Bitpanda CEO Eric Demuth
©beigestelltDer Co-Gründer von Bitpanda ERIC DEMUTH über den Bitcoin-Aufschwung, Betrugsvorwürfe gegen Kryptobörsen und das wachsende Interesse von Banken und großen Fondsgesellschaften an neuen Krypto-Anlageprodukten.
Worauf führen Sie den jüngsten Anstieg von Bitcoin zurück?
Ich sehe das als einen leichten Höhenflug, der viel mit der Marktstimmung und der Regulatorik zu tun hat. In Europa haben wir zum Beispiel durch die Markets in Crypto- Assets Regulation (MiCAR) der EU einen komplett geklärten Rahmen. In den USA werden wir spätestens nach den nächsten Wahlen auch Klarheit in der Regulatorik haben.
Das schafft natürlich Vertrauen. Und die klassischen Banken und Finanzinstitute entdecken immer mehr die Bitcoin-Industrie. Eben weil der regulatorische Rahmen da ist.
Man sieht, Bitcoin wird erwachsen. Alle Banken haben mittlerweile ein Projektteam, um zu analysieren, was sie im Krypto-Asset-Bereich machen können. Dazu kommt noch, dass alle davon ausgehen, dass in den nächsten Wochen der erste Bitcoin-Spot-ETF auf den Markt kommen wird. (Anmerkung: Am 11. Jänner 2024 hat die US-Börsenaufsicht SEC grünes Licht für den ersten börsengehandelten Bitcoin-Fonds gegeben. Das Interview wurde davor geführt.) BlackRock bereitet außerdem einen Ethereum-ETF vor.
Welche Auswirkungen hat das anstehende nächste Halving, also die Verknappung von Bitcoin, auf den Kursanstieg?
Man betrachtet diese Situation historisch und meint, so etwas muss immer zu Kursanstiegen führen. Muss es aber nicht. Der Bitcoin-Zyklus ist jedes Mal anders. Sonst wäre er ja vorhersehbar. Der aktuelle Anstieg hat nicht solche kurzfristigen Ursachen, es steht eine langfristige Entwicklung dahinter. Natürlich spielt das Halving eine Rolle, aber der Hauptgrund liegt darin, dass die ganze Industrie erwachsen geworden ist und jetzt von der Finanzindustrie erschlossen wird.
Aber es gibt immer noch eine Menge Glücksritter im Krypto-Markt...
Ja, aber alle diese Leute, die hier nicht hingehören, werden rausgespült. Der Markt konsolidiert sich, wird bereinigt. Die ganzen Trittbrettfahrer fallen ab. Jeder, der meint, er kann hier krumme Dinge drehen, wird abgestraft. Es findet eine große Marktbereinigung statt. Und jene, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, bleiben übrig. Der Markt wird erwachsener, und das bedeutet frisches Geld.
Allerdings sieht sich sogar die weltgrößte Kryptobörse, Binance, mit Klagen wegen des Handels mit nicht zugelassenen Krypto-Derivaten konfrontiert.
Binance ist natürlich ein sehr großer Player. Aber mittlerweile haben die Menschen verstanden, dass derartige Situationen kein Problem von Bitcoin selber sind, sondern ein Problem eines einzelnen, privaten Unternehmens, eben einer Börse. Vielen ist klar, dass es nicht am Bitcoin- System liegt.
Insbesondere professionelle Investoren sehen, dass einzelne Akteure Probleme haben und nicht der Krypto-Asset-Markt.
Das heißt, es liegt konkret an Binance, dass der Handel von hochriskanten, aber nicht registrierten Derivaten, die hohe Gewinne versprechen, ermöglicht wurde?
Wenn Leute hohe Zinsen oder Renditen versprochen bekommen, werden sie oft gierig. Dann wird das Gehirn ausgeschaltet, man blickt nur auf den schnellen, kurzfristigen Gewinn und vergisst, dass es auch einen Totalverlust geben kann.
Das liegt auch daran, dass es in der Schule keine Finanzbildung gibt. Daran trägt nicht die Krypto-Industrie Schuld, das ist ein generelles Problem unserer Gesellschaft.
Ist Europa in der Regulatorik der Krypto-Märkte viel weiter als die USA?
Komischerweise ja. Das liegt aber an den Auswirkungen der FTX-Pleite. Auch in Europa hat es lange gedauert, bis die neuen Regelungen erlassen worden sind. Davor hatte jedes Land seine eigenen Bestimmungen. Und man hat sich alles bieten lassen. Dubiose Anbieter kamen von außen und haben um Millionen Euro Werbung gemacht, haben Tausende Kunden geholt, und niemand hat sich zuständig gefühlt.
Ist das jetzt für europäische Bitcoin-Börsen ein Vorteil, wenn es hier eine bessere Regulatorik gibt als am amerikanischen Markt?
Nicht unbedingt. Die MiCAR- Bestimmungen haben nur Auswirkungen auf das Geschäft in Europa. Wenn ich hier ansässig bin und Kunden aus Brasilien ansprechen möchte, bringt mir die europäische Regulatorik gar nichts. Die Finanzmärkte werden immer regional bleiben.
An wen richtet sich dann Bitpanda-Börse One Trading?
Die ist ausgelagert worden und wird sich an institutionelle Kunden wenden. Aber mit einem starken Europa- Fokus.
Und Bitpanda selbst?
Unser Fokus ist der Endkundenbereich im deutschsprachigen Raum, wo wir sehr stark sind und viele Eigenhandelslizenzen haben. Vor allem in Deutschland. Dort werden jetzt kaum mehr Lizenzen vergeben.
Und dann haben wir Bitpanda Technology Solutions entwickelt, unsere White- Label-Lösung für den Handel mit Krypto- und anderen digitalen Assets. Hier arbeiten wir u. a. mit der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien zusammen. Mit N26, mit Lydia in Frankreich und vielen weiteren haben wir zudem ebenfalls Kooperationen. Weitere Banken werden noch kommen.
Das ist auch ein Grund, weshalb der Markt und der Kurs von Bitcoin langsam, aber stetig wachsen werden. Auch spannend: Mit Bitpanda Business verzeichnen wir immer mehr Geschäftskunden, dieses Angebot wird in 2024 noch verstärkt.
Wie weit wird denn der Höhenflug gehen, sagen wir, 2024?
Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit, dass wir 2024 bei Bitcoin ein neues All-Time-High sehen, liegt über 51 Prozent. Aber es kann natürlich auch anders kommen.
Wird sich eine mögliche Zinssenkung im Jahr 2024 auch positiv auf ein riskanteres Asset, wie es Bitcoin zweifellos ist, auswirken?
Ja. Denn wir haben zuvor ja das Gegenteil gesehen. Wenn es in zu kurzer Zeit zu viele Zinserhöhungen gibt, gehen Investoren immer zuerst aus den volatilsten und risikoreichsten Anlageklassen raus. Das haben wir bei Krypto und fast noch stärker bei Technologieaktien gesehen. Der Nasdaq 100 ist ja deutlich mehr geschwankt als ein gutes Kryptoportfolio.
Die Stimmung unter Kryptoanlegern ist in Österreich erstaunlich positiv. Sind die Österreicher so risikofreudig?
In Österreich gibt es mehr als 400.000 Bitpanda-Accounts, das ist sehr viel. Es gab bei uns noch nie einen Monat, in dem der Abfluss größer war als der Neuzugang. Der Net Inflow war bei uns immer positiv. Wir hatten nie Skandale, und ich traue mich zu sagen, dass wir auch einen Teil zu dieser positiven Stimmung beigetragen haben.
Wie ist die Stimmung in den USA, wo gerade das Betrugsverfahren gegen den FTX-Gründer Sam Bankman-Fried läuft?
Ich komme gerade aus den USA. Und die Stimmung bei den Investoren ist nun wieder gut. Alle Investoren, mit denen ich in New York Gespräche geführt habe, sind der Meinung, dass man jetzt den Tiefpunkt gesehen hat - und es wieder nach oben gehen wird.
Das Interview ist ursprünglich in der trend. PREMIUM Ausgabe vom 24.11.2023 erschienen
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