Schwarzer Corona-Freitag [Politik Backstage von Josef Votzi]

So schlitterte Österreich in die Corona-Katastrophe: Wie Kurz sich noch jüngst über Experten-Fehlprognosen lustig machte. Weshalb Mücksteins Krisenplan erst verwässert und dann aus Angst vor der FPÖ wochenlang auf Eis gelegt wurde. Warum Schallenberg & Kurz einen österreichweiten Lockdown noch verhindern wollten.

Schwarzer Corona-Freitag [Politik Backstage von Josef Votzi]

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (li) konnte seinen Krisenplan nicht durchbringen - nun kommt der nächste österreichweite Lockdown, den Schallenberg (re.) und Kurz noch verhindern wollten.

Im Maria Theresien Zimmer der Hofburg bietet sich seit Wochen jeden Tag zwischen 8 und 11 Uhr vormittag das gleiche Bild: Mitarbeiter eines Test-Labors sitzen hier in Schutzanzügen, um Testwillige zu registrieren. Hinter einem Paravent wird dann ein Rachenabstrich genommen.

In seinem Ausweichquartier bietet das Parlament wie andere Unternehmen zum Schutz der Mitarbeiter und eines reibungslosen Betriebes Gratis-Tests an. Der Andrang auf die Parlaments-Teststraße hat seit Ausrollen der Corona-Impfung abgenommen. Diesen Montag früh begeben sich auffällig viele Parlaments-Mitarbeiter und Abgeordnete Richtung des altehrwürdigen Maria Theresien-Zimmers. Der Parlamentsbetrieb läuft diese Woche auf Hochtouren. Vier extralange Plenar-Sitzungstage des Nationalrats stehen an.

Ein Testwilliger in der Schlange erregt diesen Montag gleich mehrfach Aufsehen. Er war bisher nicht nur ein seltener Gast im Parlaments-Ausweichquartier. Im vergangenen Monat ist er gänzlich von der Bildfläche verschwunden: Gerald Fleischmann, seit zehn Jahren einer der engsten Weggfährten von Sebastian Kurz. Das Mastermind der türkisen Message-Control hat seinen Dienst als Medienbeauftragter im Kanzleramt mit Kurz Abgang quittiert.


Fleischmanns diskretes Parlaments-Comeback

als ÖVP-Einpeitscher


Um seinen weiteren Lebensweg machen die Türkisen bislang öffentlich ein Geheimnis, obwohl dieser wenige Überraschungen birgt. Der ruppige Niederösterreicher, dem der 35-jährige Kanzler a.D. seine langjährige überdurchschnittlich gute Medienperformance verdankt, ist mit Kurz in den ÖVP-Parlamentsklub übersiedelt. Seit dem 1. November ist der gelernte PR-Profi als “Referent für alle möglichen Themen” im ÖVP-Klub angestellt.

Gerald Fleischmann, unter Sebastian Kurz Kanzlerbeauftragter für Medienfragen

Gerald Fleischmann, unter Sebastian Kurz Kanzlerbeauftragter für Medienfragen.

Auch wenn Fleischmann nicht mehr physisch im Kanzleramt sitzt. Seine Handschrift ist beim Auftritt des türkisen Regierungs-Teams weiter unverkennbar. Die Wahl der politischen Parolen bleibt holzschnittartig populistisch und medial zuvorderst boulevardtauglich. Im Umgang mit dem Koalitionspartner und politischen Andersdenkenden aller Art wird mehr denn je nicht gekleckert, sondern geklotzt. Ein neues Gesicht hat nur der Hauptdarsteller an der türkisen Regierungsspitze. Aus Alexander Schallenberg spricht aber weiterhin Sebastian Kurz und damit His Masters Medial Voice, Gerald Fleischmann. Der Ersatzspieler im Kanzleramt stimmt sich beim neuen und alten Megathema Corona vor und nach Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, Landeshauptleuten und anderen Top-Playern im Polit-Betrieb mit Kurz & Co penibel ab.


Türkise Operation: Mücke kleinhalten


Der Weg zu den richtigen Corona-Maßnahmen war auch in der Ära Rudolf Anschober immer ein zähes Ringen zwischen Gesundheitsministerium und Kanzleramt samt den dahinter gelagerten Experten- und Ärztestäben. Offene Auseinandersetzungen hielt nicht nur die damals noch vorhandene Restmenge an Koalitionsdisziplin im Zaum. Öffentlicher Streit war auch nicht angeraten, weil Anschober zuletzt populärer als Kurz war – was freilich das interne Powerplay befeuerte und im Rücktritt des Grünen endete.

Wolfgang Mückstein wollten Kurz & Co erst gar nicht als Konkurrenten im Popularitäts-Barometer aufkommen lassen. Anläufe von Wolfgang Mückstein - ähnlich wie Michael Ludwig in Wien - in ganz Österreich schon im Laufe des Sommers und vor allem mit Schulbeginn vorsorglich Corona-Schutzmaßnahmen wieder zu beleben, schmetterten Kurz & Co intern wiederholt ab. Das hätte zum einen der ÖVP-Propaganda-Parole widersprochen, die Kurz im Sommer groß plakatieren ließ: "Wir haben die Pandemie gemeistert".


Kurz belächelte Prognosen

"gemeisterte Pandemie"


Kurz war auch im September tatsächlich weiterhin überzeugt, dass die Prognose-Experten des Gesundheitsministeriums mit ihren Warnungen vor einem neuen Katastrophen-Spätherbst wie im Vorjahr falsch lägen. Im kleinen Kreis rechnete Kurz wiederholt feixend anhand von Beispielen vor, wie oft das Prognose-Konsortium schon danebengelegen sei.

Selbst nach seinem "Schritt zur Seite" stemmte sich Kurz bei der Order-Ausgabe an sein türkises Regierungsteam gegen die von Mückstein geforderte Wiedereinführung der FFP2-Maskenpflicht für alle Innenräume. Alexander Schallenberg & Co halten treu ergeben die Kurz-Doktrin ("Die Pandemie ist für Geimpfte vorbei") nach innen und nach außen weiter eisern aufrecht.

Die Kurz-Doktrin "Die Pandemie ist für Geimpfte vorbei" wurde weiter eisern aufrecht gehalten.

Was seit dem Kanzler-Sturz neu ist: Der interne Streit wird von den Türkisen immer öfter lustvoll nach außen getragen. Der hölzerne Anschober-Nachfolger Wolfgang Mückstein macht es Kurz & Co zudem leicht, ihn öffentlich auflaufen zu lassen.

Vergangenen Samstag saßen die türkis-grünen Verhandler bis kurz vor Mitternacht im Kanzleramt zusammen, um ein Maßnahmenpaket für den Bund-Länder-Video-Gipfel am Sonntag zu schnüren. Einig war man sich nur beim Neuanstrich der bereits seit Anfang November geltenden 2-G-Regel für alle Freizeit-Vergnügen vom Gasthaus- bis zum Kinobesuch. Sie wurde als "Lockdown für Ungeimpfte" neu aufgepeppt. Dass Ungeimpften noch zusätzlich das Einkaufen abseits des Supermarkts verboten ist, ist praktisch unkontrollierbar und nur ein rein symbolischer Aufputz für das geltende 2-G-Regime in allen Lebensbereichen abseits des Arbeitsplatzes und der öffentlichen Verkehrsmittel. Dementsprechend bescheiden waren die Erwartungen der meisten Experten an den Lockdown für Ungeimpfte als zusätzlichen Beitrag zur Pandemiebekämpfung und drängten auf mehr.


Türkis lässt Grün mit Verschärfungen abblitzen


Mit allen anderen tatsächlichen Verschärfungsmaßnahmen blitzte Mückstein in der samstäglichen Koalitionsrunde freilich ab: Nächtliche Ausgangssperre für alle zwischen 22 Uhr und 6 Uhr früh; Comeback des Home-Office, generelle FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen und bei größeren Menschenansammlungen auch Outdoor; Einschränkungen bis Verbote größerer Veranstaltungen ohne fixe Sitzplätze.

Es war ein offenes Geheimnis, dass Mückstein dafür tags darauf beim Bund-Länder-Gipfel weiter werben wollte. Er trug seine Wunschliste einmal mehr derart extra-dry vor, dass es einigen ÖVP-Länderchefs hinterher leicht fiel, verlauten zu lassen, sie hätten die lustlos verlesene Liste als dringenden Wunsch des Gesundheitsministers gar nicht wahrgenommen.

Beim Bund-Länder Videogipfel ist Mückstein mit seinen Warnungen abgeblitzt.

Alexander Schallenberg tat zudem alles, um eine Debatte darüber erst gar nicht aufkommen zu lassen. Als Mückstein Stunden danach im ZiB-2-Interview en passant wissen ließ, dass er einen nächtlichen Lockdown wolle, war Feuer am Dach. Alexander Schallenberg schmetterte den Wunsch seines Gesundheitsministers öffentlich ab. Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck legen wie zu Kurz-Fleischmanns Message-Control-Hochblüte-Zeiten mit persönlicher Kritik am Regierungskollegen nach.


"Dieser Politstreit kostet Leben"


Alles in allem ein unwürdiges Schauspiel, das Türkis-Grün selbst in der überwiegend Kurz-freundlichen Kronen-Zeitung ein historisch einmalig negatives Titelbild bescherte. Alexander Schallenberg und Wolfgang Mückstein vor einem bedrohlich schwarz eingefärbten Corona-Virus-Bild mit der politisch tödlichen Schlagzeile: "Dieser Politstreit kostet Leben!"

Die Kronen Zeitung prangerte am 17. November 2021 die Regierung an: "Dieser Politstreit kostet Leben!"

Die Kronen Zeitung prangerte am 17. November 2021 die Regierung an: "Dieser Politstreit kostet Leben!"

Das Getauche hat eine wochenlange Vorgeschichte, die den zähen Stellungskrieg der vergangenen Tage zwar verständlicher macht, angesichts der dramatischen Gesamtlage aber alles andere als rechtfertigt.

Das Gesundheitsministerium hatte schon im Laufe des Sommers auf einen Maßnahmenplan für den Corona-Herbst gedrängt. Ergebnis war ein Stufenplan für Verschärfungen, der sich nicht mehr - wie im ersten Corona-Jahr - nach den Infektionszahlen, sondern der Zahl der belegten Corona-Intensivbetten richtet. Denn mit der Impfung ist in neuer Faktor im Spiel, der die reine Orientierung an Infektionen als Prognose-Grundlage neu aufmischte.

Strittig war zwischen Grün und Türkis intern aber, ob sich die Maßnahmen wie bisher an entsprechenden Prognose-Rechnungen oder an bereits schlagend gewordenen Fallzahlen richten solle. Die Kurz-Truppe traute Mücksteins Prognostikern auch in dem Fall nicht. Ergebnis war ein politischer Deal, dessen Ergebnis jetzt fatale Folgen hat.


Polit-Deal beim Stufenplan mit fatalen Folgen


Kompromiss eins: Es wurden für fünf Schwellenwerte - von 200 bis 600 belegten Intensivbetten - jeweils schärfere Maßnahmen definiert. In Kraft treten sollten sie aber immer erst eine Woche nach Erreichen des neuen Alarmlevels.

Kompromiss zwei: Die beiden letzten Stufen 4 und 5 sollen erst nach den oberösterreichischen Landtagswahlen verkündet werden. Offizielle Begründung: Man wolle die Menschen nicht mit derart vielen möglichen Maßnahme-Varianten verwirren.

Inoffizielle Begründung im türkisen inner circle: Die Stufe 5 mit einem Lockdown für Ungeimpfte, so Kurz & Co, werde wegen der guten Sommerzahlen ohnehin nie erreicht werden. Die Türkisen würden daher den Teufel tun, vor der Landtagswahl der FPÖ und der neuen Impfgegner-Partei unnötig Munition zu liefern. Anfang September wurde daher von Türkis-Grün allein ein Stufenplan für Belegzahlen von 200, 300 und 400 Intensiv-Betten verkündet - ohne die bereits politisch paktierten letzten zwei Eskalationsstufen bei 500 und 600 Betten.

Mit dem Outing der dramatischsten Maßnahmen wartete die Regierung wochenlang zu. Das beförderte auch die von Türkis gewünschte aber gefährlich trügerische Stimmung: "Die Pandemie ist gemeistert".


Mücksteins Krisenmanagement:

too little, too late


Erst in der letzten Oktober-Woche ließ Mückstein der fatalen Koalitionsräson gehorchend die Katze aus dem Sack. Von da ging es Schlag auf Schlag. Es entpuppte sich rasch: Der aus politischen Gründen nur scheibchenweise verkündete Stufenplan war der explosiven Corona-Lage nicht gewachsen: Too little, too late.

Die Ein-Wochen-Nachfrist zum Verhängen neuer Maßnahmen musste schon bei Stufe zwei über die Haufen geworfen werden. Nach immer mehr dramatischen Hilferufen von überlasteten Ärzten und Pflegepersonal konnte die Regierung auch mit dem "Lockdown für Ungeimpfte" – er wäre erst ab 600 vollen Intensivbetten fällig - nicht mehr warten. Die letzte Alarm-Stufe 5 musste schon nach Überschreiten der 400er-Marke ausgelöst werden.

An den Intenisvstationen werden die Betten knapp. Ärzte und Pfleger arbeiten bis zum Umfallen.

Wolfgang Mückstein & Co war bald klar, dass selbst das nicht mehr reichen wird. Die eigenen koalitionsintern verwaschenen Pläne müssten dringend nachgeschärft werden. Dabei entpuppte sich aber immer deutlicher: Mückstein hat als Arzt seine Meriten, als Politiker ist er auch sieben Monate nach Amtsantritt immer noch nicht angekommen.

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker hatte zwar im kleinen Kreis anfangs Loblieder auf das neue Gegenüber gesungen: ”Ich habe mit Mückstein in den ersten Wochen mehr geredet als mit Anschober in eineinhalb Amtsjahren.” Eine Tugend, die der 47jährige offenbar nur sporadisch und sehr selektiv pflegt. Die meisten Landeschefs monieren nicht nur fehlende Kontaktaufnahmen, sondern auch einen sehr eigenwilligen Umgang.

Jüngstes Beispiel: Nachdem erste Gespräche mit Salzburgs Landeschef Wilfried Haslauer keinen Konsens erzielt hatten, rief Mückstein zwei Tage danach unangekündigt einseitig einen Lockdown für Ungeimpfte für Salzburg und Oberösterreich aus. Als ein Politiker-Kollege Haslauer am Rande bei einer Sitzung mit der entsprechenden APA-Meldung am Handy überraschte, behielt der Salzburger Landeschef nur mühsam die Fassung.


Gesundheitsminister,

ein Titel ohne Mittel


Dabei ist kaum ein anderer Ressortchef mehr auf eine funktionierende Achse mit den Ländern angewiesen, wie der Gesundheitsminister. Auch wenn Gesundheit auf Ministeriums-Schild ganz vorne steht, bei der Sicherung und Finanzierung hat er praktisch null Kompetenzen und auch keine Hebel, um via Geldvergabe politisch Druck zu machen.

Auf verlorenem Posten: Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein.

Was an realer Macht fehlt, suchen Profis mit öffentlichem Druck via guter Kommunikation wettzumachen. Auch da hapert es beim politischen Lehrling Mückstein. “Interviews sind nicht seine Stärke”, formuliert ein Spitzengrüner diplomatisch. Eine reichlich freundliche Umschreibung für die Auftritts-Pannen allein der letzten Tage. Eine Impflicht für das medizinische Personal kündigt Mückstein Freitag vor einer Woche mit einem Nebensatz an. Auf Nachfragen flüchtet er fünfmal in den gleichen Stehsatz und ergreift dann wegen eines vorgeblich nahenden Termins die Flucht vor den verblüfften Journalisten.


Türkise Rache an Mückstein

für den Kanzler-Sturz


Zugesagte Interviews wie zuletzt für Puls24, in denen er sich breiter erklären könnte, sagt er kurzfristig ab. Selbst bei einem Auftritt im Parlament anlässlich der Debatte über sein Ressort-Budget betet Mückstein nur ein paar Zahlen herunter. Den aufgelegten Elfmeter lässt er aus: An einem Tag, an dem mit 14.000 Neu-Infektionen neuerlich ein Negativ-Rekord gebrochen wurde, ein paar Sätze zur dramatischen Corona-Lage an die Bevölkerung zu richten.“Was Anschober bisweilen zu viel an Kommunikation geboten hat, verkehrt Mückstein ins Gegenteil. Die wenigen eher maulfaulen Auftritte hinterlassen dann mehr Fragen als Antworten”, sagt ein teilnehmender Beobachter im Regierungsviertel.

Für die Türkisen ist ein politisch und kommunikativ schwacher Minister wie Mückstein ein gefundenes Fressen. Zumal sie wild entschlossen sind, wo immer sie können, Rache für den Kanzler-Sturz durch Kogler & Co zu nehmen. Türkis lässt Mückstein so auch in der heftiger denn je wütenden vierten Corona-Welle als Player erst gar nicht aufkommen. ”Türkis macht weiter auf Augen zu und durch. Dort wo es nun unvermeidlich ist, wie in Oberösterreich und Salzburg, setzen sie zwar Maßnahmen, bremsen aber auch hier Mückstein ganz bewusst aus.”

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer bei der Ankündigung des Lockdowns für sein Bundesland.

Donnerstag und Freitag treffen sich die Landeshauptleute zu ihrer regelmäßigen Konferenz. Für diesen Freitag als Gast eingeladen war ursprünglich nur der türkise Kanzler. Unter dem Druck der negativen Boulevard-Schlagzeilen wegen des offenen Regierungsstreits luden die mehrheitlich schwarzen Länderchefs last minute auch den grünen Gesundheitsminister nach Pertisau am Tiroler Achensee.

Sie stellen den grünen “Mister Corona” freilich neuerlich vor vollendete Tatsache. Zwei Tage vor dem neuen Bund-Länder-Gipfel preschen Thomas Stelzer und Wilfried Haslauer mit einem harten Lockdown für Oberösterreich und Salzburg vor.

In den westlichen Bundesländern sorgt vor allem ein neues Horror-Szenario zusätzlich für Alarmstimmung: “Wenn es irgendwo in den Alpen zu einen Busunfall mit Gästen aus dem Ausland kommt, deren Schwerverletzte wegen Covid kein freies Intensiv-Bett mehr finden, dann kann man den Tourismus abhaken. Dann war Ischgl nur die Generalprobe für den Image-Gau.”


Landesfürsten verhängen

totalen Lockdown


Das alles ist nur das Vorspiel zum schwarzen Corona-Freitag.

Das Gespenst eines bundesweiten Lockdowns mit Start am Wochenende oder spätestens Montag geht um. Denn Wolfgang Mückstein drängt - getragen vom Rückenwind von immer mehr Ärzten, Experten und Politiker-Kollegen - weiterhin auf einen bundesweiten Lockdown.

In der Kurz-Truppe fürchten nach Salzburg und Oberösterreich zwar einige bereits einen Domino-Effekt. Der Sprecher der Seilbahn-Wirtschaft Franz Hörl machte deshalb am Rande der Nationalratssitzung bei Vorarlberger Abgeordneten-Kollegen energisch dafür mobil, auf den gerade wegen Corona erkrankten Landeshauptmann Markus Wallner einzuwirken, nicht bei der von Salzburg & Oberösterreich losgetretenen Lockdown-Welle mitzumachen.

Allen voran aber stemmen bis zuletzt Schallenberg & Co im Auftrag von Kurz sich eisern gegen die Absage der Kurz-Doktrin: “Die Pandemie für die Geimpften ist vorbei. Sie ist eine der Ungeimpften”.

Donnerstagnachmittag suchten Schallenberg, Köstinger & Kocher im Beisein von Mückstein so den Schulterschluss mit jenen Kräften im Land, die Türkis sonst verächtlich außen vor lässt: Die Sozialpartner. Bei dem eineinhalbstündigen Treffen mit den Spitzen von ÖGB, Wirtschafts- und Arbeiterkammer standen alte Bekannte aus dem ersten Corona-Jahr auf der Tagesordnung: Homeoffice, Kurzarbeit und Wirtschaftshilfen. Neu auf der Gesprächsagenda waren eine sektorale oder allgemeine Impflicht, Initiativen zur Hebung der Immunisierungsquote und ein zügigerer Ausbau der PCR-Testangebote. “Ein österreichweiter scharfer Lockdown war und bleibt für uns kein Thema, sondern schärfere Anti-Coronamaßnahmen”, proklamierte danach noch ein türkiser Strippenzieher.

Geht es weiter nach Kurz, dann kommen abseits regionaler Lockdowns ab kommender Woche nur Verschärfungen aus jenem Maßnahmen-Bündel, das Wolfgang Mückstein beim - für ihn total verunglückten – vorwöchigen Bund-Länder Gipfel vorgelegt hatte: Comeback des Home-Office, nächtliche Ausgangssperre, allgemeine Maskenpflicht und befristetes Aus für größere Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze.

Beim kleineren Regierungspartner hat man bis zuletzt die erfolgreiche Durchsetzung eines generellen Advent-Lockdowns noch nicht aufgegeben. Donnerstag avisierten Mücksteins Emmissäre den anderen Parlamentsparteien, dass Ihnen deshalb Freitag Abend noch ein außerordentlicher Termin blühen könnte. Denn ein allgemeiner Lockdown kann nicht einfach vom Gesundheitsminister dekretiert werden, sondern muss mit Mehrheit im Hauptausschuss des Nationalrats abgesegnet werden.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag übernahmen dann die langjährig wirklich Mächtigen im Land auch im Bund wieder voll das Kommando. Der 19. November 2021 wurde endgültig zum schwarzen Corona-Freitag: Österreich geht in seinen vierten Lockdown.


Der Autor

Josef Votzi

Josef Votzi

Josef Votzi ist einer der renommiertesten Politikjournalisten des Landes. Der Enthüller der Affäre Groër arbeitete für profil und News und war zuletzt Politik- und Sonntagschef des "Kurier". Für den trend verfasst er jede Woche "Politik Backstage".

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