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"Die Situation in den Strafanstalten ist ernst. Es gibt einen Überbelag und es gibt zu wenig Personal", warnte Sporrer. Zuletzt sorgte insbesondere die Justizanstalt (JA) Josefstadt, die derzeit bei laufendem Betrieb saniert wird, für Negativschlagzeilen. Etwa wurde auf einer Abteilung für Jugendliche das Abendessen bereits um 13.30 Uhr ausgegeben. Für alle laufenden Bauvorhaben sei die Finanzierung gesichert, betonte Sporrer.
Sie will sich aber auch nicht den Strafvollzug "schlechtreden" lassen. Zwar habe ihre Vorgängerin Alma Zadić damit begonnen, sich dem Thema zu widmen, "aber etwas zu spät und etwas zu wenig, im Vergleich zu dem, was an Bedarf besteht." Vor allem die Demografie erfordere das: In Österreich leben heute rund zwei Millionen mehr Menschen als vor 25 Jahren, und das spiegle sich auch in der Straffälligkeit nieder.
Die vor Beginn ihrer Amtszeit angelaufene Sanierung der JA Josefstadt bei laufendem Betrieb sei "natürlich eine Herausforderung", so Sporrer. "Ich bin seit einem dreiviertel Jahr im Amt. Wenn ich Zeit hätte, würde ich selber auf der Baustelle stehen."
"Geerbt" hat Sporrer auch die eher leidige Debatte um das neue Jugendgefängnis am Münnichplatz in Wien-Simmering. Dieses wurde ab Jahresbeginn während der Bauarbeiten zum Teil bezogen, der Vollbetrieb verschob sich dann aber immer wieder. Am 19. Jänner findet die Amtseinführung mit Leiterin Seada Killinger statt, bis Ende Jänner wird der Vollbetrieb mit 72 Insassen starten, verkündete die Ministerin.
Im Moment sei man für den Betrieb auch gut aufgestellt, gesichert seien eine Therapeutin und die ärztliche Versorgung durch eine externe Ärztin. Im Jugendgefängnis wird man vier Lehrberufe erlernen können. "Sollte die Haft kürzer sein als die Lehrdauer (Kurzlehren von ein bis eineinhalb Jahren, Anm.), kann die Lehre dort fortgesetzt werden, und man sieht im Lehrabschlusszeugnis nicht, dass sie in einer Haftanstalt absolviert wurde."
Auch durch die bedingte Entlassung und die Ausweitung des elektronisch überwachten Hausarrests (nun bei zwei Jahren Reststrafe statt einem möglich), auf die sich die Dreierkoalition schon vor dem Sommer einigte, versucht man der Überfüllung der heimischen Gefängnisse entgegenzuwirken. Die Fußfessel wird die Gefängnisse aber nicht leeren, räumt Sporrer ein: "Derzeit befinden sich ca. 360 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest, wir rechnen mit 150 mehr pro Jahr. Das kann nur eine von mehreren Entlastungen sein angesichts der tatsächlichen Zahlen."
Dass die Fußfessel eine Zwei-Klassen-Justiz befeuere (Wohlhabende erfüllen Kriterien an Wohnsitz und Einkommen eher), glaubt Sporrer nicht. Wenn jemand für die Fußfessel in Frage komme, aber keine Wohnung habe, könne sich der Verein Neustart um eine Wohnung und eine Arbeitsstelle für den Betroffenen kümmern. "Es ist nicht so, dass man die Wohnung dann schon haben muss. Der elektronisch überwachte Hausarrest ist ja auch eine Form des Strafvollzugs, daher werden die Häftlinge beim Übergang auch unterstützt."
Ausländer, die in Österreich verurteilt werden, könnten die Haft auch in ihrer Heimat absitzen. Mit EU-Staaten funktioniere das sehr gut. Man sei aber auch in Verbindung mit Staaten am Westbalkan oder Maghrebstaaten, auch dadurch versucht man der Überbelegung in den Justizanstalten zu begegnen.
Verfehlt sei der Ruf nach neuen Planstellen in den Justizanstalten, denn bereits jetzt könne man die bestehenden Stellen nicht mit qualifiziertem Personal füllen. Bei den uniformierten Justizwachebeamtinnen und -beamten sind derzeit etwa fünf Prozent der Stellen nicht besetzt, im nicht exekutiven Bereich - Pflege-, Gesundheits- und psychologische Dienste etwa - gar elf Prozent. Für das kommende Jahr ist deshalb eine Personaloffensive geplant.
Als bereits laufende Attraktivierungsmaßnahmen nannte die Ministerin etwa das Projekt "Athleta", bei dem junge Spitzensportlerinnen und -sportler neben Wettkämpfen und Trainings eine Ausbildung ähnlich wie beim Bundesheer oder der Polizei absolvieren. In Graz ging im Herbst ein Bachelorlehrgang für Justizmanagement an den Start. "Aber nächstes Jahr wollen wir an eine breite Öffentlichkeit treten und erklären, welche interessanten Berufe im Rahmen einer Justizanstalt, einer Haftanstalt, eines forensisch-therapeutischen Zentrums ergriffen werden können."