
Der steirische Winzer JOHANNES RAUCH macht nicht nur Wein, sondern auch Zigarren mit Tabak aus eigenem Anbau. Das ist zwar mühsam, aber auch ein Alleinstellungsmerkmal. Besuch bei einem Mann, der Karibikflair in die Südsteiermark bringt.
Johannes Rauch heißt zwar wie der ehemalige Gesundheitsminister, macht allerdings Dinge, die einem Gesundheitsminister nicht unbedingt gefallen: preisgekrönten Wein und Schnaps nämlich, vor allem aber Zigarren. Der 39-Jährige hat 2010 damit begonnen, Tabakpflanzen auf seinem Hof im südsteirischen St. Peter am Ottersbach zu kultivieren, wie es anno dazumal schon sein Großvater tat.
Denn bis in die 1990er-Jahre spielte der Tabakanbau eine wichtige Rolle in der südsteirischen Landwirtschaft. Das Klima war hier ideal, und Austria Tabak betrieb in Fürstenfeld eine Fabrik. „Mit relativ geringer Anbaufläche konnten lukrative Erträge erzielt werden. Das änderte sich dann mit der Privatisierung und dem Verkauf der Austria Tabak“, so Rauch.
In der ehemaligen Tabakfabrik in Fürstenfeld ist heute ein Gesundheitszentrum untergebracht und Rauch mittlerweile österreichweit der einzige Produzent von Zigarren aus heimischem Tabak. Er ist ein Monopolist, könnte man jetzt witzeln. Dazu muss man allerdings sagen, dass die Zigarrenproduktion eine mühsame Angelegenheit ist.
Die rund 200 Kilo Tabak, die man auf 0,4 Hektar erntet, werden ausschließlich in Handarbeit weiterverarbeitet. Egal, ob man die Tabakpflanzen hochzieht, im Mai dann in die Felder setzt, die abgeernteten Blätter in der Tabakscheune zum Trocknen aufhängt, diese später in die Wärmekammer bringt, fermentiert und am Ende schließlich zu Zigarren rollt. Und dann müssen die fertigen Zigarren noch ein Jahr reifen, bevor sie in den Handel kommen. Außer Rauch tut sich das daher auch niemand an.
Aber Rauch macht das gerne und zeigt im Verkostungsraum seines Hofs, wie er seine Zigarren – er hat sie Ostarrichi genannt – zusammenbaut. Flink bündelt er dafür ganze Tabakblätter zu einem kleinen Stapel. Das ist die Einlage. Bei ihm ist das eine Mischung aus den Tabaksorten Havanna und Korso, einer traditionellen, altösterreichischen Sorte übrigens. Über dieses aromatische Blattbündel wickelt Rauch dann ebenso geschickt Um- und Deckblatt, bevor er mit einer Art Kleister aus Zucker das Mundstück anklebt. Schon ist die steirische Longfiller-Zigarre fertig. Zehn Minuten braucht es, um so eine Zigarre zu rollen.
„Vorsichtig geschätzt stecken insgesamt wahrscheinlich 20 Minuten Arbeit darin“, meint Rauch. Hilfe bekommt er dabei von seiner Mutter und zwei Tanten. 5.000 Ostarrichi-Zigarren entstehen so pro Jahr. Sie sind ehrliche 16 Zentimeter lang und werden in Glasrohren für 43 Euro pro Stück in ausgewählten Trafiken verkauft. „Ein Drittel vom Verkaufspreis geht an die Trafik, ein Drittel bekommt Vater Staat, und ein Drittel bleibt uns.“ Unterm Strich ein Nullsummenspiel, denn das Erwirtschaftete geht gleich wieder in die Produktion.
Ostarrichi-Zigarre
Steirische Karibik.
Johannes Rauch hat sich sein Zigarren-Know-how in langwierigen Learning-by-Doing-Prozessen angeeignet. „Über Anbau, Ernte und Trocknen der Pflanze wussten wir gut Bescheid, da gab es altes Wissen und Erfahrungen in der Familie“, so der Genussmensch. Aber wie alles zu Rauchwaren veredelt wird, konnte niemand sagen.
„Das geschah einst ausschließlich in den Tabakfabriken, und dort wurde tunlichst darauf geachtet, dass geheim bleibt, wie der Rauch entsteht“, erklärt Rauch. Es brauchte jahrelange Kleinversuche und Experimente, seitenweise Fachliteratur und unzählige YouTube-Videos, bis man einzelne Verarbeitungsprozesse endlich in den Griff bekam.
Viel Input brachte auch eine dreiwöchige „Studienreise“ ins Zigarrenmekka Kuba. „Der Trip wurde genau zum richtigen Zeitpunkt unternommen. Ich verstand schon einiges von der Zigarrenmaterie und konnte mir dort hilfreiche Tipps und Tricks holen“, schwärmt er noch heute von den Einflüssen, die er aus der Karibik in die Steiermark mitgenommen hat.
Letztlich dauerte es trotzdem sechs Jahre, bis auf dem Weinhof Rauch die erste größere Menge an Zigarren produziert werden konnte, und dann noch einmal zwei Jahre, bis diese Ernte – es waren 1.000 Zigarren – ihr Debüt in den Trafiken feierte. Das war 2018. Seitdem hat man zehn Gesundheitsministerinnen und -minister erlebt, die Produktion gesteigert und auch die Angebotspalette erweitert. Neben Pfeifentabak hat Johannes Rauch mittlerweile auch Zigarillos und seit April dieses Jahres Filter-Zigarillos mit Tabak aus Österreich und der Karibik im Sortiment. „Die werden mit unserem Tabak, aber in Ungarn maschinell erzeugt, sonst wären sie zu teuer im Verkauf.“
Bleibt noch zu fragen, was Rauch, der prämierte Weinmacher – viermal war er Jungwinzer des Jahres –, als Begleitung für seine Zigarren empfiehlt. „Ich trinke gerne einen kräftigen Weißwein dazu, der im Holzfass gereift ist – wie unseren Sauvignon Ried Oberberg“, erzählt er und empfiehlt aber auch andere Spirituosen aus dem Holzfass: Whisky, Rum, Zwetschke. Geht auch etwas Antialkoholisches? „Das hat, ehrlich gesagt, noch nie wer gefragt.“