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Gastkommentar: Wahres Engagement beginnt im Kopf

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Gute Führung ist entscheidend für ein motiviertes und engagiertes Team, das sich mit dem Unternehmen identifiziert.

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Die Wirtschaft klagt über schwindenden Einsatz der Mitarbeitenden. Der Hauptgrund dafür liegt aber bei der Führung, wie aktuelle Studien dramatisch zeigen, wie Franz Heimel von Ward Howell in seinem Gastkommentar analysiert.

Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten geht seit Jahren zurück. Im ersten Quartal 2025 arbeiteten rund 3,036 Millionen Personen in Österreich in Vollzeit – das entspricht etwa zwei Dritteln der 4,5 Millionen Erwerbstätigen. Besonders deutlich zeigt sich der Wandel bei Frauen: Die Teilzeitquote ist seit 2000 von 41 auf 51 Prozent gestiegen. Die Produktivität stagniert, die Belastung nimmt zu, und persönliche Identifikation mit der eigenen Arbeit wird seltener. Entwicklungen, die ganz klar auf ein systemisches Motivationsdefizit hinweisen. Immer mehr Mitarbeitende machen nur noch „Dienst nach Vorschrift“, weil die emotionale Verbindung zum Unternehmen und zur eigenen Arbeit fehlt. Viele fragen sich, ob ihr Einsatz zählt – und ob er überhaupt gesehen wird.

Dramatisch zeigt sich dies im aktuellen Engagement-Index von Gallup: Erstmals in der Geschichte rutschte die Zahl derer, die sich „hoch ans Unternehmen gebunden“ fühlen, in den einstelligen Bereich auf neun Prozent. Besonders beunruhigend: Auch Führungskräfte zeigen sinkende Motivation und steigende innere Distanz.

Unklare Ziele und Erwartungen

Laut Gallup-CEO John Clifton liegt ein zentrales Problem in der mangelnden Zielklarheit. Rund die Hälfte der Mitarbeitenden weltweit wissen nicht, was konkret von ihnen erwartet wird. Bei dieser Größenordnung handelt es sich nicht mehr um das Versagen einzelner, sie ist vielmehr Ausdruck eines systemischen Führungsdefizits. Orientierung, Sinn und Entwicklung werden vielerorts nicht vermittelt, sondern vorausgesetzt.

In einem Klima der Unsicherheit, des internen Wettbewerbs oder ständiger Reorganisation wird Führung häufig zu einem Versteckspiel. Meetings dienen dazu, Verantwortung zu verteilen, statt sie zu übernehmen. Entscheidungen werden verschoben, Erwartungen nicht klar benannt. Die ausführenden Stellen werden zu Überbringern von schlechten Nachrichten und dafür zur Verantwortung gezogen.

Viele Organisationen haben sich in den letzten Jahren flexibler, agiler, hybrider aufgestellt. Begleitende Maßnahmen zur Verbesserung der Führungsqualität blieben dabei jedoch auf der Strecke. Vielfach fehlt es an sinnhaften Zielen und deren klarer Kommunikation. Der Generation Z wird gemeinhin gerne mangelnde Leistungsbereitschaft unterstellt. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Diese Generation ist durchaus bereit, sich zu engagieren. Allerdings nicht zu Bedingungen, die sie als widersprüchlich oder gesundheitsschädlich erachtet. Viele haben miterlebt, wie ihre Eltern sich für ihre Jobs aufgeopfert haben – oft ohne Anerkennung oder nachhaltige Sicherheit.

Gute Führung schafft Motivation

Dort, wo junge Menschen Gestaltungsspielräume haben – etwa in der Kunst und Kreativwirtschaft, in NGOs oder Start-ups – zeigen sie oft ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Einsatz. Selbstverwirklichung ist dabei kein Luxus, sondern der Motor für Engagement. Und dieser Motor funktioniert dort, wo Sinn erfahrbar ist.

Es geht also nicht um eine „Generationenfrage“. Es geht um Führung. Denn auch ältere Mitarbeitende verlieren Motivation, wenn sie sich nur noch als austauschbares Rädchen im System erleben. Engagement entsteht nicht durch Boni oder aufwendige Mitarbeiterevents, sondern durch Resonanz: das Gefühl, gehört, gesehen und gebraucht zu werden.

Das bestätigen auch neurowissenschaftliche Erkenntnisse: Gute Führung ist nicht „nice to have“, sie hinterlässt Spuren im Gehirn. Eine aktuelle Studie der Universität Graz zeigt, dass allein die Vorstellung einer inspirierenden, unterstützenden Führungskraft messbare Aktivierungen im Belohnungssystem des Gehirns auslöst, insbesondere in Putamen und Thalamus, also dort, wo Motivation und Handlungsbereitschaft entstehen. Je glaubwürdiger und entwicklungsorientierter eine Führungskraft erlebt wird, desto stärker die neuronale Reaktion. Engagement beginnt also buchstäblich im Kopf, und gute Führung wirkt tiefgehender, als man glaubt.

Führung ist keine reine Frage von Talent oder Erfahrung. Sie muss als Kompetenz erkannt und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Wer führt, muss Verantwortung übernehmen – für Zielklarheit, Kommunikation und Zusammenarbeit in der Umsetzung. Und nicht zuletzt auch für die eigene, nachhaltige Wirkung nach innen und außen.

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