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Unternehmerisches Handeln mit Verantwortung: Wie wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftlicher Impact zusammengehen

IN KOOPERATION MIT WU Executive Academy
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Von societal impact bis zu responsible leadership: Reinhard Millner von der WU Executive Academy und “EY Social Entrepreneur of the Year” Hinnerk Hansen (Impact Hub) sprechen im Interview über die soziale Verantwortung von Unternehmen und neue Herausforderungen für Führungskräfte – und erklären, warum Geldverdienen und positive gesellschaftliche Wirkung kein Widerspruch sind.

Was versteht man unter dem Begriff societal impact?

Reinhard Millner: Unter societal impact sehen wir die gesellschaftlichen Auswirkungen eines bestimmten Handelns, zum Beispiel einer sozialen Intervention, unternehmerischem Handeln, wirtschaftlicher Aktivität und Ähnlichem. Darunter fallen in aller Regel Wirkungen in sozialer Dimension oder in ökologischer Dimension. Im Kontext von sozialem Unternehmertum, Sozialunternehmen oder sozialen Innovationen geht es meist um die Frage: Welche positiven gesellschaftlichen Wirkungen entfalten ein bestimmtes unternehmerisches Handeln oder eine bestimmte Innovation in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen?

Wie kann es funktionieren, Geld zu verdienen und gleichzeitig positive gesellschaftliche Effekte zu erzielen? Viele denken, diese zwei Punkte würden sich gegenseitig ausschließen.

Reinhard Millner: Das geht, aber als Organisation kann ich gesellschaftlich nur dauerhaft wirken, wenn ich auch betriebswirtschaftlich nachhaltig bin. Spannend ist dabei die Frage, welche Zielkonflikte es zwischen Geldverdienen und positiver gesellschaftlicher Wirkung gibt. Solche Trade-offs ergeben sich regelmäßig im sozialunternehmerischen Handeln. Die Frage ist hier, ob und wie gut ich in der Lage bin, diese zu erfassen und zu managen.

Hinnerk Hansen: Im Kern von Unternehmertum geht es darum, ein Problem zu lösen und dafür ein nachhaltig umsetzbares Modell zu entwickeln. Es ist also wichtig, sich die Frage zu stellen: Was löse ich? Wo trage ich bei? Um sicherzustellen, dass man in diesem Bereich nachhaltig Wirkung hat, gehört es auch, ein finanzielles Modell herzustellen und Erträge und Umsätze so zu erwirtschaften, dass sich das Problem langfristig adressieren lässt. Um soziale oder ökologische Herausforderungen zu adressieren braucht es oft auch Innovationen in Geschäftsmodellen, und Externalitäten müssen berücksichtigt werden.

Geld zu verdienen ist also eher ein „Nebeneffekt“, eine Voraussetzung, die erfüllt werden muss, damit das Konzept funktionieren kann?

Hinnerk Hansen: Ich glaube, es ist schon eine relevante Anforderung. Man muss auch zugestehen: Leute, die relevante Probleme lösen und noch dazu ein massives Risiko tragen, haben ein Anrecht auf marktgerechte Entlohnung. Es gibt ein schiefes Bild: Wenn Produkte Menschen nicht verbessern oder sogar abhängig machen, wird gejubelt und es dürfen Millionen oder Milliarden verdient werden. Wenn jemand hingegen viele Menschen aus Armut befreit, soll diese Person am besten selbst in prekären Verhältnissen leben und keine Rente aufbauen. Das sind falsche Vorstellungen.

Gibt es Zahlen dazu, inwiefern der societal impact für Unternehmensgründer:innen eine Rolle spielt?

Reinhard Millner: Im Austrian Startup Monitor zeigt sich dazu beispielsweise, dass die Gründungsintention bei mittlerweile mehr als 50 Prozent der Start-Up Gründungen eine soziale und/oder ökologische ist: Man will mit dem jeweiligen Lösungsansatz auch in diesem Bereich positive Wirkungen erzeugen. Dass diese Intention am Weg verloren gehen kann, ist eine andere Frage, aber das ist die Evidenz, die wir aus dem Startup Monitor bekommen. Noch viel mehr sehen wir den Anspruch positiv gesellschaftlich wirken zu wollen in unseren eigenen Erhebungen, wie dem Austrian Social Enterprise Monitor, also bei Sozialunternehmen, die sich grundsätzlich und auf Dauer einer gesellschaftlichen Mission verschrieben haben.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Punkt der Externalitäten. Unternehmen waren historisch nicht besonders gut darin, negative Auswirkungen auf die Gesellschaft zu internalisieren. Die Kosten negativer side effects wurden der Gesellschaft übertragen. Gründer:innen im Sozialunternehmensbereich und zunehmend auch im Startup-Bereich denken diesen Punkt stärker mit.

Welche Möglichkeiten gibt es für Unternehmen, die gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Handelns zu messen und in Zahlen zu fassen?

Reinhard Millner: Im Bereich sozialer Innovationen kann man den üblichen sozialwissenschaftlichen Methodenkanon verwenden: Befragungen, Beobachtungen, Experimente, bis hin zum Goldstandard, randomized controlled trials, also die Arbeit mit Kontrollgruppen. Damit kann überprüft werden, ob eine Intervention, Maßnahme oder Dienstleistung im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen einen Unterschied macht. Auf der ökologischen Seite ist es zum Beispiel oft der CO2-Preis, der herangezogen wird und hilft, die Auswirkungen letztlich auch zu bewerten.

Was bedeutet responsible leadership in diesem Kontext?

Reinhard Millner: Darüber könnte man, wie so oft, eine Definitionsdebatte führen. So wie ich es verstehe, geht es bei responsible leadership darum, eine gewisse Fähigkeit zu haben oder zu erwerben und dann auch zu nutzen: nämlich mit einer multidimensionalen Zielfunktion umzugehen. Wenn die klassische Zielfunktion eines Unternehmens der Gewinn ist, dann geht es vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Herausforderungen darum, Entscheidungen multidimensionaler zu fundieren und entsprechend zu agieren – also nicht nur Gewinn oder Gewinnmaximierung zu berücksichtigen, sondern auch soziale und gesellschaftliche Dimensionen des unternehmerischen Handelns.

Hinnerk Hansen: Ein weiterer Aspekt ist: Wenn es um öffentliche Güter geht, ist das Zusammenspiel  von öffentlichem Sektor, Politik und Verwaltung sowie Unternehmertum wichtig. Es geht nicht nur darum, Geschäftsmodelle zu entwickeln, sondern darum, in Partnerschaften und Allianzen zu wachsen. Welche Rolle habe ich beim Lösen dieser Probleme? Wie bin ich eine gute Partnerin für andere Akteure? Viele gesellschaftliche Probleme lassen sich ohne öffentliche Hand nicht wirkungsvoll adressieren. Es wäre aber auch vermessen zu behaupten, sie ließen sich ohne Industrie oder Großunternehmen lösen. Insbesondere wenn man skalieren und im Großen wirken möchte, braucht es die Fähigkeit, diese Ebenen zusammenzubringen. Dies ist für mich eine wichtige Fähigkeit von responsible leadership - im öffentlichen Sektor genauso wie in der Privatwirtschaft.

Kann man responsible leadership lernen?

Hinnerk Hansen: Ich sehe das aus zwei Richtungen. Erstens kann man durchaus einiges aus dem Sozialunternehmertum lernen: die Mischung aus Bewusstsein für Themen und einem unternehmerischen, kreativen, innovativen Herangehen an Lösungen. Man darf den gestalterischen Anspruch nicht unterschätzen: Gerade in etablierten großen Strukturen ist dies ein großer Hebel, wenn man Veränderung voranbringen will.

Zweitens braucht es ein aktives Verständnis verschiedener Ziele, Erwartungen und Ansprüche: Shareholder-Ansatz und Renditeerwartung, aber genauso Corporate Citizenship und Compliance. Statt „ich halte mich an Regeln“ gilt eher „ich versuche, das Bestmögliche aus meinem Unternehmen heraus zu machen“. ESG-Aspekte sind dann z.B. kein Reportingkorsett, sondern Impulse für Innovationen. Man unterschätzt manchmal, wie viel Verantwortungsbewusstsein und Gestaltungskraft man aus einer Führungsposition über Unternehmen oder Organisation in die Gesellschaft bringen kann.

Reinhard Millner: Man kann jedenfalls ein fundiertes Problemverständnis entwickeln, also zunächst erkennen, dass es eben multidimensionale Zielsysteme sowie jeweils zahlreiche Stakeholder für eine gesellschaftliche Herausforderung gibt, und sich hierfür einen Kanon an entsprechenden Tools und Methoden erarbeiten. Neben der Berücksichtigung externer Anspruchsgruppen hat aber Responsible Leadership auch damit zu tun, zum Beispiel in großen Unternehmen organisationsintern Dinge zu verändern – denn viele Probleme hängen dort mit rigiden Strukturen zusammen, die Führungskräfte binden.

Wo können sich Führungskräfte diesbezüglich weiterbilden?

Reinhard Millner:
Eine Möglichkeit ist das Master-Programm zu Social Innovation und Management an der WU Executive Academy, wo wir viele dieser impact-bezogenen Themen und Ansätze behandeln und intensiv diskutieren  – von Leadership zu Organizational Behaviour über Finanzierung und Impact Investing bis hin zur Rolle gesellschaftlicher Innovationen und Formen des Social Entrepreneurship. 

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