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OGH: Kehrtwende zu Indexklauseln in Mietverträgen

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 © APA/Roland Schlager

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Gastkommentar: Der Oberste Gerichtshof sorgt mit einer neuen Entscheidung für Aufatmen bei Vermietern. Der Rechtsanwalt Christian Nordberg analysiert die Bedeutung für Vermieter:innen und die Immobilienwirtschaft.

 

Eine nebenbei getroffene Aussage des OGH in einer Entscheidung vom 21.03.2023 versetzte Vermieter in helle Aufregung: Wertsicherungsklauseln sind unzulässig, wenn der Vermieter den Mietzins innerhalb der ersten zwei Monate des Mietverhältnisses zumindest theoretisch anheben könnte. Solche Wertsicherungsklauseln, so der OGH, verstoßen gegen das KSchG (OGH 2 Ob 36/23t). Die für Vermieter fatale Konsequenz ist, dass nicht nur eine innerhalb der zwei Monate erfolgende Indexierung zurückgefordert werden kann, sondern die Wertsicherungsklausel als solches nichtig ist und der Vermieter damit auf die gesamte Dauer des Mietvertrages die Möglichkeit verliert, den Mietzins an die Inflation anzupassen. Die Entscheidung erging in einem Verbandsklageverfahren, das die Arbeiterkammer zur Überprüfung diverser Mietvertragsklauseln angestrengt hatte. In einigen weiteren Entscheidungen zu Klauselprozessen bestätigte der OGH seine Aussage (8 Ob 37/23h, 8 Ob 6/24a).

Worum geht es? Nach § 6 Abs 2 Z 4 KSchG sind Vertragsklauseln unwirksam, die dem Unternehmer das Recht einräumen, innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss ein höheres Entgelt für seine Leistung zu fordern, sofern der Unternehmer diese Klausel mit dem Verbraucher nicht im Einzelnen ausgehandelt hat. Vermieter hatten diese Bestimmung nicht auf dem Radar. Dementsprechend gab es de facto keinen Mietvertrag, der eine Indexierung des Mietzinses - abgesehen davon, dass die Inflation über Jahrzehnte kein solches Ausmaß erreichte - innerhalb der ersten zwei Monate explizit ausgeschlossen hätte.

Die bisherigen Entscheidungen des OGH betrafen allesamt Verbandsklagen und keine Individualverfahren, also Verfahren, in denen ein Mieter von seinem Vermieter Geld wegen einer (vermeintlich) unzulässigen Indexklausel zurückforderte. Den Entscheidungen ist außerdem gemein, dass eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit der Reichweite der gesetzlichen Bestimmung nicht stattgefunden hat. Die Kritik aus der Immobilienwirtschaft, aber aus juristischen Fachkreisen war teilweise heftig.

Nun hat sich der OGH in einem Individualverfahren - ein Mieter forderte von seinem Vermieter die von ihm bezahlten Indexierungsbeträge zurück - intensiv mit § 6 Abs 2 Z 4 KSchG und dessen Entstehungsgeschichte, den bisherigen Entscheidungen sowie auch der Kritik in der juristischen Fachliteratur auseinandergesetzt. Er kommt zum Ergebnis, dass diese Bestimmung des KSchG auf Mietverträge generell nicht anwendbar ist. § 6 Abs 2 Z 4 KSchG ist von seinem Zweck her darauf ausgerichtet, den Verbraucher bei kurzfristig zu erfüllenden Verträgen vor Überraschungen bzw. Preiserhöhungen zu schützen. Das betrifft Verträge, die vom Unternehmer innerhalb von zwei Monaten zur Gänze erfüllt werden, nicht aber Mietverträge, die auf eine längere Dauer ausgerichtet sind. Für Vermieter ist dies eine ebenso wichtige wie erfreuliche Klarstellung. Indexklauseln, die eine Anpassung des Mietzinses innerhalb der ersten zwei Monate nicht ausdrücklich ausschließen, sind damit ohne weiteres gesetzeskonform.

Der OGH hat in dieser Entscheidung aber noch weitere interessante Aussagen getroffen. Im Individualprozess ist ein Mietvertrag nicht im kundenfeindlichsten Sinn auszulegen. Es kommt vielmehr auf das an, was Vermieter und Mieter übereinstimmend wollten. Auf den Wortlaut einer Klausel ist erst dann abzustellen, wenn im Verfahren kein übereinstimmender Parteiwille festgestellt werden kann. Das ist insofern wichtig, weil für die Vertragsauslegung auch das Verhalten des Mieters maßgeblich ist. Wenn ein Mieter die aufgrund eines bestimmten Indexwertes angehobene Miete ein Jahr lang ohne Vorbehalt bezahlt, dann gilt dies im Sinne des § 863 ABGB als schlüssige Zustimmung zu diesem Indexwert als Basis für die Indexierung. Und zu guter Letzt stellte der OGH klar, dass die Verwendung eines Indexwertes, der vor dem Abschluss des Mietvertrages liegt, nicht per se unzulässig ist. Die Verwendung der im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses zuletzt verlautbarten Indexzahl ist nach Auffassung des OGH verkehrsüblich und nicht unsachlich.

Heißt das nun, dass man sich als Vermieter entspannt zurücklehnen kann? Ganz so einfach ist es nicht. Das Urteil bringt aber eines: Rechtssicherheit für korrekt vereinbarte Indexmieten. Wer seinen Mietvertrag sauber formuliert und auf einen klar definierten Index abstellt, muss keine Rückzahlungen befürchten. Wer allerdings auf veraltete oder unklare Vertragsmuster setzt, begibt sich nach wie vor auf dünnes Eis. Denn der Teufel steckt im Detail: Unklare oder zu weit gefasste Klauseln können auch weiterhin als intransparent gewertet werden – mit der Folge, dass sie unwirksam sind.

Zur Person

Christian Nordberg ist seit 2000 Rechtsanwalt und Gründungspartner von Hule Bachmayr-Heyda Nordberg.

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