
Der Nvidia-Boss hat noch einige Asse für den Kampf um die Vorherrschaft bei KI-Chips im Ärmel.
©APA-Images/REUTERS/Lisi NiesnerAlphabet ist wieder zum Alphatier geworden. Neue KI-Chips und Gemini 3 geben der Aktie der Google-Mutter gehörig Power. Doch 2026 startet Nvidia zum Gegenangriff. Die Karten im Technologiesektor werden neu gemischt.
Das Wort AI Bubble beherrschte das Jahresfinale. Trotz Rekordumsätzen von Nvidia fiel der Titel des KI-Giganten Ende November nach Bekanntgabe.
Auftritt Alphabet. Ein Milliardendeal mit Meta über die neuen GoogleTPUs (Tensor Processing Units) bahnt sich an. Die Aktie der Google-Mutter stieg und stieg, zog die Tech-Werte wieder mit nach oben. Bis auf Nvidia. Die Aktie gab weiter nach.
Mit einem Schlag wurde klar, weshalb sogar der Tech-Skeptiker Warren Buffett vor Kurzem groß bei Alphabet eingestiegen ist. Und wohl auch, warum Tech-Investor Peter Thiel, der Palantir und PayPal mitgegründet hat, bereits Mitte November seine gesamten rund 538.000 Nvidia-Aktien verkaufte. Die Vorherrschaft von Nvidia als der Entwickler der schnellsten Chips für KI-Modelle gerät in Gefahr. Bernhard Ruttenstorfer, Fondsmanager des Erste Stock Techno, meint dazu: „Viele große Unternehmen wie Amazon, Microsoft oder Alphabet selbst haben schon lange versucht, von der Abhängigkeit von Nvidia wegzukommen. Da scheint jetzt ein weiterer Schritt gelungen zu sein. Der Wettkampf ist gut für die Märkte.“
Führungswechsel im KI-Wettkampf
Die Karten im KI-lastigen Tech-Sektor werden gerade neu gemischt. Googles Erfolg bei der Entwicklung von KI-Chips brachte nicht nur Nvidia unter Druck. So gilt etwa AMD in dem Bereich als Nummer zwei hinter Nvidia. Trotz der großen Erfolge, die das Unternehmen in einer Zusammenarbeit mit IBM bei schnelleren und effizienteren Trainingsprozessen erzielte, gab die Aktie stark nach. Für den Chip-Entwickler Broadcom hingegen ging es nach oben. Der Grund: Das Unternehmen agiert als primärer Fertigungs- und Designpartner für Googles neue TPU-Chips. Wenn der Deal zwischen Meta und Google zustande kommt, ergeben sich noch größere Vorteile für Broadcom. Und nicht zuletzt hat auch die Aktie des Unternehmens, bei dem alle Chip-Fäden zusammenlaufen, letztendlich von dem Google-Schock profitiert: Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC). Leopold Quell, Leiter des Technologie-Teams bei Raiff eisen Capital Management, meint: „Die Chips von Nvidia und Google werden bei TSMC produziert. Und noch viele mehr. Ich bin extrem bullish auf die Aktie.“
Aber auch im Rennen um die LLM-User bahnt sich ein Wechsel an der Spitze an. Bei den Large Language Models (LLM) hat die Google-Mutter stark aufgeholt. Konnten Gemini 1 und 2 nicht wirklich überzeugen, ist mit Gemini 3 jetzt eine mächtige Konkurrenz für ChatGPT entstanden. Bei Tests schnitt Googles LLM besser ab als das von OpenAI. Gemini 3 übertrifft OpenAIs neuestes GPT-5.1-Modell in wichtigen Benchmarks bei Denkvermögen, Programmierung und multimodalen Aufgaben.
So kann Gemini 3 etwa interaktive Grafiken erstellen, um Antworten auf wissenschaftliche oder mathematische Fragen damit zu illustrieren. Es soll auch besser im Programmieren von Software sein – ein häufiges Anwendungsfeld von KI. Dafür stellte der Konzern ein neues Werkzeug mit dem Namen Antigravity vor. Damit können Softwareentwickler mehrere, weitgehend selbstständig agierende KI-Programme – sogenannte Agenten – zum Schreiben von Software einsetzen und überwachen.
Die Gemini-App kommt nach jüngsten Angaben von Google bereits auf rund 650 Millionen Nutzer monatlich. Tendenz stark steigend. Bei ChatGPT sind es laut OpenAI-Chef Sam Altman mehr als 800 Millionen Nutzer pro Woche. Doch jetzt einer weniger. RCM Technologie-Fondsmanager Quell sagt: „Ich habe ChatGPT mit Gemini 3 verglichen und bin danach zu Google gewechselt.“ Auch Ruttenstorfer sieht das Google LLM-Modell im Vorteil: „Google hat bessere Voraussetzungen, weil es mehr Nutzer hat, die mehr Prompts bringen, und dadurch das Modell stärker weiterentwickelt wird.“
Aufholjagd von Alphabet
Im heurigen Jahr hat Alphabet im Zweikampf mit KI-Gigant Nvidia auch an der Börse die Nase vorn. Die Google-Mutter legte in einem Jahr um 76 Prozent zu, während Nvidia nur ein Plus von 18 Prozent schaffte. Dennoch ist klar, dass man Nvidia-Boss Jensen Huang nicht abschreiben darf. Bei Alphabet liegt zwar jetzt das Momentum, aber Nvidia hat noch viele Asse in der Hand. Die nächste Runde im Wettkampf um die Vorherrschaft bei KI-Technologie wird 2026 eingeläutet. RCM-Technologie-Experte Quell: „Das Ende für Nvidia ist noch lange nicht da.“ Der neue Superchip Rubin mit noch mehr Rechenleistung soll im dritten Quartal des kommenden Jahres auf den Markt kommen. „Und die Rubin-Grafikkarte ist ein gewaltiger Schritt, mit dem die Konkurrenz nicht mithalten kann“, beurteilt Quell Nvidias nächste KI-Innovation.
Das Rennen der Tech-Aktien an den Börsen wird also weitergehen. Und es könnte künftig zumindest ein paar neue Nvidias und vielleicht auch Alphabets mehr geben. Eine Streuung durch Fonds oder ETFs, statt nur einige Einzeltitel zu halten, wird daher für Anleger wichtiger. Die Experten sehen in dem Bereich keine echte Blasenbildung, auch wenn die Bewertungen der KI-Aktien der Entwicklung wieder vorauslaufen werden. Die Unternehmen investieren zwar gigantische Milliardenbeträge in den Aufbau von Rechenzentren. Kritiker fürchten daher die Gefahr, dass sich diese Investitionen nicht rechnen werden. Doch Ruttenstorfer meint: „Wir sehen, dass der Durchsatz von Token in der KI-Verarbeitung massiv steigt. Stärker als die Kapazitäten, die in den kommenden Jahren an Rechenleistung in Data Centers geschaffen werden. Eine echte Blase fürchte ich daher nicht.“
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 5. Dezember 2025 erschienen.
