Eine Steuerprüfung aufgrund eines Whistleblowers hält mich monatelang in Atem. Wieder einmal völlig ohne jeden Grund.
von
Kein Spass
Vor einigen Monaten ruft mich mein Steuerberater an: "Alois, wir haben wieder eine Steuerprüfung, aber diesmal kam die Finanzpolizei. Sie will Ermittlungen wegen Steuerbetrugs aufnehmen. Es liegen vertrauliche Informationen vor, dass bei dir vor Jahren tätige sogenannte Freelancer in Wahrheit Angestellte waren und somit Sozialversicherungsabgaben hinterzogen wurden. Und ich sage dir, so wie die aufgetreten sind – das ist kein Spaß!"
Bei mir zieht sich alles zusammen. Ich denke nach, wer diese Anschuldigungen gemacht haben und wer damit gemeint sein könnte. Und ich denke auch darüber nach, wie ich mich gegen diese Verdächtigungen wehren kann.
Also ziehe ich neben meinem Steuerberater noch einen darauf spezialisierten Steuerexperten bei. Er ist ein Mann, der bei solchen Fällen die nötige Erfahrung hat und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Beim nächsten Termin mit der Finanz werden die Anschuldigungen wiederholt, aber wonach genau gesucht wird, bleibt unklar. Wir sollen alle Unterlagen und Verträge von Freelancern vorlegen. Grundsätzlich kein Problem, aber es geht um einen Zeitraum vor sechs Jahren. In der Zwischenzeit sind wir umgezogen, und die Unterlagen sind auf die Schnelle nicht aufzufinden. Mein "Starberater" sagt: "Sie suchen die Papiere, und ich fordere von der Behörde die belastenden Aussagen an."
Ich gehe meine alten Projektlisten durch und kann mich gut erinnern, wer damals als Freelancer für mich tätig war. Mein Steuerberater sucht die Bilanz des betroffenen Jahres heraus und findet dort einen Betrag für Freelancer, der knapp an der Millionengrenze kratzt. Er sagt mir lapidar, dass dies für mich und meinen Mitgeschäftsführer ein Riesenproblem wird, sollten wir Verträge und zugehörige Abrechnungen nicht vorlegen können. Wir intensivieren die Nachforschung.
Mich beschäftigt auch die Frage, wer wohl hinter diesen Beschuldigungen stecken könnte. Ich weiß nur eines: Es gab in dieser Zeit nur mit einem Freelancer Auseinandersetzungen. Und dieser hatte seinen offiziellen Wohnsitz noch dazu in die Slowakei verlegt – natürlich um Steuern zu sparen. Ich erinnere mich auch, dass wir gerade in diesem Fall sehr vorsichtig waren und uns alle denkbaren Auskünfte und Bestätigungen geben ließen, um nur ja kein Risiko einzugehen. Das ist der einzige Fall, der aus meiner Sicht Sinn ergibt.
Dann kehrt Ruhe ein. Drei Monate später teilt mir mein "Starberater" mit, dass er nun Einsicht in den Akt hat. Tags darauf bekomme ich die Unterlagen. Ich setze mich nieder, bevor ich die Schriftstücke zur Hand nehme. Mir fällt ins Auge, dass die Vernaderung über eine anonyme sogenannte "Whistleblower"-Website zum Finanzamt gelangte. Es finden sich die Namen aller Freelancer, die in diesem Zeitraum bei mir gearbeitet haben. Zudem finde ich auch eine Menge interner Dokumente, die zeigen, wann wer auf welchem Projekt eingesetzt war. Diese Dokumente sind aber nur einem sehr eingeschränkten Kreis zugänglich. Der Akt zeigt auch, dass es Rückfragen seitens des Finanzamts gab, die jedoch nicht weiterführten, da der Whistleblower meinte, dass er mit weiteren Informationen seine Identität preisgeben könnte. Ich denke mir:"Wie feig kann man sein?"
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