
Andreas Mandl, Geschäftsführer des privaten Güterverkehrsanbieters LTE: „Dem wichtigen Transitverkehr durch den Wirtschaftsraum Österreich bringt das Bauwerk nichts".
©ÖBB/isochromWährend der lokale Personenverkehr die neue Tunnelstrecke feiert, dämpft der Bahnbetreiber und Sprecher des Fachverbands Schienenbahnen, Andreas Mandl, allzu hohe Erwartungen an den Güterverkehr.
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Nach dem viel beachteten Start des regulären Bahnbetriebs im Koralmtunnel herrscht langsam Klarheit über Fahrplan- und Anbieterdaten auf der neuen Strecke – zumindest im Personenverkehr könnte bald ein Gerangel herrschen. Außer ÖBB und Westbahn (Südbahn) wird erstmals auch ein ICE4 der Deutschen Bahn durch den neuen Tunnel bis nach Graz fahren (von Frankfurt, über Salzburg, aber ohne Klagenfurt anzufahren). Selbst ein neu gegründeter Privatbahnbetreiber (Silverstar Railways) aus Wien hat laut Schienencontrol bereits Verkehrsdienste auf der neuen Südtrecke angemeldet. Den effektiven Start des Angebots hat Eigentümer und Geschäftsführer Patrik Kröll mit 2027 terminisiert, Lokführer hat er bereits gesucht.
Weniger euphorisch ist die Lage im Güterverkehr. „Gamechanger ist die neue Strecke keinesfalls“, dämpft Andreas Mandl, Geschäftsführer des privaten Güterverkehrsanbieters LTE allzu hohe Erwartungen: „Dem wichtigen Transitverkehr durch den Wirtschaftsraum Österreich bringt das Bauwerk nichts, wir werden vorher und nachher durch Steilstrecken eingebremst“. Das topografische Problem werde erst mit dem Semmeringtunnel etwas gemildert. Außerdem werde im Koralmtunnel dem Personenverkehr grundsätzlich der Vorrang eingeräumt, klagt der Vorsitzender des WKO-Fachverbands der Schienenbahnen: „Die hohe Reisegeschwindigkeit der bevorzugten Personenzüge und die aufwändige Wartung der komplexen Tunnelstrecke lassen wenige Möglichkeiten für den Güterverkehr zu“.


Andreas Mandl, LTE: „Container auf der Schiene bringen eben keine Wählerstimmen“.
Schienengüterverkehr: Anteil fällt weiter
Auch die restlichen politischen Rahmenbedingungen lassen für den Güterverkehr viel zu wünschen übrig, klagt Mandl: „Container auf der Schiene bringen eben keine Wählerstimmen“. Zusammen mit der wirtschaftlichen Stagnation rund um Ukraine-Krieg oder der Krise bei den Zulieferern für die Automobilindustrie erwartet er daher, dass der Anteil der Schiene am Güterverkehr in Österreich heuer auf 26 bis 27 Prozent fallen wird, anstatt wie angepeilt zu steigen (40 Prozent stehen seit Jahren im Mobilitätsmasterplan Schiene).
Dazu kommen im nächsten Jahr auch noch Streckensperren in Deutschland (der trend berichtete), die zu weiteren Schwierigkeiten und großräumigen Umleitungen für den Güterverkehr führen werden. Mandl kennt seine Branche: „Kunden, die einmal auf den LKW ausgewichen sind, kommen nicht so leicht wieder“.
