
Caterer Attila Dogudan zählt zu den großen Gewinnern. Dank boomenden Airline-Geschäfts erzielte Do & Co ein Rekordergebnis: 26 Prozent plus beim Umsatz, 40 Prozent beim Betriebsergebnis.
©Ernst Kainerstorfer/picturedesk.comDas Ranking der 500 umsatzstärksten Unternehmen Österreichs spiegelt die anhaltende Rezession wider: Fast die Hälfte der Betriebe verzeichnete 2024 einen rückläufigen Umsatz. Doch nicht überall herrscht Krise, es gibt auch ein paar Rekorde zu vermelden.
Und wieder ist ein Verlierer der Sieger: Mit einem Minus von 13,9 Prozent kam die OMV im vergangenen Geschäftsjahr bei knapp 34 Milliarden Euro Umsatz zu liegen. Was aber trotzdem weiterhin unangefochten die Spitzenposition im trend-Ranking der Top-500-Unternehmen bedeutet.
Seit dem Megahoch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und den damit verbunden Preisexplosionen bei Öl und Gas – der OMV-Umsatz erreichte 2022 über 62 Milliarden Euro – sinken die Energiepreise stetig und folglich auch die Erlöse der OMV. Dennoch liegt Österreichs größter Konzern immer noch fast 50 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau.
CEO Alfred Stern, der kommendes Jahr aus seinem Job ausscheiden wird, führt neben niedrigeren Preisen auch die sinkende Nachfrage nach fossilen Brennstoffen und die grüne Transformation ins Treffen. Das Unternehmen sei aber in die richtige Richtung unterwegs: „Die OMV ist am Weg, sich mit neuen Gas-Aktivitäten, Geothermie, mit den Re-Oil-Projekten und nachhaltigen Kraftstoffen für die Energie- und Mobilitätswende neu aufzustellen.“
Auch die Nummer zwei des Rankings musste ein leichtes Umsatzminus in Kauf nehmen. Der Umsatz der Porsche Holding, größtes Autohandelshaus Europas, sank um 2,7 Prozent auf 28,6 Milliarden Euro. Und die Aussichten für heuer sind kaum besser. „Im heurigen Autojahr müssen wir mit noch stärkerem Gegenwind rechnen“, so Chef Hans Peter Schützinger, „wir fahren deshalb auf Sicht und planen konservativ, da sich die Wachstumschancen nicht wirklich verbessern werden.“
Die beiden Unternehmen, die quasi eine Abonnement auf die ersten beiden Plätze haben, sind keine Ausnahme. Die Datenerhebung für das trend-Ranking zeigt, dass fast die Hälfte der Betriebe 2024 einen Umsatzrückgang verzeichnen musste – eine Zahl, in der sich die Rezession spiegelt.
Stark betroffen ist preisbedingt die Energiebranche. Die Wien Energie büßte ein Drittel ihres Umsatzes sein, die oberösterreichische Energie AG und Verbund je über 20 Prozent. Aber für Sorgenfalten sorgt das nicht überall, denn Verbund erzielt immer noch eine Ebit-Marge von 33 Prozent, die Kärntner Kelag knapp 27 Prozent.
Industrie unter Druck
Ganz anders sieht es in weiten Teilen der Industrie aus. Denn trotz des Rückganges der Energiepreise liegen sie – wie die auch stetig steigenden Personalkosten – im internationalen Vergleich immer noch hoch. Und das bekommen Unternehmen wie voestalpine, Benteler, Magna Steyr, Engel, Siemens oder B&R zu spüren. Vor allem in den Branchen Kfz-Komponenten, Maschinen- und Anlagenbau sowie Automatisierung steht häufig ein Minus vor der Umsatzzahl.
„Wir erleben einen erheblichen Einbruch der Wettbewerbsfähigkeit. Der Standort befindet sich im Sinkflug“, formuliert es Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich. Das Beratungsunternehmen analysiert jährlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Eines der Ergebnisse: 61 Prozent der befragten Managerinnen und Manager bewerten die Stimmung als negativ – ein absoluter Tiefstwert.
Neben der überbordenden Bürokratie werden vor allem die hohen Lohnstückkosten beklagt, die hierzulande in den vergangenen fünf Jahren um 32 Prozent gestiegen sind, während es in der Eurozone nur 24 Prozent waren. Kein Wunder also, dass Österreich im Competitiveness-Report des IMD Lausanne seit 2020 zehn Ränge verloren hat und jetzt nur noch auf Platz 26 liegt.
Positive Rekorde
Doch nicht überall wird Trübsal geblasen. Trotz anhaltender Krisenstimmung gibt es – durchaus überraschend – auch zahlreiche Ergebnis- und Umsatzrekorde. Insbesondere im Dienstleistungssektor. So konnte der global tätige Catering-Konzern Do & Co seinen Umsatz um 26 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro steigern und das Betriebsergebnis sogar um 40 Prozent auf 92 Millionen Euro. „Das ist das beste Ergebnis unserer Geschichte“, freut sich Firmenchef Attila Dogudan.
Zum Abheben brachte das Geschäft vor allem das Catering über den Wolken: Dank der Erholung des internationalen Flugverkehrs und neuer Kunden wie Delta Air Lines konnte die Airline-Division um 37 Prozent zulegen. Mittlerweile setzen mehr als 60 Fluggesellschaften beim Essen auf Dogudan und sein Team.
Für heuer rechnet der Firmenchef mit weiteren acht bis zehn Prozent Wachstum, vor allem aus dem amerikanischen Markt und durch die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Formel 1. Der Vertrag wurde im Dezember 2024 um weitere zehn Jahre verlängert. „Sinnvolles Wachstum mit steigenden Margen“, formuliert Dogudan als Ziel. Beim Umsatz hat man die Drei-Milliarden-Marke im Visier.
Auch der Flugzeugzulieferer FACC erzielte ein Umsatzplus von 20 Prozent, Pfanner Fruchtsäfte legte um zwölf Prozent zu. Der Bushersteller Iveco konnte seinen Umsatz dank eines Postbus-Großauftrags mehr als verdoppeln. Der Gastrozulieferer Kröswang knackte dank über 2.000 neuer Kunden erstmals die Marke von 400 Millionen Euro.
Gezielter Ausbau
Der Pharmahersteller Novartis wuchs dank Exportausweitung und Ausbaus der Produktionskapazitäten in Kundl und Schaftenau um 30 Prozent. In den Ausbau von Kundl investiert Novartis aktuell 250 Millionen Euro. „Aufgrund des zunehmenden globalen Wettbewerbs und der hohen Volatilität werden wir dieses Wachstum jedoch möglicherweise nicht von Jahr zu Jahr aufrechterhalten können“, schränkt Österreich-Chefin Catherine Emond ein, „deshalb ist es wichtig, dass Regierungen Anreize für Innovationen schaffen und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen.“
Selbst im arg gebeutelten stationären Handel, wo zuletzt viele Insolvenzen zu beklagen waren, gibt es positive Überraschungen. So meldete die Drogeriekette dm ein Umsatzplus von 17 Prozent – und das keineswegs nur wegen Preisanhebungen, wie Firmensprecher Stefan Ornig betont: „Die Preissteigerung des dm-Warenkorbes betrug gerade einmal 1,8 Prozent, also deutlich weniger als die Inflation. Das Umsatzplus ist eindeutig auf größere Verkaufsmengen und mehr Kunden zurückzuführen.“
Doch nicht alle Erfolgsmeldungen sind Grund zu ungetrübter Freude. Die Österreich-Tochter des deutschen Waffenherstellers Rheinmetall ist zählt zu den Topaufsteigern. Sie konnte den Umsatz aufgrund der hochexplosiven Weltlage auf 1,23 Milliarden Euro verdoppeln und profitiert von den erzwungenermaßen steigenden Investitionen in die Verteidigung.
Zudem dürfen Erfolge wie diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass Österreichs Wirtschaft nach wie vor im Krisenmodus steckt. Ein Beispiel dafür ist die oberösterreichische B&R, früher Bernecker + Rainer und seit 2017 Teil der ABB-Gruppe. Der Automatisierungsspezialist ist ein Indikator für die Lage der heimischen Industrie: Sind dort die Auftragsbücher voll und die Aussichten gut, investieren die Unternehmen in ihre Prozesse, geht es schlecht, bleiben Investitionen aus.
2023 konnte B&R noch den hohen Auftragsbestand abarbeiten, es wurde sogar eine extra Wochenendschicht eingeführt. Doch dann schlug die Rezession zu. Die Zahl neuer Auftragseingänge ging 2024 dramatisch zurück, der Umsatz fiel um ein Viertel. 240 Stellen wurden abgebaut, knapp zehn Prozent der Belegschaft. Ähnlich erging es vielen anderen Produktionsbetrieben.
Druck aus China
Auch in Boombranchen tauchten plötzlich Probleme auf: Fronius, Hersteller von Wechselrichtern, wie sie für PV-Anlagen benötigt werden, büßte 2024 über 40 Prozent seines Umsatzes ein, 1.000 Beschäftigte verloren ihren Job. „Chinesische Hersteller bieten Waren teilweise unter den Herstellungskosten an, weil sie in China subventioniert werden“, nennt Firmenchefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß einen der Hintergründe. Sie fordert daher, die Mehrwertsteuerbefreiung für PV-Anlagen wie geplant erst mit Ende des Jahres auslaufen zu lassen, und nicht – wie nun von der Regierung beschlossen – mit sofortiger Wirkung. „Die Wirtschaft braucht einerseits den Abbau von Bürokratie und ein investitionsfreundliches Klima, aber andererseits vor allem Planungssicherheit“, sagt Engelbrechtsmüller-Strauß. „Alle müssen wissen, woran sie sind.“ Immerhin: Der Auftragseingang zeigt wieder leicht nach oben.
Vielleicht die beste Nachricht: Aus Deutschland kommen endlich wieder positive Signale. Mehrere Institute haben ihre Prognosen für Österreichs wichtigsten Handelspartner leicht angehoben, nachdem die Wirtschaft im ersten Quartal 2025 um 0,4 Prozent zulegte. Für weitere Impulse sollte das 500 Milliarden Euro schwere Infrastrukturpaket sorgen. „Die deutsche Wirtschaft sieht etwas Licht am Ende des Tunnels“, meinen die Experten des Kieler IfW-Instituts. Hoffentlich auch die heimische.
Dieser Artikel ist in der trend.EDITION vom 27. Juni 2025 erschienen.