Immobilienkredite: Warnung vor systemischen Risiken
Die Immobilienpreise haben in der Coronakrise weiter angezogen. Das Finanzmarktstabilitätsgremium der OeNB sieht systemische Risiken und warnt vor einer zu lockeren Kreditvergabe.
Steigende Immobilienpreise bereiten dem FMSG Sorgen
Die Immobilienpreise haben in der Coronakrise weiter angezogen. Auch Wohnen wurde wieder teurer, wie der neue Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer zeigt. Im Jahr 2020 wurde Eigentum im bundesweiten Schnitt zwischen 3,7 Prozent (Reihenhäuser) und 4,6 Prozent (gebrauchte Eigentumswohnungen) teurer, Baugrundstücke verteuerten sich um 7,5 Prozent, Mieten stiegen um 1,7 Prozent, in Wien um 6 Prozent.
Das breitet dem bei der Oesterreichischen Nationalbank angesiedelten Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) nun zunehmend Sorge. Es warnt vor steigenden systemischen Risiken aus dem Immobilienmarkt und einer zu lockeren Vergabe von Bankkrediten an Private.
Das Wachstum der Immobilienkredite an private Haushalte (mit einem Jahresanstieg von 6,6 Prozent im April 2021) und der Wohnimmobilienpreise (Jahresplus von 12,3 Prozent im ersten Quartal 2021) hätten zuletzt "deutlich an Dynamik gewonnen". Diese Entwicklungen in Österreich seien auch im europäischen Vergleich "auffällig". Für die Marktbeobachter ergeben sich daraus "Hinweise auf eine zunehmende Überhitzung des Wohnimmobilienmarktes", wie die OeNB wissen ließ. Im Falle von Preiskorrekturen habe dies in der Vergangenheit in zahlreichen Ländern "häufig zu nennenswerten Wohlstandsverlusten geführt".
Kritik an lockerer Kreditvergabe
Die Risikotoleranz bei der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten sei gestiegen, hält das FMSG fest. Die "sehr niedrigen Kreditzinsen und ein hoher Wettbewerb zwischen den Kreditgebern" führten zu "deutlich sinkenden Margen". In weiterer Folge werden Immo-Kredite leichtfertiger vergeben.
Die Finanzmarktexperten erinnern an die Leitlinie für die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten aus dem Jahr 2018, in der sie einen Eigenfinanzierungsanteil von mindestens 20 Prozent des Kaufpreises, Laufzeiten von höchstens 35 Jahren und Schuldendienstquoten von höchstens 30 bis 40 Prozent des Nettoeinkommens empfahlen.
Kreditvergabe verbessern
Die Kreditvergabestandards - besonders die Schuldendienst- und Beleihungsquoten - sollten verbessert werden, um die Finanzmarktstabilität sicherzustellen und "die Systemrisiken einer kreditgetriebenen Immobilienblase" zu adressieren, betonten die Marktexperten und forderten die Banken nachdrücklich zur "Einhaltung dieser wesentlichen Leitlinie" auf. Aus der derzeitigen Wohnimmobilienfinanzierung ergäben sich zunehmend systemische Risiken.
Die Immobilienkredite an private Haushalte sind heuer in den ersten Monaten weiter "deutlich gestiegen". Auch unter den weiteren vom FMSG für die Beurteilung der Risiken aus dem Kreditzyklus herangezogenen Indikatoren seien "jene mit Immobilienbezug auffällig geblieben": Die durchschnittlichen Risikogewichte der hypothekarisch besicherten Kredite seien auf historisch niedrigem Niveau, der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien zeige "eine deutliche Überbewertung" an und die Verschuldungsquote der privaten Haushalte habe sich erhöht.