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Ken Fischer: America last

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Kommentar: Investmentberate Ken Fischer über Trumps-Zollwahn, der die USA im MSCI-All-Country-World-Index vom ersten auf den 41. Platz abrutschen ließ.

In meiner letzten Kolumne ging ich auf die logisch nicht erklärbaren Zölle von Donald Trump ein. Die sich seither weiterhin überstürzenden Nachrichten sorgten für weitere Unsicherheit. Aktien hassen das – immer! Unsicherheit hemmt Unternehmen, bremst Investitionen und Wirtschaftswachstum; darunter leiden vor allem die USA. Ich erkläre Ihnen, wie Sie trotzdem profitieren. Das Urteil vom 28. Mai, das die meisten Trump-Zölle ablehnt, und die vorübergehende Aussetzung dieses Urteils am 29. Mai sind weitere Beispiele für dieses Hin-und-her. Nun kündigte Trump Zölle von 30 Prozent auf Importe aus der Europäischen Union an, die ab August gelten sollen.

Börsen verkünden stets die ultimative Wahrheit bei großen relativen Länder- und Sektorverschiebungen. Bis zum 29. Mai sind Nicht-US-Aktien in diesem Jahr um 5,8 Prozent gestiegen. Der ATX boomt sogar mit 25,1 Prozent mehr als doppelt so stark wie die 9,9 Prozent in Europa. China steigt um 4,2 Prozent. Aber US-Aktien? Abwärts um 7,9 Prozent. Von den 47 im MSCI-All-Country-World-Index vertretenen Ländern liegen die USA 2025 auf Platz 41 – und rutschen damit von vom ersten Platz ab, den sie 2023 und 2024 innehatten.

Warum? Durch das Lavieren von Trump sind die Fonds aus Amerika geflohen. Zölle schaden immer demjenigen am meisten, der sie verhängt. Börsen wissen, dass Bemühungen, Handelsdefizite zu reduzieren, töricht sind. Ein Handelsdefizit ist ein Kapitalbilanzüberschuss – ausländische Investitionen in den USA. Amerikas Rückstand zeigt, Bemühungen, dies rückgängig zu machen, sind schlecht.

Manche sagen, Trump ginge es nicht um Zölle, sondern um Deals. Vielleicht! Es gab bisher aber nur zwei: mit Großbritannien und China. Beide gut gefüllt mit Worthülsen, jederzeit wieder kündbare Deals, die dazu führen, dass die Zölle nun viel höher sind als 2024.

Zudem ändert sich das Gerede von Trump ständig. Fast täglich gibt es ähnlich wildes Schwanken, das die Unsicherheit noch erhöht.

Zölle schaden stets dem am meisten, der sie verhängt.

KEN FISHERInvestmentberater der USA und Autor

Die Ablehnung von Trumps „Notzöllen“ durch das US-Handelsgericht ist ein Pluspunkt, beseitigt aber nicht die Unsicherheit. Entgegen der Hoffnung von Andritz-CEO Joachim Schönbeck wird es so schnell keine Klarheit geben. Wie Trump-Berater Kevin Hassett am 29. Mai sagte, ist er sicher, dass das Urteil der „aktivistischen Richter“ die Berufung nicht übersteht. Der Begriff „aktivistisch“ ist albern, denn die drei Richter, die einstimmig entschieden haben, waren von Trump und dem ehemaligen republikanischen Präsidenten Ronald Reagan ernannt worden und waren der von der Regierung gewählte Gerichtsstand.

Hassett behauptete, Trump könnte Zölle mit Hilfe anderer Befugnisse durchsetzen, was er aber jetzt nicht tut, weil die Zölle bis zur Berufung in Kraft sind. Nun, vielleicht.

Vielleicht kippt das Berufungsgericht aber auch diese Zölle. Vielleicht verzichtet Trump auf weitere Abgaben und zieht sich still und leise von einer Politik zurück, die die US-Wähler im Verhältnis zwei zu eins ablehnen, während seine Republikaner ängstlich auf die Kongresswahlen 2026 blicken. Aber vielleicht hört er auch nicht auf die Wähler. Niemand, selbst Trump nicht, weiß, was wirklich passieren wird.

Aber selbst wenn es zu allen Zöllen kommt, wird der Schmerz weniger groß sein als befürchtet. Unternehmen können die personell unterbesetzte US-Zoll- und Grenzschutzbehörde auf legale Weise umgehen. Dies geschieht durch „Tarifsplitting“ (Verringerung des Warenwerts mit buchhalterischen Tools), durch die Lagerung von Importen in Zolllagern oder – außerhalb Chinas – durch den Versand von Waren im Wert von unter 800 Dollar (709 Euro). Gleichzeitig steigt der Zollbetrug in vielerlei Hinsicht an.

Die Exporte Chinas wuchsen im April um acht Prozent, obwohl die Lieferungen in die USA um 21 Prozent zurückgingen. Die Differenz lieferte Südostasien als Weiterversender in die USA – zum Beispiel durch Länder wie Singapur mit einem Anstieg von 113 Prozent im Jahresvergleich! Daher lagen die Zölle im April 75 Prozent unter den vorherigen Schätzungen des Weißen Hauses. Das wird so bleiben.

Wenn die Zölle geringer ausfallen als befürchtet, ist das eine große, positive Überraschung – wie auch immer, wir werden es sehen. Der dichte Nebel der Unsicherheit, der Amerika umgibt, wird sich so schnell nicht lichten, wovon Nicht-US-Aktien im Jahr 2025 profitieren.

Der Artikel ist aus der trend.EDITION vom 27. Juni 2025 entnommen.

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