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Emirates: die reichste Fluglinie der Welt

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Modell einer Emirates Dreamliner 777-300

©Imago
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Emirates ist das letzte Paradies der Luftfahrt. Die Airline lockt frustrierte AUA-Piloten mit Dienstvilla, Chauffeur-Service und steuerfreiem Gehalt nach Dubai. Denn die Scheich-Airline braucht viel Personal, um ihren Wachstumskurs stemmen zu können.

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Piloten sind gewohnt zu rechnen. Üblicherweise mit Windgeschwindigkeiten, mit Treibstoffverbrauch oder Ladekapazität ihres Jets. Etliche der 338 lang gedienten AUA-Piloten sitzen im Moment aber eher vor dem Taschenrechner und brüten über Gehaltstabellen. Denn die beschlossene Kollektivvertragsänderung bei der AUA ermöglicht es ihnen, mit einer satten Abfertigung von bis zu 39 Monatsgehältern anderswo neu durchzustarten.

Am höchsten im Kurs steht unter wechselwilligen Flugzeugkapitänen die Emirates – die boomende Airline aus dem Morgenland, die reichste Fluglinie der Welt. Deren Vertriebschef, Thierry Antinori, wäre vor einem Jahr fast AUA-Boss geworden, sagte aber in letzter Minute wieder ab. Nun buhlt er offen um die Gunst scheidender Piloten aus Österreich.

Verlockende Privilegien

Die Scheichs haben vielversprechende Trümpfe im Kampf um fertig ausgebildete und erfahrene Piloten in der Hand. Ein Kapitän bekommt zwar beim Einstieg "nur" ein Mindestgehalt von umgerechnet rund 8.560 Euro (bei der AUA ist ein Verdienst von bis zu 15.000 Euro brutto möglich). Die Gage wird allerdings steuerfrei überwiesen. Denn in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist eine Einkommenssteuer unbekannt.

Mit Österreich besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, sodass auch hier­zulande der Fiskus leer ausgeht. Hinzu kommt bei Emirates eine Zulage pro absolvierte Flugstunde sowie eine sogenannte Produktivitätszulage. Und die Hälfte des Einkommens wird von Emirates auch noch gegen Währungsdifferenzen abge­sichert. Nachteil: Der Urlaubsanspruch ist deutlich geringer als die sieben Wochen Ferien pro Jahr bei Austrian Airlines.

Zur Motivation der Mitarbeiter wird dafür eine Gewinnbeteiligung ausgeschüttet. Und die ist de facto garantiert: Im letzten Geschäftsjahr stieg der Konzerngewinn um 42 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar. Aufhorchen lassen luxuriöse Extrazuckerln: So wird Piloten mit Familie eine Dienstvilla zur Verfügung gestellt. Singles bekommen ein Luxus-Apartment. Die Fahrt zum Flughafen erfolgt bequemerweise mit Chauffeur – die lästige Parkplatzsuche im engen AUA-Mitarbeiterbereich des Wiener Flughafens entfällt. Auch auf Bildung wird geachtet: Die Kosten von Privatschulen in Dubai für die Kinder werden von Emirates übernommen.

Erfüllte Bubenträume

Emirates-Österreich-Chef Martin Gross beschreibt weitere Vorzüge: "Bei uns steigen Piloten schnell zu Kapitänen auf, und wir haben einfach die neuesten und größten Flugzeuge in unserer Flotte." Dar­aus resultiert auch der enorme Bedarf an fliegendem Personal.

Im nächsten Geschäftsjahr, das am 1. April beginnt, werden 20 neue Boeing 777 und elf Airbus A-380 angeliefert. Gross: "Wir haben die größte 777er-Flotte der Welt und wollen in den nächsten Jahren auf insgesamt 90 A-380-Maschinen aufstocken." Das Wachs­tum von Emirates bei beförderten Passagieren liegt bei jährlich 15 Prozent. Die Airline betreibt fast ausschließlich Großraumflugzeuge und fliegt praktisch nur Langstrecke, was für Piloten am attraktivsten ist. Die Krönung: der 16-Stunden-Flug von Dubai nach San Francisco.

Luftige Einkaufstour

Die atemberaubende Expansion von Emirates stellt die Airline vor personelle Herausforderungen. Allein heuer werden 4.000 neue Flug­begleiter gesucht. Diesen Samstag findet in Wien eine weitere Recruiting-Veranstaltung statt, im April gibt es zwei Bewerbungstage in Salzburg und Bratislava.

Notwendig ist die Personalsuche im Ausland auch deshalb, weil Emirates keine eigenen Piloten ausbildet. Einzige Ausnahme: Wüs­tensöhne, die es ins Cockpit ihrer National-Airline drängt – doch die Anzahl dieser Bewerber ist überschaubar. Österreicher sind indes bei Emirates beliebt. Sie punkten laut Gross mit guter Ausbildung und im Bordbereich mit hoher Servicekultur und Freundlichkeit.

Airline-Streit

Auch wenn sich das Management der Austrian Airlines bezüglich der Abwerbeversuche betont gelassen gibt und wohl die Chance sieht, altgediente und besonders teure Piloten loszuwerden, spitzt sich der Streit zwischen den Luft­linien weiter zu. Denn bis 25. März braucht Emirates die offizielle Bestätigung des österreichischen Verkehrsministeriums für ihren zweiten täglichen Flug zwischen Dubai und Wien. Derzeit wird dieser nur mit einem rechtlichen Provisorium durchgeführt – für den bevorstehenden Sommerflugplan brauchen die Scheichs aber Planungssicherheit.

Und die AUA bzw. ihre deutsche Konzernmutter Lufthansa will genau das verhindern. Denn die Manager der austro-germanischen Allianz fürchten um ihre Passagiere für die wenigen verbliebenen Langstrecken-Destinationen der AUA. Emirates muss deshalb den heimischen Behörden monatlich ihre Passagierzahlen ab Wien bekannt geben. Das Ergebnis: Emirates nimmt auf Zielen, die auch von der AUA ange­flogen werden, nicht einmal fünf Prozent der Passagiere weg. Die Flüge nach Dubai haben dennoch eine Auslastung von über 80 Prozent.

Heimvorteil für Emirates: Billig tanken in Dubai

Daher fokussiert die Kritik europäischer Luftlinien vorrangig auf die Standortvorteile von Emirates. ­Diese würde von der eigenen Regierung gestützt und könnte sich über ihren Hub in Dubai mit spottbilligem Kerosin ver­sorgen. Zudem würden die Scheichs in ­ihren Geschäftsstrategien auf keinerlei Gewerkschaften oder Betriebsräte Rücksicht nehmen müssen. Denn Solidaritätsbewegungen von Arbeitnehmern sind in den Emiraten verboten.

Das zumindest ist eine Umstellung für einen AUA-Mitarbeiter. Wie viele der 338 Piloten mit Top-Verträgen von ihrer Abfertigungsmöglichkeit Gebrauch machen, werden die nächsten Wochen zeigen. Konkurrenzklauseln gibt es in solchen Fällen nämlich nicht. Die AUA selbst hat bis in die 90er-Jahre reihenweise Piloten vom Bundesheer abgeworben.

Die schon bisher bei Emirates tätigen Austro-Kapitäne dürften mit ihrem Wechsel jedenfalls zufrieden sein. Der fehlende Betriebsrat sei noch niemandem abgegangen, ist dort zu hören. Derzeit arbeiten 24 österreichische Piloten für die Scheichs sowie knapp 30 Flugbegleiter.

Der österreichische Emirates-Chef Martin Gross versichert: "Wir haben keine Signale, dass unser Angebot an Piloten als unfreundlicher Akt gewertet wird. Wir werben ja nicht gezielt und aktiv Leute ab." Aber klar, steuerfreie Gagen und Chauffeur-Service haben selbst für verwöhnte Chefpiloten ihre Reize.

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