
Viele Geschäftsreisende sind in der Pandemie erstmals in Firmenjets eingestiegen. Ausgedünnte Flugpläne und hohe Ticketpreise bei den Airlines sorgen für anhaltend stabile Nachfrage.
Schenkt Mark Mateschitz seiner Freundin Victoria Swarovski einen Privatjet, geht diese Nachricht durch das Netz. So reisen „Reich und schön“, denken sich dann viele. Das Bild trügt, tatsächlich ist der Celebrity-Anteil an der Bedarfsfliegerei verschwindend gering, sagen jene, die das als Geschäft betreiben, die sogenannten Business Operators. „Das Wort Privatjet ist irreführend. Die meisten unserer Kund:innen sind geschäftlich unterwegs“, sagt Darko Cvijetinovic, Managing Director beim Anbieter MJET, der am Standort Wien 17 Maschinen auf Kurz- und Langstrecke anbietet. „Als Bedarfsflugunternehmen sind wir wahnsinnig flexibel, haben kleine Strukturen und flache Hierachien. Das hat uns in der Pandemie einen Kundenstamm erschlossen. Viele kannten das Segment vorher nicht, und nützen es jetzt auch weiter.“ Einen weiteren Grund, warum die Nachfrage nach der Pandemie „überraschenderweise nicht wieder abgeflaut ist“, beschreibt Bernhard Fragner, Geschäftsführer der in Linz stationierten GlobeAir: „Die Airlines haben durch die Pandemie gelernt, zu rechnen, und finanzieren keine nicht mehr profitablen Routen.“
Abgelegene Orte statt Metropolen
Die angeflogenen Ziele sind meist nicht die klingenden Namen aus dem Tourismus, sondern kleine oder mittelgroße Städte, die für die Geschäftsreisende strategisch relevant sind und von den großen Fluglinien entweder gar nicht mehr oder nicht regelmäßig bedient werden oder schwer erreichbar sind. Im Frühjahr kippte die Lufthansa die Zubringerflüge von Paderborn nach München aus dem Flugplan. 36 ansässige Mittelständler zahlten 25.000 Euro ein, um sich eine eigene Propellermaschine als Zubringer leisten zu können, berichtete unlängst die deutsche Zeit.
Im Jahr 2022 etwa wurden aus Österreich 3.200 sogenannter City Pairs geflogen, also Verbindungen bedient, für die es keine Flüge gibt, hat die European Business Aviation Association gezählt. Tatsächlich sind die Flugbewegungen mit Businessjets in Europa mit Ausreißern nach oben (in der Pandemie) und nach unten (Finanzkrise 2008) erstaunlich stabil. „Verglichen mit 2019 gibt es in Europa derzeit etwa ein Prozent mehr Flugbewegungen. Das stimmt in etwa auch für Österreich“, sagt Peter Malanik, langjähriger AUA-Vorstand und heute Präsident des lokalen Dachverbands Aviation Industry Austria.
Malanik beschreibt die Motive für die Buchungen: „Der mit Abstand wichtigste Grund sind Reisen in abgelegene Destinationen. Ein zweites Segment sind medizinische Einsätze wie der Transport von Organen oder etwa Ersatzteile und Spezialmechaniker für Industrieanlagen.“ Und, so der Experte: „Diese Businessjets werden gemietet, weil es zeitkritisch ist, eine ganze Delegation fliegt oder die Destination schwer zu erreichen ist. Zu 98 Prozent sind das wirtschaftlich fundierte Entscheidungen.“ Dass die Businessjets im Sommer häufiger in Nizza oder Palma landen, „ist eine Kapazitätsauslastung in einer Zeit mit wenigen Businessgeschäften“, sagt Malanik. „Der Anteil von Ferienfliegern in dem Segment ist gering.“
DJs, Sportler und Politik
Das Klientel, das Businessjets nutzt, ist nicht nur in der klassischen Wirtschaft zu Hause: „Ein Kundensegment, das stark gewachsen ist, sind Leistungssportler oder Künstler. DJs erreichen mit klassischen Verbindungen ihre Ziele gar nicht mehr oder verlieren zu viel Zeit am Weg dorthin“, erzählt GlobeAir-Mann Fragner. Neben traditionell starken Buchern aus der Finanzbranche kommen nun vermehrt solche aus der Industrie. „Wie viel Geld in den Defense-Sektor geht, merken wir an Buchungen aus der Primär- und Rüstungsindustrie.“ Und, so Fragner weiter: „Die Politik fliegt viel mehr als früher. Der Ukraine-Krieg, die Zölle – man spürt die angespannte Lage und Nervosität. Spitzenpolitiker haben extremen Zeitmangel.“
Hauptziele liegen in der DACH-Region, Frankreich, Großbritannien, Italien - und in Osteuropa boomt vor allem eine Destination: Polen. „Der Wiederaufbau der Ukraine wird von Polen aus koordiniert, das ist jetzt bereits stark spürbar.“ In Österreich selbst ist ein Hotspot Salzburg, und das hat weniger mit den Festspielen zu tun. „Deutsche Unternehmer:innen, die ihre Holdings nach Salzburg übersiedeln oder übersiedelt haben, gibt es einige.“
Fragner sieht in den stark gestiegenen Ticketpreisen im privaten wie geschäftlichen Segment ein weiteren Grund für die anhaltend gute Buchungslage: „Geschäftsreisende fühlen sich unfair behandelt. Zu Ticketkosten, die um fast das Doppelte gestiegen sind, kommen geradezu schikanöse Kontrollen bei Hand- und Übergepäck“, sagt Fragner. „Die Meinung vieler Geschäftsreisender über die Airlines hat sich sehr verschlechtert.“


Bernhard Fragner ist Geschäftsführer der GlobeAir, betreibt eine Flotte mit 20 Flugzeugen und beschäftigt 170 Mitarbeitende. Am Linzer Flughafen hat Fragner im Dezember 2024 einen eigenen Wartungsbetrieb aufgebaut.
© BeigestelltKleine Branche kämpft um Sichtbarkeit
In Österreich hängen direkt und indirekt rund 8.500 Jobs und 2,2 Mrd. Euro Bruttowertschöpfung an der Businessjet-Branche, die sich über den Verband ABAA organisiert. Dort ist MJET-Chef-Darko Cvijetinovic für Government Affairs zuständig. Er beobachtet eine Veränderung in der Wahrnehmung der Business Aviation: „Die Zusammenarbeit mit dem Ministerium war auch unter grüner Führung eine konstruktive. Eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts rückt nun aber merkbar in den Vordergrund. Die Politik ist bemüht, im Vergleich zu den anderen Mitgliedsstaaten einen Fair Playground zu schaffen.“
Einen Bürokratieabbau würden sich die Geschäftsflieger beim Workflow für die Mineralölsteuerbefreiung wünschen. „Wir müssen als Bedarfsflugunternehmen einen sogenannten eingeschränkten Freischein ausgestellt bekommen. Dieser Prozess ist mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden, wie das Vorlegen der Rechnungen an Endkunden, was wiederum schwierig ist, wenn Broker (Vermittler) involviert sind, was aber durchaus üblich ist in der Branche. Das ist nicht nur logistisch kompliziert, sondern führt auch zu Verzerrungen im Wettbewerb und schlussendlich auch dazu, dass viele gar nicht mehr in Österreich tanken, wenn es die Umstände erlauben.“


Darko Cvijetinovic ist Managing Director beim Anbieter MJET, der 17 Maschinen auf Kurz- und Langstrecke anbietet. Er ist im Geschäftsfliegerverband ABAA für die Behördenkontakte zuständig und um Bürokratieabbau und mehr Sichtbarkeit der Branche bemüht, die indirekt rund 8.500 Jobs schafft.
© BeigestelltHausgemachter Fachkräftemangel
An Kunden mangelt es der Branche nicht, an Fachkräften aber durchaus. Mitarbeitende zu finden, ist für die Geschäftsflieger zum großen Thema geworden: Pilot:innen sind einfacher zu gewinnen, weil die durch die Dienstplangestaltung auch woanders in Europa leben können bzw. stationiert sind. Gebraucht werden in den Hauptquartieren aber Flugzeugtechniker, Dispatcher und Flugdienstberater:innen. „Das ist Mangelware in Österreich“, gibt Cvijetinovic zu, „und auch ein hausgemachtes Problem. Wir haben als Branche in den letzten Jahrzehnten zu wenig gemacht. Durch die Diskretion kennt man unser Geschäft in der breiten Öffentlichkeit zu wenig.“ Mit geplanten Vorstellungen bei Aktionen wie der Flugtechnik-HTL oder der Uni Krems soll nun gegengesteuert werden. GlobeAir-Mann Fragner behilft sich selbst und bildet seit kurzem erstmals Luftfahrtzeugtechnik-Lehrlinge aus - im eigenen Wartungsbetrieb am Linzer Flughafen.
Zahlen zum Markt in Österreich
Zahlen zum Firmenfliegermarkt in Österreich
Der Verband der Businessjet Operators ABAA zählt aktuell rund zehn Anbieter in Österreich, der größte ist AvconJet, die mehr als 100 Flugzeuge (in allen Größen, bis zur B737) betreiben. 2022 waren 227 Businessjets am österreichischen Flugregister, ein Großteil davon hat auch hier eine Basis, die Flüge werden aber nicht nur von/nach Österreich oder der jeweiligen Basis durchgeführt. Damit ist Österreich unter den Top 10 Ländern Europas im Businessjet-Bereich. Etwa 80% der Flüge finden innerhalb Europas statt, bedingt allein durch die beschränkte Reichweite vieler dieser Flugzeuge.
Es gibt Firmenjets, die ausschließlich von einem oder mehreren Eigentümern/Unternehmen genutzt werden. Daneben gibt es Unternehmen, die einen Pool an Jets verwalten und bei Nicht-Nutzung durch die Besitzer diese vermarkten: Wartungs- und Planungskosten werden im Pool günstiger.
Die Kosten für Flüge mit kleinen Businessjets beginnen ab 2.000 Euro die Stunde. Eine Tagesrandverbindung Wien-London-Wien in einem kleinen Jet gibt es ab 14.000 Euro. Für Businessjets gibt es auch Suchmaschinen, das sind B2B-Plattformen, für die es eine Registrierung braucht.