
Lieferantenmanagement erlebt eine bemerkenswerte Renaissance, gilt es doch als wichtiger Hebel zur Bewältigung regulatorischer Herausforderungen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff – und wie wird Lieferantenmanagement vom Randthema zum strategischen Kernprozess?
Lieferantenmanagement ist derzeit in aller Munde – nicht als kurzfristiger Hype, sondern als strukturelle Notwendigkeit. Unternehmen sehen sich mit einer Vielzahl regulatorischer Anforderungen konfrontiert, die sie nur bewältigen können, wenn sie ihre Lieferantenbeziehungen intensiver bearbeiten als bisher. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), ESG-Berichtspflichten nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder absehbare EU-Regulatorien zu Informations- und Cybersicherheit zeigen deutlich, dass Verantwortung über Unternehmensgrenzen hinaus gedacht werden muss.


Boris Blazej, Geschäftsführender Gesellschafter und Einkaufsexperte bei den Supply Chain Partners
Lieferantenmanagement war immer schon viel mehr als Preise verhandeln - es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen.
Vom Kostenfaktor zum Stakeholder
Klar ist, dass Lieferanten einen erheblichen Einfluss auf Kostenstruktur und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens haben. Aktuell rücken jedoch neue Bewertungskriterien wie Qualität und Innovationskraft, Werteorientierung und ethische Standards, Regelkonformität und Risikosteuerung in den Vordergrund. Unternehmen erkennen zunehmend, dass sie Lieferantenbeziehungen aktiv steuern müssen, anstatt lediglich zu reagieren, wenn etwas schiefläuft.
Lieferantenmanagement ist keine Abteilung – es ist eine gemeinsame Verantwortung.
Missverständnisse und Managementlücken
Ein verbreitetes Problem in der Praxis ist, dass Lieferantenmanagement häufig mit den klassischen Aufgaben des Einkaufs wie Verhandlungen, Bestellungen oder Reklamationen verwechselt wird. Doch in Wahrheit geht es um deutlich mehr. Bewusste Entscheidungen für oder gegen Lieferanten müssen unter Einbezug strategischer, ethischer und risikobezogener Faktoren getroffen werden – nicht nur auf Basis von Preis, Qualität oder kurzfristiger Verfügbarkeit.
Zudem bedeutet gutes Lieferantenmanagement, sich aktiv um bestehende Partner zu bemühen, ihre Weiterentwicklung zu unterstützen und Risiken frühzeitig zu identifizieren. Die Annahme, dass verlässliche Lieferanten „schon bleiben werden, weil sie mit uns Geld verdienen“, kann sich in einem angespannten globalen Umfeld rasch als trügerisch erweisen.
Die gute Nachricht: Viele Unternehmen haben die erforderlichen Hebel bereits in der Hand – sie müssen sie nur erkennen und konsequent nutzen.
Die wichtigsten Aktivitäten: Qualifizieren, Bewerten, Entwickeln, Segmentieren
Professionelles Lieferantenmanagement stützt sich auf erprobte Methoden, die aufeinander aufbauen. Zentrale Aktivitäten sind:
Lieferantenqualifizierung: Bereits vor Beginn einer Zusammenarbeit sollte geprüft werden, ob ein Lieferant die Anforderungen des Unternehmens erfüllt – technisch, organisatorisch, ethisch. Bei der Erreichung geforderter Standards sollten Lieferanten eventuell aktiv unterstützt werden.
Lieferantenbewertung und -entwicklung: Eine kontinuierliche, mehrdimensionale Bewertung der Lieferantenleistung ermöglicht eine faktenbasierte Steuerung. Aus den Erkenntnissen lassen sich individuelle Entwicklungsmaßnahmen ableiten.
Segmentierung und Portfolio-Monitoring: Nicht jeder Lieferant ist gleich relevant. Durch die Segmentierung des Portfolios – z. B. nach Risiko, Volumen oder strategischer Bedeutung – können Ressourcen effizient eingesetzt werden.
Diese Instrumente erlauben es, von reaktiver Problemlösung zu proaktiver Steuerung überzugehen – eine Grundvoraussetzung, um in einem zunehmend regulierten Umfeld bestehen zu können.
Je nach Kategorie, Markt und Lieferant muss mehr auf Wettbewerb oder Kooperation gesetzt werden.
Cross-funktionale Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor
Doch selbst mit den besten Methoden bleibt Lieferantenmanagement wirkungslos, wenn es nicht organisatorisch verankert ist. Die Realität in vielen Unternehmen zeigt: Lieferantenmanagement ist häufig kein geübter Teamprozess, sondern ein „blinder Fleck“ zwischen verschiedenen Funktionen.
Dabei ist klar, dass die beschriebenen Herausforderungen nur cross-funktional gelöst werden können. Sie verlangen nach klaren Rollen, abgestimmten Prozessen und einer übergreifenden Governance. Auch das Top-Management ist gefordert, die Weichen zu stellen – durch Zielvorgaben, Ressourcen und kulturelle Verankerung. Denn wer jetzt in klare Rollen, digitale Tools, methodische Kompetenz und echte interne Zusammenarbeit investiert, macht seine Lieferkette nicht nur regelkonform, sondern auch zukunftsfähig.
Ein Spezialist für eine optimierte Supply Chain
Supply Chain Partners (SCP) wurde 2019 von den drei Fachexperten Boris Blazej, Ernst Fabian und Alexander Steinhart in Wien gegründet und bietet eine auf Supply Chain (Planung, Einkauf und Logistik) spezialisierte strategische und operative Beratung und Begleitung an.
Dazu wurde eine eigene Business Intelligence Plattform namens SCIO® für mehr Transparenz und bessere Entscheidungsfindung in der Supply Chain entwickelt.
Zu Ihren Kunden zählen viele renommierte Unternehmen aus Industrie und dem öffentlichen Bereich.