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Sanktionspolitik: Danke für die Untätigkeit!

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Andreas Pollak

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Gastkommentar von Rechtsanwalt Pollak Andreas Pollak: Er kritisiert Österreichs Sanktionspolitik gegen Russland, die ohne Ergebnis geblieben ist. Den Schaden trägt die Raiffeisen Bank International. Und wir alle.

Es wäre zu schön gewesen

Die durch Russland-Sanktionen blockierten Anteile des Oligarchen Oleg Deripaska an der STRABAG sollten in einer Art Asset-Swap gegen das Russlandgeschäft der Raiffeisen Bank International (RBI) eingelöst werden. Eine direkte Transaktion zwischen dem sowohl US- als auch EU-rechtlich sanktionierten Deripaska wäre vermieden worden. Und die RBI hätte sich mit einem blauen Auge, aber ohne Megaschaden aus Russland zurückziehen können. Sie hätte auch als Vorbild für andere Institute, die noch in Russland aktiv sind, dienen können – etwa die Unicredit oder die US-Bank J. P. Morgan. Doch jetzt liegt der Deal in Scherben.

Wie schon im letzten Jahr in einem Gastbeitrag prognostiziert, konnten die zuständigen Stellen, Politiker in Österreich bzw. in der EU, keine adäquate Antwort auf drohende Sanktionen durch die US-Behörde OFAC finden. Offenbar kümmert sich nicht nur niemand um das demokratiepolitische Dilemma, dass die EU als größter Binnenmarkt der Welt für sich allein die Spielregeln für ihre Unternehmen vorgeben sollte. Nein, auch um die Umsetzbarkeit hat sich niemand gekümmert. Aber man kann sich nicht gut aus Russland zurückziehen – und gleichzeitig nicht verkaufen.

Die US-Drohung

Dem Vernehmen nach scheiterte der Deal an der US-Ankündigung vom 6. Mai, dass eine Transaktion mit Deripaska zu einem Ausschluss der RBI vom US-Finanzsystem führen könnte, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Zwei Tage später erklärte die RBI in einer Ad-Hoc-Mitteilung, dass die Transaktion nicht stattfinden werde.

Dabei war die ganze Sache seit Monaten alles andere als ein Geheimnis, sondern der Versuch des Unternehmens, sich sanktionskonform – und damit auch den US-Vorstellungen entsprechend – aus Russland zu verabschieden. Die Androhung aus den USA mutet daher schon ausgesprochen befremdlich an. Was wollen die US-Behörden eigentlich? Welche Lösungsansätze gibt es, wenn man ein Unternehmen weder in Russland halten noch verkaufen soll?

Es läge an den politisch Verantwortlichen in Österreich, das zu klären. Eine Bankengruppe kann Regeln nur dann einhalten, wenn diese klar sind und einander nicht widersprechen.

Gibt die RBI US-Sanktionsdrohungen nach, könnte sie bei uns strafrechtliche Probleme bekommen.

Den Schaden hat nun unsere gesamte Volkswirtschaft. Für die RBI-Lenker bleibt es zusätzlich ein strafrechtliches Paradoxon: weil Handlungen, um drohende schwere Konsequenzen nach US-Recht zu vermeiden, gleichzeitig zu Problematiken nach österreichischem Recht führen könnten.

Eine klassische Zwickmühle. Denn: Welche Verluste dürfen eigentlich beim Abstoßen russischer Assets eingeplant werden, ohne gegen das Aktienrecht zu verstoßen? Unter welchen Bedingungen kann die RBI ihre Tochterbank nun anderwärtig loswerden?

Die straf- und zivilrechtliche Haftungsfragen sind völlig offen. Vor allem, da die Kriegsdauer und damit die Länge der Sanktionen unvorhersehbar sind. Die derzeitige Situation ist wahrlich ein Lose-lose-Szenario.

Im Fadenkreuz

Das österreichische Aktienrecht kennt keine Rechtfertigung aus moralischen Gründen. Mit der sogenannten Business Judgement Rule, wonach das führende Personal eines Unternehmens die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns einzuhalten und die Interessen der Gesellschaft zu wahren haben, wird man hier auch nicht sehr weit kommen.

Was ist schon im Interesse der Gesellschaft? Ist es die Vermeidung der von den USA angekündigten Konsequenzen oder von immensen Verlusten beim Abstoßen der Assets? Man ist schon für deutlich weniger ins Fadenkreuz der heimischen Ermittlungsbehörden geraten.

Letztlich könnte auch das bloße Halten bzw. Verwalten russischer Assets früher oder später zum strafrechtlichen Risiko werden, zusätzlich zum immensen Reputationsschaden, der kapitalmarktorientierte Unternehmen wie die RBI besonders trifft.

Das Europäische Sanktionsregime wird nahezu monatlich komplexer und enthält ein Sammelsurium an Geboten und Umgehungsverboten. Wie diese in einigen Jahren von den Behörden am Ende ausgelegt werden und was alles als Umgehung gelten kann, ist aus heutiger Sicht nicht sicher prognostizierbar. Das widerspricht der Grundlogik der Rechtssicherheit.

Den politisch Verantwortlichen kann man als Österreicher und aus Sicht der Wirtschaft nur sagen: Danke für die Untätigkeit!

Der Gastkommentar ist trend. PREMIUM vom 24. Mai 2024 entnommen.
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