"Es ist möglich, Millionen für ein Eigenheim zu finanzieren"
Hunderttausende Menschen haben eine zu teure Immobilienfinanzierung, sagt Interhyp-Österreich-Chef Andreas Luschnig. Er rät dazu, sich vor einer Kreditaufnahme unabhängig beraten zu lassen.
Andreas Luschnik, Interhyp
trend:
Wo liegen die Kreditraten? Schließt sich nicht ein Zeitfenster für günstige Immo-Finanzierungen, weil Banken knausrig werden dürften, wenn die befürchteten Pleitewellen kommen?
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Das ist individuell, als Faustregel kann man aber 0,8 Prozent Aufschlag auf den derzeit negativen Drei-Monate-Euribor kalkulieren - das bedeutet 0,3 Prozent p. a., und tatsächlich gibt es das auch am Markt. Doch das Zeitfenster schließt sich langsam. Sich langfristig die tiefen Zinsen zu sichern, macht auf jeden Fall Sinn. Als Privatkunde die richtige Bank zu finden ist ein Glücksgriff: Die richtige Bank fürs Eigenheim ist nicht unbedingt die richtige für die Anlagewohnung. Wir beraten individuell, bekommen Topkonditionen und helfen, sehr viel Geld zu sparen.
Früher waren bei Immobilienfinanzierungen die "Knock-out-Kriterien" Loan to Value (Verhältnis Kreditsumme zum Immobilienwert), Leistbarkeit der Kreditraten und Bonität der Kreditnehmer. Sie bildeten die Basis dafür, ob eine Finanzierung überhaupt darstellbar war und wie die Konditionen waren. Gilt das nach wie vor? Wie kann der Immobilienwert berechnet werden, wenn Konjunkturprognosen laufend geändert werden müssen? Wie wirken sich Unberechenbarkeit und Lockdowns auf Leistbarkeit und Bonität aus?
Diese Kriterien sind nach wie vor entscheidend. Wobei die langfristigen Prognosen auf die aktuellen Umstände angepasst werden müssen und es auch bei hart betroffenen Branchen zu diversifizieren gilt: Wie wird auf die Krise reagiert? Wie sieht der Businessplan, wie die Lebensplanung des Kreditnehmers aus? Die Leistbarkeit muss ja nicht nur am Anfang, sondern über die gesamte Kreditlaufzeit gegeben sein. Daher werden "Krisenbranchen" anders betrachtet als Krisenprofiteure. Was den Immobilienwert betrifft: Banken bewerten mit standardisierten Bewertungsprogrammen. Viele plausibilisieren damit aber nur den Kaufpreis und setzen auch private Gutachter ein -vor allem, wenn die Immobilie teurer ist. Aber die Banken denken logisch und möchten finanzieren. Dass etwa in Lech am Arlberg sehr hohe Preise bezahlt werden, wird Banken nicht von einer Finanzierung abschrecken.
Die Immobilienpreise in Österreich steigen, in "Hotspots" wie Salzburg oder Wien gibt es kaum noch Einfamilienhäuser unter einer Million Euro. Wirkt sich das auf die Finanzierungssummen aus?
Der Durchschnitt liegt in unserer Beratungspraxis bei 300.000 Euro, das ergibt sich aber aus einer Spannungsbreite von 50.000 bis 3,5 Millionen Euro. Das zeigt: Es ist auch möglich, Millionen für ein Eigenheim zu finanzieren. Auch dann gelten aber die gleichen Grundsätze wie bei anderen Finanzierungen: Die Eigenmittel müssen passen, Leistbarkeit muss gegeben sein. Bei Luxusobjekten kann es auch passieren, dass die Bank konservativer bewertet und deswegen mehr Eigenmittel notwendig sind.
Macht eine Umschuldung Sinn?
Ja! Umschuldungen sind eines unserer Hauptthemen: Es gibt rund eine halbe Millionen Haushalte in Österreich, die eine Finanzierung haben, die besser gehen würde. Viele könnten sich Zehntausende Euro ersparen -die größte Ersparnis des Lebens. Ich rate jedem, der vor 2019 finanziert hat, sich dringend beraten zu lassen, ob die Finanzierung noch marktkonform ist. Ich weiß, für viele ist ein Finanzierungsgespräch leider wie ein Zahnarztbesuch, doch es zahlt sich aus.
Zur Person
Andreas Luschnig, 34, ist Niederlassungsleiter des ersten Österreich-Standorts des Wohnbaufinanzierungs-Beraters Interhyp. Das Unternehmen hat in Deutschland mehr als 100 Standorte und ist seit 2018 auch in Österreich aktiv. Luschnig weiß genau, wie Banken ticken: Er war zuvor Berater und Filialleiter bei österreichischen Großbanken.