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Die Erwartungen vor den KV-Verhandlungen [UMFRAGE]

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trend. Umfrage, durchgeführt von market.at

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Starke Preissteigerungen erfordern hohe Lohnabschlüsse - oder doch nicht? Die neue trend. Umfrage zeigt: Die Hälfte der Österreicher:innen sieht keinen Zusammenhang zwischen hohen Lohnabschlüssen und einer möglichen Rezession.

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Am 25. September beginnen die Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten in der heimischen Metallindustrie, und selten einmal wurde schon im Vorfeld so intensiv gewirbelt und getrommelt – vor den Nationalratswahlen im nächsten Jahr bringen sich Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertreter:innen bereits mit doppelter Lautstärke in Stellung.

Die Ausgangsbasis lässt einen harten Kampf erwarten. Die durchschnittliche Inflationsrate für den Zeitraum September 2022 bis August 2023 beträgt laut Schnellschätzung der Statistik Austria 9,6 Prozent, dazu kommt noch der Produktivitätszuwachs. Die hohen Abschlüsse im Herbst 2022 – bei den Metallern im Schnitt 7,4 Prozent – waren im Zeichen explodierter Energiepreise praktisch alternativlos, in der Zwischenzeit haben Bevölkerung und Firmen eine Ahnung davon bekommen, was Lohn-Preis-Spirale heißt. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer warnt deshalb im trend-Interview vor einem "schleichenden Abwandern" der Unternehmen, das bereits im Gange sei und bei zu hohen Lohnsteigerungen dramatisch verstärkt würde.

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Die überwiegende Mehrheit ist für hohe Lohnabschlüsse.

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Prinzipiell wollen 35 Prozent der Österreicher:innen in einer aktuellen Umfrage des market-Instituts für den trend möglichst hohe Lohnabschlüsse, um die Kaufkraft zu erhalten. Etwas zurückhaltender sind die unter 30-Jährigen und die über 60-Jährigen sowie Befragte mit Matura und/oder Universitätsabschluss. Sieben Prozent halten es für "nicht notwendig", das Maximum auszureizen, nur um den Konsum aufrechtzuerhalten. Der große Rest bewegt sich zwischen diesen zwei Polen.

Während diese erste Frage von hohem Eigeninteresse getrieben sein dürfte, nimmt Frage zwei Bezug auf das große Ganze – die Volkswirtschaft. Nicht nur die Arbeitgeber:innenverbände und Unternehmer:innen, auch Ökonom:innen und Politiker:innen warnen ja seit Wochen davor, hohe Lohnabschlüsse könnten zu einer weiteren Eintrübung der Wirtschaftsaussichten führen. Firmenexodus, Jobverluste und Rezession wären mögliche Folgen. Das Wifo hat soeben seine Mittelfristprognose zum BIP-Wachstum in Österreich zurückgenommen. Verfangen diese Aussagen aber auch bei den Österreicher:innen?

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Nur jeder Vierte glaubt der Warnung, dass hohe Lohnabschlüsse eine Rezession auslösen könnten.

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Bei einem Viertel ja. Fast die Hälfte, 48 Prozent, sehen hingegen keine wirtschaftlichen Risiken im Fall sehr hoher Lohnabschlüsse. Weitere 27 Prozent machen keine klare Angabe. "Große Unsicherheit" liest market-Expertin Birgit Starmayr aus diesen Zahlen. Eine eindeutige Korrelation gibt es jedenfalls zwischen jenen, die durch hohe Lohnabschlüsse volkswirtschaftliche Nachteile befürchten, und jenen, die hohe Abschlüsse für nicht notwendig halten, siehe Frage eins.

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Die Mehrheit hält die hohe Inflation für "hausgemacht".

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In der politischen Diskussion über die Ursachen ist von Relevanz, wie stark die Ursachen für die Teuerung als hausgemacht empfunden werden und wie stark internationale Faktoren dafür verantwortlich gemacht werden. In den Monaten nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, als die Gas- und Strompreise nach oben schnellten, war es verhältnismäßig einfach, die Hauptschuldigen außerhalb der Landesgrenzen zu verorten. Doch die unbedingte Bereitschaft, die Sündenböcke anderswo zu suchen, ist nicht mehr sehr hoch. 36 Prozent sagen in der market-Umfrage, dass die hohe Inflation "sehr stark" auf hausgemachte Faktoren zurückzuführen ist, 30 Prozent "eher stark" – in Summe also zwei Drittel. "Nicht hausgemacht" bzw. "eher weniger" sagen jeweils nur vier Prozent, 26 Prozent der Befragten nehmen eine Mittelposition ein.

"Die Bevölkerung nimmt den Politikern die Aussage, die Inflation komme von außerhalb, nicht mehr uneingeschränkt ab", interpretiert Starmayr diese Zahlen. Dazu trägt wohl nicht nur die Opposition bei, die mehr und mehr auf das Versagen der Regierung in der Inflationsbekämpfung als zentrales Vorwahlkampfthema fokussiert. Die vorliegenden Europa- Rankings objektivieren den Status: In Ländern wie Spanien und der Schweiz lag die Teuerungsrate im Juli bei gerade einmal 2,1 Prozent, im EU-Vergleich wird Österreich nur noch von Ländern in Osteuropa übertroffen: Ungarn, Lettland, Slowakei und Tschechien. In den Zahlen schlägt sich aber mit Sicherheit auch die allgemein gestiegene Unzufriedenheit mit der Regierung nieder.

Die Umfrageergebnisse finden Sie auch in der trend. PREMIUM Ausgabe vom 8.9.2023

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