
FACC-CEO Robert Machtlinger über das wirtschaftliche Potenzial hinter der jüngsten Leonardo-Beschaffung und den Weg zu einer fairen, transparenten Aufteilung der Geschäfte.
Mit dem jüngsten Leonardo-Einkauf sollen Industriekooperationen, früher Gegengeschäfte genannt, im Wert von 400 Millionen Euro verbunden sein. Ist dieses Volumen realistisch?
Das ist absolut realistisch. Solche Verpflichtungen laufen über mehrere Jahre, solche Kooperationen sind in der Regel nicht kurzfristig angelegt. Vieles ist hier denkbar von der Forschung und Entwicklung über den Komponentenbau bis hin zu Testeinrichtungen, Softwarelösungen, Flugüberwachungssystemen sowie Simulatoren oder Wartungsaufgaben.
Worin unterscheiden sich die absehbaren Projekte von früheren Deals? Mehr Digital, mehr Vielfalt?
Auch der letzte Deal war für die österreichische Industrieentwicklung ein sehr guter und nachhaltiger. In den letzten 20 Jahren hat sich technologisch sehr viel verändert. Air-Traffic-Management-Systeme von damals sind mit denen von heute nicht mehr vergleichbar, da haben wir einen Weltmarktführer in Österreich. Flugsimulatoren, Testequipment bis hin zu hochfesten Rohstoffen, Drohnen oder Flugzeugkomponenten sind heute gefragt. Leonardo ist auch im Raumfahrt- und Satellitengeschäft, auch hier ergeben sich interessante Möglichkeiten, die es vor 20 Jahren in dieser Art nicht gegeben hat.
Profitieren wollen viele. Wie gewährleistet der Staat Fairness und Transparenz? Sind – wie auf trend.at kolportiert – FFG und ABA geeignete Stellen?
Zwei zentrale Stellen sind definitiv ein guter Ansatz dafür – ein Vieraugenprinzip ist immer gut. Insbesondere die FFG als abwickelnde Organisation ist mit ihrer Erfahrung in der Forschungsförderung gut dafür geeignet, Industriekooperationen zu initiieren und begleiten.
Wie können Mitnahmeeffekte verhindert werden? FACC ist gut im Geschäft mit Embraer, obwohl beim jüngsten Kauf der Embraer-Transportflugzeuge keine Gegengeschäfte vereinbart wurden.
Wir sind überzeugt, dass Industriekooperationen einen langfristigen Nutzen haben. Bei den jüngsten Frachter- und Helikopterbeschaffungen gab es diese Kooperationsprogramme leider noch nicht. Aus Sicht der FACC kann ich diese Programme nur begrüßen. Viele Staaten machen das auch bei zivilen Beschaffungsvorgängen, das sind gut durchdachte Lösungen, und das wirkt nachhaltig über Jahre. Ein solcher Impuls ging bereits von der letzten Beschaffung von Kampfjets durch die Republik aus: Damals wurden in Österreich mit Airbus Umsätze deutlich unter 200 Millionen Euro erzielt.
Heute beliefern österreichische Unternehmen Airbus mit Produkten und Dienstleistungen im Wert von über 800 Millionen Euro jährlich, und beschäftigen 6.000 Menschen damit. Wenn man das hochskaliert, sind das massive und sehr nachhaltige Geschäfte. Wir begrüßen und unterstützen eine maximale Transparenz bei der Abwicklung, denn ich glaube, dass die von Leonardo in Österreich investierten 400 Millionen Euro sich über die Jahre deutlich erhöhen werden.
Der Leonardo-Deal
Der Leonardo-Deal
Ende November gab das Verteidigungsministerium bekannt, zwölf neue Leonardo-Jets (M346) anzuschaffen. Die Nachfolger der Saab 105 sollen bis 2028 geliefert werden. Das Gesamtvolumen dieses Deals beträgt 1,5 Milliarden Euro und umfasst zwölf Flugzeuge, Bewaffnung, Munition, Wartung, Ausbildung und den Simulator. Ein Jet kostet 80 Millionen Euro. Rund 400 Millionen Euro sollen durch Kooperationen wieder in die österreichische Wirtschaft fließen.
Leonardo-M-346


Zwölf neue Leonardo M-346 Jets werden für das Bundesheer angeschafft.
© LeonardoDer Defense-Sektor erlebt gerade generell starken Aufwind. Wo spüren Sie das als FACC im Tagesgeschäft?
Der Defense Sektor verzeichnet eine starke Dynamik. Für den rein militärischen Bereich fertigen wir derzeit nicht, einige der von uns gefertigten Leichtbaulösungen fallen aber in den Dual-Use Bereich, können also sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden. Wir liefern beispielsweise für Flugzeuge wie eine Boeing 737, die in der maritimen Überwachung eingesetzt wird. Ein anderes Beispiel: Unser Partner Archer Aviation hat primär zivile Anwendungen, es gibt aber auch einen Kaufoption von der US Army.
Was unterscheidet eigentlich die Komponenten im Defense-Bereich von anderen? Die Lizenzierung?
Die Technologien und Materialien sind größtenteils dieselben: Wir haben in Österreich, neben den Zulassungen für die Entwicklung und Fertigung von Leichtbauteilen, auch die erforderlichen Zulassungen für die Wartung oder Reparatur von Composite Komponenten. Mit diesen Zulassungen führen wir etwa auch für das Bundesheer Wartungsarbeiten bei den Eurofightern oder bei Hubschraubern durch.
Der wesentliche Unterschied von Dual Use Komponenten oder rein zivilen Komponenten zu reinen Defense-Komponenten liegt darin, dass diese Produkte nicht nur speziell für militärische Einsätze entwickelt wurden. Sobald Bauteile potenziell militärisch genutzt werden können, steigen die regulatorischen Anforderungen. Die Export- und Lizenzierungsverfahren sind umfangreicher, die behördliche Überwachung intensiver und auch intern gelten strengere Sicherheitsvorgaben – sei es in der Produktion oder generell beim beschränkten Zugang zu sensiblen Daten.
