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Oberbank-Chef Gasselsberger: "Wir haben den Tiefpunkt schon überschritten"

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Oberbank-Vorstandschef Franz Gasselsberger

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Oberbank-General Franz Gasselsberger über die Aussichten für die österreichische Wirtschaft, die guten Ergebnisse seiner Bankengruppe, notorische Bankenbasher und warum ihn die Politik desillusioniert hat.

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Wie sieht nach drei guten Quartalen der Ausblick der Oberbank auf das Jahresende aus?

Franz Gasselsberger

Wir werden ein gutes operatives Ergebnis erzielen, weil wir immer noch Kreditwachstum und ein erfreuliches Dienstleistungsgeschäft haben.

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Das ebenfalls deutlich verbesserte Zinsergebnis hat auch Kritiker auf den Plan gerufen. Sind Banken die großen Inflationsgewinner?

Franz Gasselsberger

Es gibt immer Kritiker: Wenn wir nichts verdienen, und wenn wir gut verdienen. Ich habe mich daran gewöhnt, dass es notorische Bankenbasher gibt und Leute, die von diesem Geschäft nichts verstehen. Nach acht Jahren verdienen wir erstmals wieder nicht mehr nur auf der Kredit-, sondern auch auf der Einlagenseite. Und es ist mehrfach bestätigt, dass die Banken die gestiegenen Zinsen sehr wohl an die Kunden weitergeben, teilweise über dem europäischen Durchschnitt. Man sollte halt wissen, dass wir nur durch Gewinne unsere Eigenkapitalbasis und damit die Fähigkeit, Risiko zu tragen, stärken können. Es gibt viele gute Sachargumente, warum Gewinne für Unternehmen generell wichtig sind - man dringt damit bei gewissen Leuten aber nicht durch. Für mich zählt, dass unsere Kunden außerordentlich zufrieden sind.

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Was sagen Sie zu Forderungen nach einem Zinsdeckel?

Franz Gasselsberger

Das geht in die gleiche Richtung. Die Menschen haben hohes Vertrauen, dass sie Geld, das sie uns geben, im Bedarfsfall wieder zurückbekommen. Und die meisten wissen, dass wir dafür finanzielle Puffer brauchen.

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Das Volumen der Wohnbaukredite ist 2023 in Österreich um 50 Prozent eingebrochen. Wie steuern Sie gegen? Sollte man die KIM-Verordnung doch endlich lockern?

Franz Gasselsberger

Die KIM-Verordnung ist nicht für den Rückgang verantwortlich. Die Ausnahmekontingente, die Banken bekommen haben, wurden nicht einmal genutzt. Die verlorengegangene Zuversicht der Leute wird zurückkommen, sobald die Zinsen wieder sinken.

Und das tun sie schon: Die langfristigen Zinsen sind vom Höchststand im Oktober bereits 0,9 Prozentpunkte gefallen. Außerdem werden sich die Reallohnzuwächse durch die hohen KV-Abschlüsse und eventuell leicht sinkende Immobilienpreise positiv auswirken. Die Oberbank hat für 2024 jedenfalls ein Wachstum in der Wohnbaufinanzierung budgetiert.

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Stichwort Immobilien: Wie stark ist die Oberbank von der Signa-Pleite belastet?

Franz Gasselsberger

Mit Ausnahme der einen oder anderen - besicherten - Projektfinanzierung sind wir bei Signa nicht engagiert. Wir rechnen aufgrund unserer bekannt konservativen Vergabepraxis generell mit keinen großartigen Wertberichtigungen im Immobiliensektor.

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Wird der Signa-Absturz den schon zuvor fragilen Immobilienmarkt in noch größere Turbulenzen bringen?

Franz Gasselsberger

Dieser Markt ist schon mehr oder weniger zum Stillstand gekommen. Es werden kaum mehr neue Projekte an uns herangetragen. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir noch gewisse Preisreduktionen sehen werden.

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Sie haben die Risikovorsorgen nur leicht angehoben. Werden die Problemfälle bei Unternehmen nicht deutlich mehr?

Franz Gasselsberger

Industrie und Gewerbe zeigen überraschend wenig Risiko. Und wenn, dann sind meistens Managementfehler im Spiel. Trotzdem werden die Vorsorgen wahrscheinlich schon noch steigen, aber auf ein immer noch sehr verdauliches Niveau.

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Wie ist in der momentanen Rezession die Stimmung bei den Firmenkunden der Oberbank?

Franz Gasselsberger

Laut unserer jüngsten Umfrage ist die Stimmung im vierten Quartal zwar schlechter als im Frühjahr, aber für 2024 schon wieder zuversichtlicher. Ich glaube, dass wir den Tiefpunkt erreicht haben und ein bescheidenes Wachstum sehen werden. Auch weil die Lohnerhöhungen, so schwierig sie für die Unternehmen sind, den privaten Konsum ankurbeln werden. Zinsmaßnahmen der EZB haben zu einem "Soft Landing" der Wirtschaft geführt.

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Wie stark wirkt sich die Zurückhaltung bei Investitionen auf die Kreditnachfrage aus?

Franz Gasselsberger

Das Wachstum hat sich abgeschwächt. Allerdings liegt das Volumen für geförderte Investitionskredite - ein wichtiger Indikator - auf Vorjahresniveau. In Bereiche wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit investieren Unternehmen sehr wohl.

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Wie werden sich die erwähnten KV-Abschlüsse auf den Standort auswirken?

Franz Gasselsberger

Unsere Unternehmen haben schon länger Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit. Jetzt kommen noch um die 15 Prozent Lohnerhöhung innerhalb von zwei Jahren dazu, obwohl es keine Produktivitätsfortschritte gibt. Das muss und wird Folgen haben: nämlich dass künftig viele Investitionen nicht mehr in Österreich getätigt werden und eine schleichende Deindustrialisierung stattfindet.

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Die Oberbank hat stark nach Deutschland expandiert. Aber der Motor Deutschland stottert. Wird das Geschäft dort schwieriger für Sie?

Franz Gasselsberger

In Deutschland herrscht genauso wie in Österreich seit 20 Jahren Reformstau. Da 35 bis 40 Prozent unserer Ausfuhren nach Deutschland gehen, werden unsere Exporteure die Krise dort spüren. Die Oberbank selbst verzeichnet keine Einbußen. Der Großteil des Kredit- und Einlagenwachstums kommt aus Deutschland. Als Expansionsgebiet für die nächsten Jahre haben wir Nordrhein-Westfalen definiert.

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Müsste man die Belastungen durch die grüne Transformation bremsen, weil sie für Unternehmen in der derzeitigen Lage schwer zu stemmen sind?

Franz Gasselsberger

Die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit ist unumkehrbar. Große Unternehmen sind längst dabei, Ressourcen dafür zu bilden und Strategien zur Umstellung ihrer Energiesysteme zu entwickeln. Tatsache ist aber auch, dass die Kleineren und Mittleren nachhinken. Teilweise ist das Problembewusstsein nicht da, natürlich bremst auch der Wirtschaftsabschwung die Motivation; und sie werden von der Bürokratie erschlagen.

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Zu welcher Anlagestrategie für die nächsten fünf Jahre rät der Topbanker angesichts des wahrscheinlichen Szenarios, dass die Zinsen langsam runter gehen?

Franz Gasselsberger

Als ich vor 40 Jahren in die Oberbank gekommen bin, habe ich nur Anleihen verkauft. Auch jetzt würde ich zu Anleihen, vor allem von soliden Unternehmen, raten. Dazu Aktien, weil 2024 ein solides Aktienjahr werden könnte. Und als Beimischung ein bisschen Gold - dessen Kurssteigerung die Überraschung des Jahres ist.

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Im Vorjahr haben Sie Ihre Hoffnung auf Abschaffung der Wertpapier-KESt. ausgedrückt. Die ist aber nicht in Sicht, oder?

Franz Gasselsberger

Ich bin desillusioniert. Der Finanzminister ist dieses Thema angegangen - es ist nichts daraus geworden. Gleiches gilt für Arbeitsmarkt-, Pensionsreform und Lohnnebenkosten.

Das ist wirklich ein Drama. Und ich verstehe es nicht. Die Regierung hat die Menschen mit extrem viel Geld überschüttet, trotzdem sind ihre Umfragewerte schlecht. Ich würde als Bundeskanzler daraus den Schluss ziehen, dass eine ehrliche und sachliche Diskussion über notwendige Reformen der bessere Weg ist. Einige werden dann auch unzufrieden sein. Aber ich glaube, es wären weniger als jetzt.

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Kurz noch zum Thema Personal: Work-Life-Balance steht vor allem bei Jungen hoch im Kurs. Fehlt Leistungsbereitschaft?

Franz Gasselsberger

Tatsache ist, dass die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden sinkt. Im Durchschnitt der letzten Jahre waren es nur noch 32 Stunden pro Woche. Aber schon griechische Philosophen oder der altrömische Tacitus haben geklagt, dass die Jugend immer fauler wird. Darum will ich das nicht überdramatisieren.

Vielmehr geht es darum, im eigenen Unternehmen das unglaubliche Potenzial von Human Ressources zu heben. Für mich ist das heute wichtiger als Verkauf, Risikomanagement oder Regulatorik. Wir investieren sehr viel, vor allem in die Ausbildung der Führungskräfte.

Die Oberbank tut z. B. auch sehr viel, um Teilzeitkräfte zu motivieren, ein paar Stunden in der Woche mehr zu arbeiten. Oder: Wir sagen den Leuten frühzeitig vor ihrer Pensionierung, dass wir sie gerne noch länger halten würden. Für die meisten Menschen ist Arbeit ja nicht die dunkle Seite des Lebens.

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Wie wird Ihre persönliche Work-Life- Balance nach dem 65. Geburtstag im kommenden Jahr aussehen?

Franz Gasselsberger

Da mach ich mir keine Sorgen. Ich bereite mich auf meinen 30. Halbmarathon zum 65. Geburtstag vor. Ich bin Kleinwaldbesitzer und jedes Wochenende ein aktiver Großvater; wir erwarten gerade den sechsten Enkel. Mit meiner Frau gehe ich regelmäßig in die Berge.

Die Bank wird 2024 fröhlich "40 Jahre Unabhängigkeit der Oberbank" feiern. Ich möchte der nachfolgenden Generation diesen Geist der Unabhängigkeit einimpfen. Mein Vertrag läuft noch bis 2027.

Zur Person

FRANZ GASSELSBERGER, geb. 1959 in Ampflwang, OÖ, schloss ein Studium der Rechtswissenschaften und den International Executive MBA ab.

Der Landwirtssohn arbeitet seit Beginn seiner Karriere für die Oberbank, u. a. in leitender Funktion in Salzburg.

1998 wurde Gasselsberger in den Vorstand im Linzer Headquarter berufen und 2005 zum Generaldirektor und Vorstandsvorsitzenden bestellt. Bei Auslaufen seines Vertrages 2027 wird er stolze 22 Jahre an der Spitze der Oberbank-Gruppe gestanden sein.

Das Interview ist aus trend. edition+ vom Dezember 2023.
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