
Tono Soravia und Paula Mayer-Heinisch
©trend/Lukas IlgnerFrauen und junge, urbane Schichten haben die Jagd in den letzten Jahren für sich entdeckt. Sie schätzen vor allem das Naturerlebnis und den Genuss von nachhaltigem, selbst geschossenem Wild. Und natürlich landet durch die neue Lust an der Jagd auch so manches Unternehmen einen Volltreffer.
- Jagdkarten werden beliebter
- Das Jagd-Duo: Paula Mayer-Heinisch und Tono Soravia
- Jagd als Wirtschaftsfaktor
- Die Jägerin: Eva Erlacher
- Das Geschäft mit der Jagdausstattung
- Die Jägerin: Huberta Tacoli
- 70 Hirsche für 72.000 Euro
- Der Jäger: Ronald Bauer
- Nachhaltiges Wildfleisch
- Die Jägerin: Sandra Bauernfeind
- Promi-Jäger:innen in Österreich
Der ehemalige Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer steht vor den Trümmern seiner politischen Karriere. Mitschuld daran ist bekanntlich ein Foto, das ihn auf der Jagd mit dem nunmehrigen Immobilienpleitier René Benko zeigt, ausgerechnet zu einer Zeit, als Dornauer mit einem Waffenverbot belegt war. Die unschöne Optik zwang ihn schließlich letztes Jahr zum Rücktritt als Parteichef und Regierungsmitglied. Der jüngst erfolgte Parteiausschluss war wohl nur mehr eine logische Folge aus der unschönen Jagdaffäre. Wenigstens seinen Jagdschein bekommt der wilde Abgeordnete bald zurück, wie er kürzlich freudig verkündete.
Dennoch wirft die Causa ein sehr einseitiges Bild auf die heimische Jagd und die Jäger. Die Jagd als kostspieliges Hobby einiger weniger Wohlhabender, bei dem der Wald und die Tiere nur die ansprechende Kulisse dazu bilden? Die Jagd als bloßes Beiwerk zu männerdominierten Zusammentreffen, in deren Zentrum hauptsächlich Businessdeals und Netzwerkpflege stehen? Auch frühere opulente Jagdeinladungen des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und René Benkos von Politikern, um diese gewogen zu machen, haben dieses Image entstehen lassen.
Jagdkarten werden beliebter
Die Realität sieht inzwischen weitgehend anders aus. In den letzten Jahren hat ein regelrechter Run auf Jagdkarten eingesetzt. Mehr als 140.000 Personen besitzen in Österreich mittlerweile einen Jagdschein – um 14 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Jedes Jahr kommen 5.000 neue Jäger dazu. Bei den „neuen“ Jägern steht keineswegs das Töten von Tieren oder das die Nähe zu Politikern im Vordergrund, wie es Jagdgegner gerne propagieren, sondern die Natur, die Naturkunde und vor allem – das nachhaltig gewonnene Wildfleisch.
„Natürlich gibt es auch ein paar Adabeis auf der Jagd, aber die Zahl liegt im Promillebereich“, ist Franz Mayr-Melnhof-Saurau, seit Jahresbeginn Österreichs oberster Jäger, überzeugt. Und weiter: „Das Schießen ist nur ein Bruchteil unserer Arbeit. Das Hauptinteresse gilt der Natur. Bei der Jagdprüfung wird einem ein großer Querschnitt durch die Naturkunde geboten.“ Seine Aussagen werden auch von jenen sechs Jäger:innen bestätigt, die der trend getroffen hat und nach ihren Motiven, auf die Pirsch zu gehen, befragt hat. „Für mich ist Jagen das Natürlichste überhaupt, weil es der engste Bezug zur Natur ist“, sagt etwa Tono Soravia, Spross des bekannten Immobilienunternehmers Hanno Soravia.
Auch das Image der Jäger in der Öffentlichkeit habe sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, ist sich Mayr-Melnhof-Saurau, der in der Steiermark eines der größten Waldgebiete Österreichs mit 32.400 Hektar verwaltet, sicher. Eine kürzlich unter der Bevölkerung durchgeführte Umfrage zeigt, dass 87 Prozent der Befragten die Jagd befürworten. Dazu hätten auch, so der Bundesjägermeister, die Initiativen der heimischen Jägerschaft beigetragen, die Plattform jagdfakten.at, die seit letztem Jahr laufende Info-Kampagne „Das ist Jagd“ und die App „Wildes Österreich“, die Jäger und potenzielle Wildfleischkäufer zusammenführt.
Auch das althergebrachte Bild des heimischen Jägers scheint sich allmählich zu verändern. Weg vom älteren, ländlich geprägten Mann, hin zu mehr Frauen und zu einer jüngeren, auch urbanen Zielgruppe. Mittlerweile liegt der Frauenanteil unter heimischen Jägern bereits bei 14,7 Prozent. Tendenz deutlich steigend. In den Jagdkursen, die meist rasch ausgebucht sind, liegt die Frauenquote oft sogar über 20 Prozent. Laut Auskunft von Jagd Österreich ist das Durchschnittsalter unter Jägern in den letzten zehn Jahren um fünf Jahre auf 47 Jahre bei Frauen und 54 bei Männern zurückgegangen. Auch Eva Erlacher, Anwältin, die Jagdrecht selbst unterrichtet, registriert den Wandel: „Die Jagd ist zwar immer noch männerdominiert, aber man merkt in den Kursen stark, dass immer mehr Frauen Interesse an dem Thema haben.“ Diesen Beobachtungen schließt sich Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin von Heimat Österreich, an. In ihrem Kurs waren sogar fast die Hälfte der Schüler Frauen: „Frauen sind mutiger geworden, die Zeiten, in denen Frauen ihr Leben abgegeben haben, als sie geheiratet haben, sind vorbei“, sagt sie.
An dem Wandel hin zu jüngeren Interessenten haben auch die mittlerweile zahlreichen Jagd-Influencer einen nicht unwesentlichen Anteil. Anwältin Erlacher ist unter „Austrian Huntress“ auf Instagram zu finden und hat bereits mehr als 21.000 Follower. „Als ich damit begonnen habe, wollte ich zeigen, dass Frauen auch auf die Jagd gehen, und den Leuten in der Stadt das Gefühl der Natur in Österreich weitergeben“, sagt die Mutter zweier kleiner Kinder. Sie hat auf ihrem Kanal auch keine Scheu, sich mit dem von ihr erlegten Wild, egal ob Gams oder Rehbock, abzubilden. Die Kritik daran, so Erlacher, habe sich bislang in Grenzen gehalten. Inzwischen sind viele Influencer auf das Thema Jagen aufgesprungen. In Deutschland etwa zählt die bekannte Jagd-Influencerin mrs_artemis mehr als 175.000 Follower.
Das Jagd-Duo: Paula Mayer-Heinisch und Tono Soravia
Mit der Jagd sind Paula Mayer-Heinisch und Tono Soravia seit Kindheitstagen vertraut. „Für mich ist Jagen das Natürlichste überhaupt, weil es der engste Bezug zur Natur ist. Wir -haben Rehfütterungen und Hochstände mit dem Berufsjäger gebaut, der uns Fratzen ertragen musste“, erinnert sich Soravia lachend, dessen Familie in Obervellach auf die Gamsjagd fokussiert ist. Mayer-Heinisch geht mit ihrem Freund Paul Zimmermann in Weiz auf die Pirsch. Trophäen sind für sie Nebensache: „Es geht um das Erlebnis, die Hege und Pflege.“ Wild zu Essen ist sowohl für Soravia als auch für Mayer-Heinisch „die höchste Ehre, damit zollen wir dem Tier und der Leistung der Jagd Respekt. Viel ethischer kann man kein Fleisch essen.“
Neben der Liebe zur Jagd verbindet beide das Jungunternehmertum: Mayer-Heinisch entstammt einer Grazer Familie, die in vierter Generation Schuhe erzeugt. Sie ist Co-Gründerin von Aicus Shoes, dessen Fokus auf handgefertigten Schuhen für Damen und Herren liegen. Neben extravaganten Kelim-Modellen hat sie die Produktion auf Gewehrtaschen und Trachten-Accessoires ausgeweitet. Bislang konnte man Aicus-Schuhe nur online erwerben, ab November gibt es einen Pop-up-Store in der Wiener Spiegelgasse 12.
Sein Vater Hanno ist in der Immobilienbranche zu Hause, Tono Soravia schlug es dagegen in die Gastronomie: Er wurde Koch und sammelte internationale Erfahrung. 2023 eröffnete er, auch als „Foodie El Specko“ bekannt, am Wiener Spittelberg das Restaurant „Collina am Berg“. Im „modernen Stadt-Jagdhaus“ liegt der Schwerpunkt auf regionalen Wild- und Fischgerichten. Must-haves: „Porchetta Dim Sum“ oder die „Peking Gans“.


Gastronom Tono Soravia, 29, und Schuhproduzentin Paula Mayer-Heinisch, 30
© trend/Lukas IlgnerJagd als Wirtschaftsfaktor
Das zunehmende Interesse an der Jagd schlägt sich auch in wirtschaftlichen Kennzahlen nieder. So kommt eine eben erst publizierte Studie der italienischen Universität Urbino zu dem Schluss, dass die Jagd in Europa mit einer Wertschöpfung von 180 Milliarden Euro ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden ist. 1,1 Millionen Arbeitsplätze werden dadurch gewonnen, heißt es. Insgesamt würden europäische Jäger und Sportschützen 96,3 Milliarden Euro für ihre Tätigkeit ausgeben, sagt die Studie.
Allein in Österreich würde die Wertschöpfung eine Milliarde Euro ausmachen, teilt Jagd Österreich mit. Davon profitieren in erster Linie Waffenproduzenten, Erzeuger von optischen Jagdutensilien und -fahrzeugen, Verkäufer von Jagdbekleidung sowie Verpächter von Jagden. Auch wenn man die Jagd vielleicht nicht mehr als elitär bezeichnen kann, die Erstausrüstung ist nach wie vor nicht ganz billig. Das gibt auch Erlacher zu: „Die Grundausstattung beim Jagen ist schon teuer, aber die meisten Sachen halten auch sehr lange.“
Insgesamt muss man zu Beginn jedenfalls mit mehreren Tausend Euro rechnen. Für den Jagdschein allein schlagen rund 1.000 Euro zu Buche, für Beginn jedenfalls mit mehreren Tausend Euro rechnen. Für den Jagdschein allein schlagen rund Jagdwaffen je nach Marke und Größe 1.000 Euro aufwärts, wobei richtige Jagdbüchsen kaum unter 10.000 Euro zu bekommen sind.
Die Jägerin: Eva Erlacher
Als sich Eva Erlacher nach dem Jusstudium dazu entschloss, den Jagdschein zu machen, ging es ihr in erster Linie um Wildkunde. Ihr Vater hatte in Kärnten einen Grundbesitz, und gemeinsam mit ihm beobachtete sie die Tiere manchmal einfach nur. Doch der erste Abschuss ließ nicht lange auf sich warten. „Es waren ein Rehkitz und eine Rehgeiß. Ich war während des Schusses hochkonzentriert“, erinnert sich die Jägerin, die auch Jagd- und Waffenrecht unterrichtet. Erst nach dem Schuss realisierte sie alles, und die Emotionen überwältigten sie: „Es ist nichts Alltägliches, dass man einem Lebewesen das Leben nimmt“, so Erlacher.
Inzwischen hat sie einige Abschüsse vorzuweisen. Kritisiert wurde die Mutter von zwei kleinen Kindern dafür aber kaum. „Es kommt auch darauf an, wie man den Leuten begegnet. Ich will niemanden von der Jagd überzeugen. Das soll jeder für sich entscheiden.“ Als „Austrian Huntress“ versucht sie sie eher mit beeindruckenden Bildern zu locken und zu zeigen, wie schön Jagen sein kann. In den Kursen, in denen sie Jagdrecht unterrichtet, begegnen ihr immer öfter Frauen. „Für viele ist das Wildbret ein großer Antrieb, den Jagdschein zu machen“, vermutet sie. „Viele wollen einfach wissen, wo ihr Fleisch herkommt.“


Eva Erlacher, 36, Rechtsanwältin und Influencerin
© Carolus HaschkaDas Geschäft mit der Jagdausstattung
Für den bekannten Wiener Jagdausstatter Joh. Springer’s Erben bleibt der große Boom dennoch aus. „Wir sind klassischen Schwankungen nach oben wie nach unten nicht ausgesetzt“, erläutert Chef Christian Johann Springer. Denn die hier erhältlichen Waren sind tatsächlich nur etwas für jene Menschen, „die das entsprechende Budget“ zur Verfügung haben. So bekommt man hier auch sehr viel teure englische Kleidung aus Tweed, von der für gewöhnlich nur 150 Teile pro Jahr verkauft werden, so Springer. Bekleidung macht vom Gesamtumsatz seines Unternehmens etwa ein Drittel aus, den Rest setzt das Unternehmen, das zu 23 Prozent dem Investor Alexander Schütz gehört, mit Waffen um. Prächtig laufen die Auktionen von alten Waffen, die Joh. Springer’s Erben seit einigen Jahren veranstaltet.
Etwas preisgünstiger können Waidmänner und Waidfrauen bei der Firma Kettner einkaufen, die insgesamt 18 Filialen betreibt, zwei davon im benachbarten Ausland. 2024 lag der Umsatz um 3,5 Millionen Euro unter jenem des Vorjahres. Auch der Jahresüberschuss lag mit 208.000 Euro zuletzt deutlich unter jenem von 2023. Beim Tiroler Unternehmen Swarovski Optik, einem der größten Anbieter für optische Jagdgeräte, wo vom Zielfernrohr bis zum Tracking-Assistenten so gut wie alles rhältlich ist, was das Jägerherz begehrt, lief es schon einmal besser. 2024 wurde zwar der Umsatz leicht auf 143 Millionen Euro erhöht, der Ertrag fiel aber mit minus 8,4 Millionen Euro negativ aus. Dies allerdings, nachdem es die letzten zehn Jahre für den Tiroler Platzhirsch in Sachen Jagdoptik prächtig lief und der Umsatz nahezu verfünffacht werden konnte. Ähnlich wie auch in anderen Industrieunternehmen werden im Lage bericht neben hohen Energie- und Personalkosten Rückgänge beim Export als Gründe dafür genannt.
Die Jägerin: Huberta Tacoli
„Ich habe Papi und Mami schon früh auf die Jagd begleiten dürfen und dachte lange, dass alle Familien zur Jagd gehen“, sagt Huberta Tacoli lachend. Sie entstammt einer Familie von Waidleuten, in der „alle Frauen den Jagdschein besaßen“.
Beruflich hält sie es als Goldschmiedin in vierter Generation mit der Tradition: Ihre Mutter Katharina Sturzeis aus der Juweliersdynastie Heldwein erwarb Halder, der seinerzeit den kaiserlichen Hof belieferte, vor vier Jahrzehnten. Auf sozialen Medien macht sie unter dem Hashtag #HuntingHubi als Teil einer neuen Generation von Jägerinnen darauf aufmerksam, „dass Jagd nichts mit archaischem Machismo, sondern mit Achtsamkeit und Kultur zu tun hat“. Zudem würde die Gesellschaft immer ernährungsbewusster: „Wild zu genießen ist in jedem Fall klimaschonender, als etwa Rinder zu verzehren, die einen extremen CO2-Ausstoß verursachen und meist nicht artgerecht gehalten werden.“
Auf die Pirsch geht Tacoli im Revier der Familie ihres Mannes Ludovico Tacoli, gerne auch mit Freundinnen: „Jagd ist etwas Gemeinschaftliches, sie gibt einem Erdung und Bodenständigkeit für das Leben mit.“ Ihr Glücksbringer: die „Haldersau“, ein Wolpertinger, bestehend aus dem Hirsch, dem Bock, der Gams und der Wildsau mit einem Rubin als Blattschuss.


Huberta Tacoli, 32, Goldschmiedin beim Juwelier Halder
© Beigestellt70 Hirsche für 72.000 Euro
Beständiger dürfte das Geschäft aktuell mit der Jagdverpachtung laufen. Das legt jedenfalls der Jahresbericht der Bundesforste, des größten Verpächters von Jagdflächen in Österreich, nahe. 25,6 Millionen Euro wurden mit der Jagd im vergangenen Jahr eingenommen, in den Jahren davor fiel etwas weniger ab. Insgesamt verfügen die Bundesforste über 1.600 Jagdreviere, die sie entweder verpachten oder in denen sie Abschuss- und Pirschverträge vergeben. Aktuell ist etwa ein Pachtvertrag mit 3.919 Hektar in der Steiermark um 72.000 Euro pro Jahr ausgeschrieben. Nebenkosten im Ausmaß von 160.800 Euro sind noch nicht mitgerechnet. Dafür winken dann auch attraktive Abschüsse, wie die Ausschreibung der Bundesforste verspricht: 70 Hirsche, 30 Rehe, zehn Gämsen, ein Auerhahn und ein Murmeltier warten auf den Pächter.
Ähnlich groß wie der Grundbesitz der Familie Mayr-Melnhof, der auch zum Teil verpachtet wird, ist mit 23.500 Hektar die Alwa Güter- und Vermögensverwaltung GmbH, die über Gebiete in der Obersteiermark, Niederösterreich und Ungarn verfügt. Dabei handelt es sich auch um eines der größten Jagdgebiete des Landes, das vor einigen Jahren vom Deutschen Ernst Wilhelm Ferdinand von Baumbach gekauft wurde. Er stammt aus einer der reichsten Familien Deutschlands, die den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim besitzt. Hier lässt sich aus der Bilanz ein Gewinn von knapp 14 Millionen Euro ersehen.
Der Jäger: Ronald Bauer
Zur Jagd gekommen ist Ronald Bauer über Mandanten, die ihn zur Jagd eingeladen haben. Vor zwei Jahren hat der Wirtschaftsrechtsanwalt dann schließlich den Jagdschein gemacht. „Ich bin dann richtig reingekippt“, erzählt der frühere Golfspieler. „Man ist den ganzen Tag in der Natur und es sind immer nette Jagdkollegen dabei“, schwärmt er. Auch wenn Bauer zumeist in Gesellschaft jagen geht, ist die Jagd für ihn keine Netzwerkveranstaltung, wie er sagt. „Aber dass man gelegentlich auch über Geschäfte redet, das kommt schon vor.“
Die Jagdteilnehmer seien von der Herkunft „sehr gemischt“, erzählt er. Vom Bauern bis zum Topmanager sei alles dabei, auch immer jüngere, urbane Jäger. Wenn man Jagdkollegen zuweilen im Geschäftsleben wiedertrifft, kommt man jedenfalls schneller ins Gespräch, so der Anwalt: „Die Jagd verbindet einfach.“
Mit Kritik an seinem Hobby geht er locker um: „Mich haben schon einige gefragt, wie ich es schaffe, Tiere zu erlegen. Ich entgegne dann immer, wenn man Fleisch isst, sollte man auch in der Lage sein, Tiere zu erlegen. Man sollte sich vielleicht öfter fragen, was man da im Supermarkt eigentlich kauft. Ich persönlich esse fast nur mehr Wildfleisch. Da weiß ich wenigstens, dass es weidgerecht erlegt wurde.“


Ronald Bauer, 44, Rechtsanwalt in Wien
© trend/Lukas IlgnerNachhaltiges Wildfleisch
Nahezu jeder oder jede der neuen Jäger führt als Grund neben dem Naturerlebnis die Lust auf das wilde Fleisch an. Auch der Wiener Rechtsanwalt Ronald Bauer, der erst seit zwei Jahren über den Jagdschein verfügt und selbst am liebsten Niederwild, also Fasane, Rebhühner oder Wachteln schießt: „Ich persönlich esse fast nur mehr Wildfleisch. Da weiß ich wenigstens, dass es weidgerecht erlegt wurde.“ Ähnlich sieht das die Goldschmiedin Huberta Tacoli: „Wild zu genießen ist in jedem Fall klimaschonender, als etwa Rinder zu verzehren, die einen extremen CO2-Ausstoß verursachen und meist nicht artgerecht gehalten werden.“
Auch der oberste Jäger Franz Mayr-Melnhof-Saurau bestätigt den Run auf Wildfleisch: „Uns rufen junge Familien an und wollen wissen, wo sie das Fleisch bekommen können“, berichtet er. Aktuell isst der durchschnittliche Österreicher rund 65 Kilo Fleisch pro Jahr, wovon allerdings nur 0,7 Prozent Wildfleisch sind. Genau das soll die App „Wildes Fleisch“ aber ändern. Auch Tono Soravia will den Österreichern das Wild am Teller schmackhaft machen. In seinem Restaurant „Collina am Berg“ am Wiener Spittelberg zelebriert der 29-Jährige die neue wilde Küche. Neben Hirschtatar und Reh-Croquetas stehen dort auch ein Wildschweinragout und ein Wildschnitzel aus eigener Jagd auf der Speisekarte. Für ihn ist Wild zu essen „die höchste Ehre“. „Damit zollen wir dem Tier und der Leistung der Jagd Respekt. Viel ethischer kann man Fleisch nicht essen.“
Und auch die nächste Generation wird bereits an die Jagd und den Verzehr von Wild gewöhnt, wie Eva Erlacher bestätigt. Wenn die Anwältin jetzt auf die Jagd geht, was wegen ihren zwei kleinen Kinder seltener geworden ist, wünscht ihr ihre Dreijährige: „Weidmannsheil“ und ersucht darum, ihr einen großen Bock von der Jagd mitzunehmen. Auf die Jagd geht Erlacher meist allein oder zu zweit.
Für die meisten Jäger ist die Jagd hingegen ein gesellschaftliches Ereignis, schon allein deshalb, weil nicht jeder über ein eigenes Jagdrevier verfügt und zur Jagd eingeladen werden muss. „Die Jagd ist etwas Gemeinschaftliches“, findet Huberta Tacoli, die auch gerne mit ihren Freundinnen Jagen geht. Das sieht auch Rechtsanwalt Bauer so. Er nützt die Zeit in der Natur, um von seinem stressigen Job abzuschalten: „Man ist den ganzen Tag in der Natur und es sind immer nette Jagdkollegen dabei.“ Diese, so Bauer, seien auch von der Herkunft immer diverser.
Diese Diversität zeigt sich auch in der Liste prominenter Jäger, wo sich neben Raiffeisen-Managern und VP-Politikern etwa auch Red-Bull-Eigentümer Mark Mateschitz oder SP-Chef Andreas Babler, ein Linker wie er im Buch steht, wiederfinden. Und eben der mittlerweile wilde Abgeordnete Georg Dornauer.
Die Jägerin: Sandra Bauernfeind
Die akademische Raumplanerin gilt als erfahrene Immobilienexpertin in der Branche. Nach 14 Jahren Tätigkeit als leitende Mitarbeiterin bei der EHL-Gruppe wechselte die passionierte Jägerin als erste Frau in die Geschäftsführung des Bauträgers Heimat Österreich, wo sie ein jährliches Bauvolumen von ca. 60 Millionen Euro verantwortet. Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung sind Bauernfeind wichtig: „Wir sind nicht nur Immobilienentwickler, sondern gestalten auch neue Lebensräume, in denen Rücksicht auf soziale Infrastrukturen genommen wird.“
Klare Worte findet sie auch für all jene, die sich negativ über die Jagd äußern: „Ich empfehle, sich mal ausführlich mit der Materie zu beschäftigen.“ Die Arbeit der Jäger:innen umfasse weit mehr als das Jagen. Hauptziel sei die Hege und Pflege des Wildbestands. Der Jäger darf kranke, verletzte und überzählige Tiere schießen – nur gesetzlich erlaubte Arten unter Einhaltung der Vorschriften. Die gebürtige Mostviertlerin ist mit der Jagd groß geworden, „Vater war ein leidenschaftlicher Jäger und Großmutter züchtete Schweine für den Eigenbedarf. Ich wusste immer, wo mein Fleisch herkommt.“ Dabei war Bauernfeind 25 Jahre Vegetarierin, erst während der zweiten Schwangerschaft bekam sie „Heißhunger auf Fleisch“.
Auf die Pirsch geht sie mit Freunden. Als sie den Jagdschein machte, waren bereits 45 Prozent Frauen im Kurs, Tendenz steigend. „Frauen sind mutiger geworden, die Zeiten, in denen Frau ihr Leben abgegeben haben, als sie geheiratet haben, sind vorbei.“


Sandra Bauernfeind, 51, Geschäftsführerin Heimat Österreich
© BeigestelltPromi-Jäger:innen in Österreich


Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 24. Oktober 2025 erschienen.

