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„Nachhaltigkeit muss belohnt werden“

In Kooperation mit Schiefer Rechtsanwälte.
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„Nachhaltigkeit muss belohnt werden“

k.A

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Vergaberechtsexperte Martin Schiefer über die Möglichkeit, mit der Vergabe öffentlicher Aufträge die Einhaltung der ESG-Kriterien zu fördern.

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k.A

© Studio Koekart

TREND: Sie sehen das Vergaberecht auch als Lenkungsinstrument. Wie meinen Sie das?
MARTIN SCHIEFER: Durch öffentliche Aufträge können nachhaltige Unternehmen bewusst gefördert werden. Wir definieren „nachhaltig“ auch mit regional. Die Struktur der heimischen Unternehmen und ihr Innovationsgeist passen wunderbar zu den ESG-Vergaben.

Wo sehen Sie da die ESG-Kriterien?
Das „E“ wie „ökologisch“ findet sich in kurzen Transport- und Anfahrtswegen – eine wesentliche Voraussetzung, auch was sichere Lieferketten anbelangt. Das „S“ wie „Sozial“ kann mit Gemeinschaft und Freiwilligkeit wie z. B. den Beiträgen für Feuerwehr und Rettungswesen gleichgesetzt werden. Und eine gute Governance – wie das G – bedeutet auch, dass soziale Mitarbeiterbeteiligungen gefördert und eine stabile Unternehmensgebarung begrüßt wird.

Dass heißt, öffentliche Auftraggeber sollten die ESG-Kriterien bei ihren Ausschreibungen besonders berücksichtigen?
Bund, Land und Gemeinden sind gefordert, ihre Ausschreibungskriterien neu zu denken. ESG-konformes Verhalten ist zu belohnen. Das Fokussieren von Ausschreibungen auf den reinen Preis ist ein überholtes Denkschema. ESG-Kriterien stützen die regionale Wirtschaft und sind wesentliche Faktoren bei der Energiewende.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Wir betreuen derzeit ein Leuchtturmprojekt im Leasure-Bereich. Alle internationalen Betreiber derartiger Projekte sagen, ein solches Bauwerk muss nachhaltig errichtet und betrieben werden. Das Gebäude ist als Rohstoffbank zu sehen und muss natürlich CO2-neutral sein. Das ist mittlerweile ein Muss für die Besucher. Auch die Künstler fragen vermehrt nach nachhaltigen und unter ökologischen Gesichtspunkten errichteten Spielstätten. Es ist beinahe schon ein wirtschaftlicher Zwang, weil sonst das Businessmodell nicht funktioniert.

Müssen diese Kriterien zur Nachhaltigkeit im Vergaberecht extra festgeschrieben werden?
Nein, den Inhalt der Aufträge kann ja der Auftraggeber frei definieren. Das Vergaberecht ist eine neutrale Plattform, mit der alle Ziele und Vorgaben für gesellschaftliche Weiterentwicklungen umgesetzt werden können, ohne das Gesetz ­novellieren zu müssen. Das heißt, das Instrument für die Vergabe von Aufträgen nach nachhaltigen Kriterien ist vorhanden. Man muss es nur entsprechend nützen.

Die öffentliche Hand könnte mit ihrem gesamten Volumen von rund 60 Milliarden Euro, die sie für öffentliche Aufträge vergibt, noch viel mehr in Richtung Nachhaltigkeit bewegen?
Natürlich, deshalb müssen Unternehmen auch bei Ausschreibungen für öffentliche Auftragsvergaben immer mehr ihr nachhaltiges Agieren in den Vordergrund stellen. Denn sie werden zunehmend dafür belohnt. Es gibt jetzt einen Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung, der von öffentlichen Auftraggebern im Bund einzuhalten ist. Die gesamte Wertschöpfung muss in der Region bleiben. Damit wird der Fokus auf saisonale Produkte, regionale Dienstleistungen und verantwortungsvolles Handeln gelegt.

Kann das dann nicht umgekehrt zu kartellrechtlichen Bedenken führen?
Die EU-Kommission hat ganz klar gesagt, dass gerade jetzt, wo Versorgungswege einbrechen, Einkaufskooperationen gebildet können oder gemeinsame Transportlogistik geschaffen werden kann. Gemeinsames Vorgehen in der Erreichung der ESG-Ziele ist nun einfacher als je zuvor. In Kombination mit einem bewussten Fokussieren auf Regionalität und Nachhaltigkeit birgt dies keine rechtlichen Probleme. Die Auftraggeber müssen das nur erkennen und jetzt bewusst mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Ausschreibungen in Richtung Nachhaltigkeit an den Tag legen.

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