Trend Logo

Neuwagen online kaufen: Die ersten Hersteller und Händler wagen den Online-Autohandel

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
9 min
Neuwagen online kaufen: Die ersten Hersteller und Händler wagen den Online-Autohandel
Der Autohandel verlagert sich auch für Neuwagen dorthin, wo die Kunden sind - ins Netz.©iStockphoto/volvocars.com
  1. home
  2. Lifestyle
  3. Mobilität

Neuwagen online kaufen war bis vor der Pandemie ein Tabuthema für Händler und Hersteller. Seither haben mehrere von ihnen den Online-Autohandel als Absatzweg entdeckt. Welche den Schritt zum virtuellen Verkauf bisher gewagt haben, welche Strategie sie gewählt haben und wer als nächstes dieses Schritt plant.

von

Tesla: Pionier beim Online-Autoverkauf

Tesla wagte als Erster den Tabubruch. Der kalifornische Elektroautopionier hat seine Neuwagen von der ersten Stunde an online verkauft, wie ein Smartphone oder Kleidung. Bereits 2012 wurde der erste online gekaufte Tesla Model S an einen Kunden ausgeliefert. Für den Rest der Branche war das lange undenkbar.

Aus naheliegenden Gründen: Die etablierten Hersteller vertreiben ihre Fahrzeuge über ein Jahrzehnt gewachsenes Händlernetz, wovon die meisten selbstständige Autohändler sind und im Lauf der Jahre beträchtliche Summen in ihre Schauräume investiert haben. Solche Stores können nicht so einfach von Vorstandsetagen aus mit einem Federstrich eliminiert werden - dachte man bislang.

Pandemie forcierte Online-Autohandel

Dann kam Corona. All jene, die dachten, eine und eine Homepage zur Produktpräsentation würden reichen, wurden 2020 eines Besseren belehrt. Autohändler, die online kein Service und keinen Verkauf anbieten konnten, hatten das Nachsehen. Das belegt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey: Während bei Offline-Händlern der Absatz 2020 in zweistelliger Höhe einbrach, konnte Tesla um fast 40 Prozent mehr Neuwagen verkaufen als 2019. „Unternehmen, die ihre Kunden schon vor dem Lockdown auch digital angesprochen haben, hatten einen massiven Wettbewerbsvorteil", zieht McKinsey den Schluss.

Hersteller, die sich dem Trend nicht anpassen, riskieren ihre Marktposition und die Akzeptanz der Kunden

Andreas UngerTechnologieberater bei Bearingpoint

Ähnlich argumentiert Andreas Unger vom Management- und Technologieberater Bearingpoint. "Die Händler müssen dort sein, wo die Kunden sind, um ihre Bedürfnisse zu verstehen, und das ist online. Hersteller, die sich dem Trend nicht anpassen, riskieren ihre Marktposition und die Akzeptanz der Kunden zu verlieren."

Denzel-Gruppe: Österreichs erstes Online-Autohaus

In Österreich ist nicht ein Autohersteller Vorreiter im Onlinebusiness, sondern die Autohaus-Gruppe Denzel. Das Unternehmen hat in Eigenregie einen Onlinehandel hochgezogen - sogar noch kurz vor Corona. Das Autohaus bietet „Click & Collect" für Gebraucht- und Neuwagen. „Es sind zwar letztlich wenige, die ihr Auto tatsächlich online bestellen, aber die Kunden lieben das Service, das wir rund um den Onlinehandel entwickelt haben“, erzählt Denzel-Vorstand Gregor Strassl.

Blurred image background

Denzel-Vorstand Gregor Strassl: "Ein Fahrzeug online zu konfigurieren, ist komplexer als man denkt."

 © Christian HOUDEK

Die Hürden für Kunden beim Online-Autokauf

So können sich die Kunden beispielsweise online über sämtliche angebotenen SUVs oder Familienwagen informieren und auch zahlreiche andere Suchoptionen eingeben. Die Erfahrung zeigt aber auch: Die Kunden scheitern beim Onlinekauf jedoch häufig beim Konfigurieren ihres Wunschfahrzeuges. „Das ist komplexer als man denkt. Es gibt mehrere Hundert Konfigurationsmöglichkeiten", gibt Strassl zu bedenken.

Ein weiteres Learning ist, dass viele Kunden mit neuen technischen Begriffen und Funktionen nichts anfangen können und überfordert sind. „Die Kunden kaufen im Schnitt alle acht Jahre ein Auto. In dieser Zeit ändert sich viel. So gab es damals unzählige Assistenzsysteme wie Blind-Spot oder Adaptiv-Cruise-Control noch gar nicht. Da besteht hoher Erklärungsbedarf“, so Strassl.

Mercedes

Der Stuttgarter Autohersteller Mercedes bietet in Österreich eine kleine Auswahl an Fahrzeugen im Netz an. Im November 2022 waren es 70 Fahrzeuge. Gewählt kann nur Finanzierungsvarianten des Leasings, Höhe der Anzahlung, Laufzeit und Kilometerleistung pro Jahr werden. Und ob eine Haftpflicht reicht oder ob es Vollkasko sein soll. Mercedes will in nur vier Jahren rund 25 Prozent seiner Neuwagen im Internet verkaufen.

Polestar

Polestar, die schwedische Elektrotochtermarke von Volvo, kann man online bestellen. Es gibt derzeit drei Modelle der Marke und alle drei können im Netz geordert werden. Die Schritte zur Onlinebestellung finden Sie hier. Es kann auch online eine Probefahrt gebucht werden. Auf Wunsch wird das Fahrzeug auch nach Hause oder an einen anderen Ort geliefert.

Tesla

Einen Tesla können Kunden online sowohl als Neuwagen als auch gebraucht kaufen. Es gibt verschiedene Konfigurationsmöglichkeiten und es wird eine Lieferzeit von höchstens drei Monaten versprochen. Zur Auswahl stehen Online-Käufern Model S, Model 3, Model X und Model Y.

Hyundai

Unter dem Label "Click&Buy" können die vorkonfigurierte Modelle in bestimmten Farben, je nach Verfügbarkeit, Hyundai i10, i30, i30 Kombi gewählt werden. Diese Modelle gibt es auch im Abo, ebenso den Hyundai Tucson. Die Fahrzeuge werden von den Hyundai-Händlern der jeweiligen Umgebung den Kunden nach Hause zugestellt.

Kia mit virtuellem Schauraum und Beratung

Bei Kia gibt es zwar keinen Online-Verkauf, aber immerhin eine virtuelle Beratung und einen virtuellen Showroom .

Volvo: Ab 2030 sollen E-Modelle nur noch online verkauft werden

Volvo setzt zum bisher radikalsten Schritt an. Die Schweden haben angekündigt, dass ihre Autos ab 2030 nur noch elektrisch angetrieben und ab dieser Zeit auch nur noch online verkauft werden sollen. Das neue Modell "XC40 Recharge Pure Electric", der gerade Markteinführung hatte und der das erste reine Elektroauto der Marke ist, kann auch erstmals nur noch online auf volvocars.com geordert werden. „Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel“, ist Andreas Grünzweig, Obmann des Volvo-Händlerverbandes, überzeugt.

Blurred image background

Kann nur noch online bestellt werden: Volvo XC40 Recharge Pure Electric, der 2023 auf den Markt kommt.

 © Volvo

Erste nur online verkaufte Modell von Volvo: Eckdaten XC40 Recharge Electric

  • Einstiegsmodell mit einem 170 kW (231 PS)

  • 69-kWh-Hochvoltbatterie

  • Reichweite: bis zu 423 Kilometer

  • Schnellladestationen lässt sich der Akku binnen 32 Minuten von zehn auf 80 Prozent laden

  • ab 52.650 Euro

Um den Onlinehandel der Schweden für die Kunden praktikabel zu gestalten, sollen diese künftig aus vorkonfigurierbaren Modellen wählen. Auch auf prompte Lieferung legt man wert. Tesla verspricht in den USA online bestellte Fahrzeuge binnen eines Tages auszuliefern. Die Schweden planen die Modelle als Komplett-Paket anzubieten. So soll es Care-Packages geben, die mit Garantieverlängerung, Service und Wartung und beispielsweise auch auch mit Versicherungsschutz ausgestattet sind. "Diese gebündelten Lösungen sollen Kunden langfristig vor unerwarteten Folgekosten absichern und für eine langfristige Bindung des Kunden an seine Werkstatt sorgen", erläutert Loïc Claude, Geschäftsführer von Volvo Österreich.

Fixe Konditionen werden Verhandlungen überflüssig machen

Statement des Volvo-Managements

Volvo will beim Online-Autohandel keine Vergünstigungen anbieten

Die Fahrzeugpreise sind beim Onlinehandel der Schweden in Stein gemeißelt, wie das auch Tesla der Fall ist. Der Computer- und Handyspezialist hat bereits vorzeigt, wie man eine strenge Preispolitik erfolgreich durchzieht. „Fixe Konditionen werden Verhandlungen überflüssig machen“, wie Volvo in einer Mitteilung unmissverständlich klarmacht. Für den Kunden ein zweischneidiges Schwert. Ohne Handeln und die Hoffnung auf ein Schnäppchen ist für viele das Kauferlebnis um eine Facette ärmer. Der Aufwand, Preise zu vergleichen und Rabatte und Gratis-Extras herauszuschinden, fällt so aber auch weg.

Große Ausgaben wie einen Autokauf tätigt man für gewöhnlich nicht im Onlineshop

Gregor StrasslDenzel-Vorstand

Dass über den Onlinekanal mittel- bis langfristig große Umsätze gemacht werden, erwartet Denzel-Chef Strassl dennoch noch nicht. "Die Menschen wollen ein Fahrzeug vor dem Kauf sehen, es angreifen und auch riechen." Für die meisten zählt ein Autokauf zu den einer der größten Investitionen im Leben, "So große Ausgaben tätigt man für gewöhnlich nicht im Onlineshop." Und gibt zu bedenken. "Obwohl Onlineshops bereits seit Jahren existieren, werden auch in anderen Branchen im Schnitt erst 30 Prozent des Umsatzes auf diesem Weg erzielt."

E-CommerceAuto & Motor

Über die Autoren

Logo
Jahresabo jetzt -30% ab € 11,60 im Monat