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Diese 7 Änderungen gelten seit der Erbrechtsreform

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Befangene Personen kommen als Testamtentszeuge seit der Erbrechtsreform nicht mehr in Frage.

©Elke Mayr
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Die große Erbrechtsreform brachte Änderungen für Lebensgefährten, geschiedene Partner, brachte ein Pflegevermächtnis und neue Gründe jemanden zu enterben und strengere Regeln für Testamtentszeugen.

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Wann wurde das Erbrecht reformiert?

Erben zählt zu den wichtigsten Quellen, um an Vermögen zu gelangen. Noch nie wurde so viel an die nächste Generation vererbt wie heute. Laut Daten der Bank Austria werden in Österreich jährlich im schnitt zehn Milliarden Euro an Immobilienvermögen vererbt. Beim Vererben von Geldvermögen sind es ebenfalls Summen in zweistelliger Millionenhöhe.

Um das Erben so gerecht wie möglich zu machen, hat der Gesetzgeber das Erbrecht reformiert. Diese sind im Erbrechtsänderungsgesetz enthalten, das seit dem Jahr 2017 in Kraft ist.

Die wichtigsten Änderung im Erbrecht im Überblick

1. Neue, strengere Regeln für das Verfassen eines Testaments

Die Formen des Testaments sind im Wesentlichen zwar gleich geblieben.

  • So gibt es ein eigenhändiges Testament,

  • ein fremdhändiges und

  • ein öffentliches, erstellt von einem Notar.

Allerdings sind seit der Erbrechtsreform 2017 zusätzliche Formvorschriften Pflicht. So wurde der Kreis jener Personen ausgeweitet, die aufgrund möglicher Befangenheit als Testamentszeugen nicht mehr infrage kommen.

Ein Testament, das am Computer verfasst wird, wird seit dem Jahr 2017 erstmals als letztwillige Verfügung akzeptiert - vorausgesetzt drei gleichzeitig anwesende Zeugen unterschreiben und bekräftigen, dass es sich bei der Erklärung um den letzten Willen handelt.

Es ist zu empfehlen das Testament entweder im Zentralen Testamentsregister der Österreichischen Notariatskammer (Registrierung bei einem Notar) oder im Testamentsregister der österreichischen Rechtsanwälte des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (Registrierung bei einem Rechtsanwalt) registrieren zu lassen.

Bei Scheidung: Testament automatisch aufgehoben

Das Testament bei einer Scheidung zu widerrufen, ist im Falle einer Scheidung nicht mehr nötig, dénn es gilt damit automatisch als aufgehoben.

Wer bereits ein Testament oder eine Stiftungserklärung aufgesetzt hat oder gedenkt das zu tun, ist gut beraten, einen Notar oder Rechtsanwalt beizuziehen. Juristische Unterstützung bei Erstellung des Testaments ist mit den strengen Vorschriften umso mehr anzuraten, damit das Testament nicht wegen geringfügiger Verletzung einer Formvorschrift zur Gänze nichtig ist. Experten können die steuerlichen Konsequenzen der Erbschaftsüberlegungen optimieren.

2. Lebensgefährten: erbberechtigt, wenn keine gesetzlichen Erben

Lebensgefährten erhalten durch die Erbrechtsreform ein außerordentliches Erbrecht, sofern es keine gesetzlichen Erben gibt. Alle anderen gesetzlichen Erben – und seien sie noch so weitschichtig verwandt – werden gegenüber den Lebensgefährten bevorzugt. Ohne Testament kommen Lebensgefährten so zum Zug, wenn ansonsten die Verlassenschaft an den Staat fallen würde. Will man also, dass der Lebensgefährte erbt, muss dieser nach wie vor im Testament als Erbe eingesetzt werden.

Der Lebensgefährte darf nach dem Tod des Partners die gemeinsame Wohnung und den Hausrat für ein Jahr weiter nutzen, aber nur dann, wenn die Lebensgemeinschaft bis zum Todeszeitpunkt zumindest drei Jahre gedauert hat. Grundsätzlich haben eingetragene Partner die gleichen Rechte wie Ehegatten, also nicht bloß die Rechte von Lebensgefährten.

3. Pflegevermächtnis: Pflegende Angehörige mit gesetzlichem Erbanspruch

Wer in den letzten drei Jahren (und davon mindestens 6 Monate) vor dem Tod des Erblassers diesen unentgeltlich gepflegt hat, wird im Erbrecht gesondert berücksichtigt. Voraussetzung: Es muss in einem mehr als in einem geringfügigen Ausmaß geschehen sein.

Voraussetzung Pflegevermächtnis

Der pflegende Angehörige muss den Verstorbenen vor seinem Tod mindestens sechs Monate durchschnittlich mehr als 20 Stunden pro Monat gepflegt haben, ohne dafür ein angemessenes Entgelt bekommen zu haben. Dieses Pflegevermächtnis steht ausschließlich Angehörigen und keinen sonstigen Dritten zu. Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch und muss also nicht eigens im Testament vorgesehen sein. Das Pflegevermächtnis kann im Testament auch nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden.

4. Kein Pflichtteil mehr für Eltern und Großeltern

Mit der Erbrechtsreform wurde auch der Pflichtanteil reformiert. Seither sind Vorfahren nicht mehr pflichtteilsberechtigt. Das bedeutet: Insbesondere der Pflichtteilsanspruch von Eltern und Großeltern wurde abgeschafft, selbst dann, wenn sie die aller nächsten Verwandten sind. Diese Änderung ist aber nur für den seltenen Fall von Bedeutung, wenn Eltern ihre Kinder überleben. Liegt kein Testament vor, gilt, wenn Vorfahren noch leben, das gesetzliche Erbrecht zugunsten der nächsten Angehörigen, Ehegatten und eingetragenen Partner.

5. Pflichtteil kann gestundet werden

Erleichterungen gibt es auch für Familienmitglieder, die einen Betrieb erben. So kann der Pflichtteil bis zu zehn Jahre gestundet werden. Damit sollen Betriebsübergaben bei Familienunternehmen erleichtert werden. Allerdings beträgt die jährliche Verzinsung dafür vier Prozent.

6. Pflichtteil: Alle Zuwendungen zu Lebzeiten werden berücksichtigt

Sämtliche Zuwendungen unter Pflichtteilsberechtigten zu Lebzeiten des Vererbenden können seit der Erbrechtsreform berücksichtigt werden. Wenn etwa eines von zwei Geschwistern bereits eine Wohnung bekommen hat, dann wird das beim Pflichtteil entsprechend angerechnet.

So können pflichtteilsberechtigte Kinder oder eines Erben Schenkungen an Personen, die dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören der Verlassenschaft hinzurechnen und auf den Pflichtteil der beschenkten Person anrechnen. Auch ein Vermächtnisnehmer, der beitragspflichtig wäre, kann die Anrechnung verlangen.

Auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder des Ehegatten sind auch Schenkungen an Dritte - es sind nur jene, die innerhalb von zwei Jahren vor dem Ableben des Erblassers gemacht wurden, der Verlassenschaft rechnerisch hinzuzufügen, so als wäre die Schenkung nicht vorgenommen worden. Wurden zu Lebzeiten Schenkungen gemacht, können diese Auswirkungen auf die Erbteile oder Pflichtteile haben.

7. Möglichkeiten, jemanden zu enterben, wurden ausgeweitet

Zu den Gründen Pflichtteilsberechtigte zu enterben, zählen seit der Erbrechtsreform die grobe Verletzung von Pflichten, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis resultieren und Straftaten gegen nahe Angehörige, wenn diese zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe führen.

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