
Das Tiroler Start-up Improic wurde von Lukas Prenner sowie Gert und Lukas Grubwieser (v.l.) gegründet.
©FOTOS: FLORIAN SCHEIBLEAus der Frage nach besserer Implantatpflege entstand in Tirol ein Zahnpasta-Start-up. Mit einer auf Mikrosilber basierenden Nischeninnovation soll nun der Mundhygiene-Markt ordentlich durchgeputzt werden.
von
In den vergangenen Wochen war immer wieder von den neuen Rekordwerten zu lesen, die Gold derzeit erzielt. Doch während das Edelmetall viel Aufmerksamkeit bekommt, lohnt sich ein Blick auf seinen weniger beachteten Verwandten: Silber. Nicht so sehr als Investment, sondern dort, wo es seit Jahren seine Stärken ausspielt, nämlich in der Wundheilung und in der Desinfektion. Besonders Mikrosilber zeigt großes Potenzial. Silberhaltige Wundauflagen senken die Keimbelastung, behandeln lokale Infektionen und verhindern, dass sich Entzündungen im Körper ausbreiten. Auch in Wasserfiltern und Hautcremes ist es längst etabliert. Wo sich Bakterien tummeln, kann Mikrosilber wirksam werden.
Diese Überlegung führte den Tiroler Arzt, Kieferchirurgen und Implantologen Gert Grubwieser zu einer entscheidenden Frage: Warum nicht auch im Mundraum? Seit mehr als 30 Jahren setzt er Implantate und hört nach kostspieligen Eingriffen immer wieder dieselbe Frage: „Wie pflege ich das jetzt am besten?“ Zahnfleischentzündungen gehören zu den häufigsten Komplikationen, und im schlimmsten Fall verliert man das Implantat wieder. Dann war die ganze Prozedur umsonst.“
Forschung
Grubwieser begann daher, nach besseren Antworten zu suchen. Gemeinsam mit einer Forschungsgruppe der Universität Innsbruck arbeitete er einen umfangreichen Fragenkatalog durch. Wie wirksam sind bestehende Zahnpflegeprodukte für Implantatträger? Wie lässt sich ihre Wirkung verbessern? Und was braucht eine Lösung, die sowohl für Implantate als auch für natürliche Zähne geeignet ist? „Es war ein langer Prozess mit viel Vorlaufzeit von der ersten Idee bis zum ersten Laborversuch“, erzählt der Mediziner. Gemeinsam mit Pharmakologen wurden Tausende Wirkstoffe geprüft, bis schließlich Mikrosilber in den Fokus rückte. Das brachte den Durchbruch. Gleichzeitig wurde klar, wie komplex die Entwicklung ist, denn eine Zahnpasta braucht vollständige Zertifizierungen und umfangreiche Prüfungen.
Vor rund drei Jahren war es soweit. Die Zahnpasta Improic war fertig und so vielversprechend, dass ein eigenes Unternehmen gegründet wurde. Grubwieser ist überzeugt, eine starke Marktnische entdeckt zu haben. Laut Global Insights wird sich der weltweite Markt für Zahnimplantate bis 2034 nahezu verdoppeln. Dazu kommt ein demografischer Trend, der ihm zuarbeitet: Die Lebenserwartung steigt, die Belastbarkeit des natürlichen Gebisses aber nicht im gleichen Ausmaß. Ab etwa 50 nagt der Zahn der Zeit am Schmelz.
Aufbauarbeit
Für den Unternehmensaufbau holte Grubwieser seinen Sohn Lukas dazu, der gemeinsam mit Lukas Prenner Geschäftsführung, Vertrieb und Marketing übernimmt. Im Moment noch zu dritt bringt man das Projekt Improic auf Kurs.
Der Start verlief jedenfalls erfolgreich, wie der Junior erzählt. Mit Zahnpasta, Mundgel und Mundspülung sind derzeit drei Produkte am Markt. Aktuell erzielt das Unternehmen einen sechstelligen Umsatz. Vom Kernprodukt Zahnpasta wurden heuer rund 100.000 Stück produziert. Zudem findet man die im Premiumsegment angesiedelten Zahnpflegeprodukte nicht mehr nur in Apotheken und online, sondern ist mittlerweile auch im Sortiment von DM und Bipa gelistet. Wie kommt man da rein? „Wir gelten als Erzeuger eines Kompetenzprodukts. Wer darunter fällt, bedient eine Nische, und dafür gelten andere Anforderungen beim Umsatz“, sagt Lukas Grubwieser und ergänzt: „Parallel sind wir auch mit Rossmann und Müller in Kontakt. Unser Ziel ist es schon, nächstes Jahr am deutschen Markt auch im Regal präsent zu sein.“ Nicht unmöglich, zumal Österreich gerne als Testmarkt für Deutschland gesehen wird und sowohl DM als auch der Rewe Konzern, zu dem Bipa gehört, wichtige Drogerie-Player im Nachbarland sind.
Darüber hinaus will man aber auch dort präsent sein, wo Zähne implantiert werden: in den Praxen der Ärztinnen und Ärzte. Denn eine ärztliche Empfehlung für die mit Mikrosilber versetzen Crèmes, Gels und Mundspülungen ist auf Dauer wohl mehr wert als jede Werbung.
Exit-Träume
Um den Jahreswechsel soll es zudem auch noch eine Finanzierungsrunde mit einer Investorengruppe geben, wie Lukas Grubwieser verrät. „Die handverlesene Gruppe bringt neben dem reinen Geldinvestment auch eine strategische Komponente mit, die perfekt zu unserem Businessmodell passt.“ Ein Businessmodell, das auch vorsieht, die Produktion von Deutschland wieder zurück nach Tirol zu holen und das Unternehmen in der Nische strahlen zu lassen wie ein neues Gebiss, damit die Global Player im Mundhygiene-Markt erkennen, dass sie hier einen Geschäftszweig übersehen haben. Es wäre nicht zum ersten Mal, erinnert sich Gert Grubwieser und bringt die Beispiele Elmex, Meridol und Aronal ins Treffen. Schweizer Nischenzahnpastas, die auch in den härtesten Produkttests als Sieger hervorgingen und vor mehr als 20 Jahren für 841 Millionen Dollar an Colgate verkauft wurden.
„Momentan sind wir aber für eine Akquisition noch zu klein“, bringt Lukas Grubwieser etwaige Exit-Visionen auf den Boden zurück. Aber: „Wir arbeiten mit einer kleinen Schweizer M&A-Boutique zusammen, die uns berät und dabei hilft, strategisch in die richtige Richtung zu wachsen.“ Ob Improic am Ende wirklich zur Mikrosilbermine wird, bleibt abzuwarten, ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht.
Der Artikel ist im trend.KMU vom Dezember 2025 erschienen.
