
Die künftige Deutsche-Bahn-Chefin Evelyn Palla.
©Deutsche Bahn AGDie bisherige Chefin der Bahnsparte DB Regio, Evelyn Palla, wird neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn werden. Auch Ex-Kanzler Christian Kern war im Gespräch für den Top-Job.
Oberste Lokführerin bei der Deutschen Bahn (DB) - das klingt nach einem Schleudersitz. Die bisherige Chefin der Bahnsparte DB Regio, Evelyn Palla, soll neue Vorstandsvorsitzende des Unternehmens werden, das in den letzten Jahren durch Unpünktlichkeit, Unwirtschaftlichkeit und riesigen Problemen bei der Infrastruktur auffiel. Palla wurde vom Aufsichtsrat als neue Chefin der Deutschen Bahn bestätigt.
Palla, Jahrgang 1973, folgt auf Richard Lutz, der den bundeseigenen Konzern seit Anfang 2017 führt. Die Südtirolerin startete ihre berufliche Laufbahn 1997 bei der Infineon Technologies AG. Ab 2003 war sie bei Eon in München, Köln und Mailand tätig. 2011 wechselte sie zu den Österreichischen Bundesbahnen nach Wien. Dort war sie ab 2015 als Vorstand der ÖBB Personenverkehr AG für den Regionalverkehr zuständig. Zudem war sie ab 2015 Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB Postbus AG. Im ersten Halbjahr schaffte die für den Regionalverkehr zuständige Konzerntochter DB Regio unter Palla einen Trendwechsel, verbuchte einen operativen Gewinn von 103 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2024 hatte an dieser Stelle noch ein dickes Minus gestanden.
Kern als Favorit der Gewerkschaft
Neu besetzt wird auch die Infrastruktur-Sparte InfraGo. Dirk Rompf soll auf Philipp Nagl folgen. Rompf ist seit 2021 Geschäftsführer bei der Strategieberatung Ifok. Davor war er jahrelang Vorstand der DB Netz AG, dem Vorgänger-Unternehmen der DB InfraGo.
Palla hat, wie erwartet, grünes Licht vom Aufsichtsrat bekommen. Das gilt im Fall vom Rompf nicht als ausgemachte Sache. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn will den geplanten Personalwechseln an der Spitze des Konzerns und bei der Infrastrukturtochter DB InfraGo nicht zustimmen. Die genauen Gründe sind nicht bekannt, es geht der Arbeitnehmerseite aber wohl um die Besetzung der InfraGo mit Rompf.
Laut Medienberichten wollte die Gewerkschaft den österreichischen Ex-Bundeskanzler und -ÖBB-Chef Christian Kern als Infrastrukturchef. Sogar als neuer Bahn-Chef war Kern von der SPD ins Spiel gebracht worden. Kern, der von 2010 bis 2016 Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Bundesbahnen war, hat auf eine diesbezügliche trend-Anfrage bisher nicht reagiert.
Riesiger Finanzbedarf
Die Südtirolerin Palla übernimmt den bundeseigenen Konzern inmitten einer schweren Krise. Im August waren nur knapp 60 Prozent der Fernverkehrszüge pünktlich unterwegs, die Infrastruktur ist marode und gilt als Hauptgrund für die schlechte betriebliche Leistung. Auch die wirtschaftlichen Zahlen sehen seit Jahren nicht gut aus, auch wenn zuletzt eine leichte Verbesserung zu erkennen war.
Der Finanzbedarf ist riesig. Die Deutsche Bahn erhielt zuletzt zwar deutlich mehr Geld, dennoch warnte Noch-Bahnchef Lutz davor, dass auch diese Mittel nicht reichten, um die Bahn wirklich zukunftsfest zu machen. Trotz Sondervermögen herrscht beim Bund Spardruck.
(trend/APA)