darunter auch Traditionsbanken wie die Erste Bank, Raiffeisen oder die Bawag. Aber immer mehr auch reine Digitalanbieter wie Scalable Capital, flatex, N26 oder Revolut. Immer mehr, so scheint es, wollen von dem immer größer werdenden Kuchen der Wertpapierbesitzer mitnaschen und – im Idealfall – diesen noch weitere Produkte andrehen.

Bank statt Broker

Denn viele der ursprünglich reinen Broker entwickeln sich so wie Trade Republic – diese hat Ende 2023 eine deutsche Banklizenz bekommen – zu einer digitalen Vollbank. Neben Aktien und ETF-Handel bieten die meisten auch Kryptos, Sparpläne, Gratiskonten und Vermögensverwaltung an. „Unser Ziel ist es natürlich, dass unsere Kunden unser gesamtes Angebot nutzen und keine andere Finanz-App brauchen“, sagt Salcher. Broker-Kunden dürften aber einfacher zu gewinnen sein als andere. Denn dabei handelt es sich zumeist um die jüngere Generation bis 35 Jahre. „Die jungen Leute vergleichen mehr“, weiß der Trade-Republic-Manager. Und sie dürften auch wechselwilliger sein als ältere Generationen. Vor allem niedrigschwellige Angebote ohne Gebühren, wie sie von vielen der Neobroker angeboten werden, sprechen die jungen Trader stark an. Dabei bedienen sich die Broker gerne der Hilfe von Finfluencern, die ihre Produkte im Netz bewerben. Jüngste Zahlen des Beraters Kearney zeigen, dass bereits 30 Prozent der Befragten bei ihren Investments den Weg über einen Onlinebroker gehen, 31 Prozent sprechen direkt bei der Bank vor und 26 Prozent tätigen ihre Investments über eine Bank-Website.

Dieser Trend zum digitalen Veranlagen kommt auch dem Platzhirsch unter den Neobrokern, dem ebenfalls deutschen Anbieter flatex zugute. Er ist bereits seit 2010 in Österreich tätig und soll hierzulande 300.000 Kunden haben. Anders als Trade Republic versteht er sich bislang allerdings nur als reiner Broker. N26 wiederum, eigentlich mehr Bank als Broker, entdeckt die Zielgruppe auch immer mehr für sich. Das von Österreichern gegründete Fintech hat zu Jahresbeginn die Gebühren beim Aktienhandel gestrichen. Damit will man offenbar auf günstigere Angebote wie jenes von Trade Republic oder Revolut reagieren.

Profitable Geschäfte

Mittlerweile beginnen sich die Investitionen der letzten Jahre auszuzahlen: Während N26 Ende 2024 seinen ersten Quartalsgewinn geschrieben hat, ist Trade Republic seit zwei Jahren profitabel, auch in Österreich. Bei Scalable Capital muss man trotz ansehnlichem Kundenwachstum hingegen noch auf Profit warten. Das deutsche Fintech ist seit 2016 in Österreich und versteht sich in erster Linie als Vermögensverwalter und Broker. Kunden zahlen hier 0,99 Euro je Order und eine Flatrate von 4,99 Euro je Monat. Martina Forsthuber, Country-Managerin von Scalable Capital: „Die Großbanken passen sich allmählich an unsere guten Konditionen an.“ Nachsatz: „Aber die meisten sind von der Customer Experience noch viel komplexer und bei den Gebühren ist noch viel Luft nach oben.“ Die Deutschen mit österreichischen Gründern wollen jedenfalls ihr Geschäft erweitern: Eine Vollbanklizenz ist beantragt, ebenso Steuereinfachheit – damit werden Steuern auf Kapitalerträge der Kunden direkt an das Finanzamt abgeführt. Die Befürchtung, der Markt könne irgendwann zu klein für so viele Anbieter werden, hat Forsthuber jedenfalls nicht: „Jeder bekommt ein etwas anderes Stück vom größer ­werdenden Kuchen ab“, glaubt sie.

Auch die Großbanken wollen dabei mitnaschen. In den letzten Monaten haben Erste Bank, Raiffeisen oder Bawag – spät, aber doch – auf die Angebote der jungen Wilden reagiert. Österreichs größte Onlinebank ist die Bawag-Tochter easybank mit 1,3 Millionen Kunden. Wie viele davon Trader sind, ist allerdings nicht bekannt. Für Neukunden bietet man hier bis Ende 2026 eine Aktion an, die keine Depot-und Verrechnungskontogebühren vorsieht und bis Ende 2025 auch keine Orderspesen. Bei Raiffeisen NÖ-Wien wiederum lockt man das junge Publikum damit, dass man seit letztem Jahr über die „Mein Elba-App“ Zugang zur Welt der Kryptobörse Bitpanda hat und mit Kryptos handeln kann. Dieses Angebot, so die Bank, wird immerhin inzwischen von 20.000 Kunden genutzt. „Das unterstreicht, dass unsere Kooperation ein relevantes Marktbedürfnis erfüllt“, heißt es aus der RLB NÖ-Wien.

„Konkurrenz belebt das Geschäft, aber wir sehen natürlich schon, dass manche Neobroker sehr aktiv sind und das auch laut kommunizieren“, sagt Maximilian Clary und Aldringen, Erste-Bank-Vorstand, zuständig für Private Banking. Um den Neobrokern das Geschäft aber nicht kampflos zu überlassen, hat die Erste Bank in ihre App „George Invest“ investiert und vor allem für junge Kunden an der Gebührenschraube gedreht. Das „s Young Depot“ von George Invest gibt es seit Kurzem auch zum Nulltarif. Für Transaktionen fallen allerdings schon Gebühren im Ausmaß von 1,99 Euro fix plus 0,19 Prozent an. Und auch bei den günstigen Zinsangeboten mancher Konkurrenten will die Erste vorerst nicht mitziehen: „Wir haben auf der Zinsseite unterschiedliche Angebote je nach Alter, die sich an den EZB-Zinssätzen und Marktpreisen orientieren“, sagt Clary. Eine automatische Weitergabe des EZB-Zinses ist aber nicht geplant. In der Erste Bank - ohne Sparkassen - zählt man mittlerweile 180.000 Wertpapierkunden. „Das Angebot funktioniert. Wir werden wieder relevanter“, ist Clary überzeugt. Dazu tragen wohl auch neue Produkte wie „fractional shares“, also die Möglichkeit, nur Teile von Aktien zu erweben, und Kryptowetpapiere bei. Den größten Unterschied zu den umtriebigen Neobrokern ortet der Erste-Vorstand jedenfalls im Kundenservice: „Wir beschäftigen bei uns im Haus 20 Leute, die nichts anderes tun, als sich darum zu kümmern, dass die Leute ihr Geld wieder ­zurück bekommen.“ Denn, so Clary, die Betrügereien im Internet nehmen zu, und da seien Kunden sehr froh, wenn sie auch einen Ansprechpartner haben, den sie bei den meisten Onlinebrokern schmerzlich vermissen. Außerdem, so Clary, habe sich gerade bei den jüngsten Marktturbulenzen gezeigt, dass beratene Investoren auch die besseren seien.

Wo viel Licht ...

Tatsächlich führt fehlendes Service zu viel Kritik an manchen Onlinebrokern, die in Deutschland auch bereits die Finanzmarktaufsicht Bafin auf den Plan gerufen hat. Gegen Scalable und Trade Republic wurde im Frühjahr eine Untersuchung eingeleitet, weil Kunden nicht auf ihre Konten zugreifen konnten und das Kundenservice auf Tauchstation war. Salcher sieht das entspannt: „Sehr hohe Zugriffszahlen haben zu verzögerten Ladezeiten geführt. Der Handel war aber jederzeit möglich.“

Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 18. Juli 2025 erschienen.

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