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Alois Czipin: Eine Menge Wodka als Eisbrecher

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Alois Czipin, Czipin Produktivitätssteigerungs-GmbH

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Eine denkwürdige Nacht vor 15 Jahren in der Ukraine hat mir einmal mehr gezeigt, dass Fachwissen allein oft nicht das Wichtigste ist.

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Reise nach Nikopol

Im Mai 2008 bin ich gerade in der Wiener City unterwegs, als mein Telefon läutet. Es ist meine Assistentin: "Hallo Alois, da ist jemand aus der Ukraine, der dringend mit dir sprechen will." Ich nehme das Gespräch, und es meldet sich in sehr schlechtem Englisch der Technikvorstand eines Rohrproduzenten in Nikopol. Weder der Ort noch das Unternehmen sagen mir etwas, aber genau das weckt meine Neugier. Es stellt sich heraus, dass es sich um einen Betrieb mit 2.000 Mitarbeitern handelt, der seine Wettbewerbsfähigkeit dringend verbessern muss.

Zwei Wochen später sitze ich gemeinsam mit einem Mitarbeiter im Flugzeug nach Dnepropetrowsk – heute Dnipro –, um einen Quick-Check durchzuführen. Schon das Aufsetzen des Flugzeugs lässt große infrastrukturelle Mängel vermuten, denn die Landebahn ist mehr als desolat. Ich werde vom Eigentümer des Unternehmens abgeholt, der mich direkt zum Werk bringt. Die Fahrt führt über Straßen, die von Schlaglöchern übersät ist. Der Unternehmer erzählt mir, dass ein großes Investitionsprogramm für 100 Millionen Dollar in Umsetzung begriffen ist. Die Produktivität des gesamten Unternehmens muss drastisch gesteigert werden.

Wir wurden auf Basis eines sehr erfolgreichen Projekts für einen Mitbewerber in Österreich angefragt. Neben uns bieten weitere zwei internationale Beratungsunternehmen an.

Nikopol selbst macht den Eindruck einer postkommunistischen Stadt: hässliche Gebäude und Lieblosigkeit, wohin das Auge blickt. So richtig schockiert bin ich, als wir zur Fabrik kommen. Es handelt sich um das Gelände eines früheren sowjetischen Stahlkombinats, in dem in seiner besten Zeit mehr als 20.000 Leute arbeiteten. Unser Fahrzeug kann sich zwischen tiefen Schlaglöchern nur mehr im Schritttempo bewegen. Auf den Gebäuden prangt überall der Sowjetstern mit Reliefs von Lenin und Stalin. Irgendwie habe ich den Eindruck, als wäre der Zweite Weltkrieg, in dem mein Vater in dieser Stadt gekämpft hat, gerade erst zu Ende gegangen.

Ich schiebe diese Gedanken zur Seite, wir müssen Fakten für das Projektangebot sammeln. Mein Kollege und ich führen strukturierte Interviews, machen Beobachtungen im Werk und analysieren Zahlen. Die Verbesserungsmöglichkeiten sind unschwer zu erkennen. Viele Bereiche sind überbesetzt, Leistungskontrollen gibt es nirgends, und die Prozesse sind manuell und kompliziert.

Wir führen gute Gespräche auf Augenhöhe, und ich spüre, dass hier echtes Interesse an Veränderungen vorhanden ist. Am Nachmittag des zweiten Tags ordnen wir die Fakten, erarbeiten die Schlussfolgerungen und stellen die Angebotspräsentation zusammen. Wir kommen auf ein Angebotsvolumen von über einer Million Euro und mögliche Verbesserungen von mehr als fünf Millionen pro Jahr

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