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US-Präsident Donald Trump drängt die Notenbank schon seit vielen Monaten zu aggressiven Zinssenkungen und schreckt dabei auch vor heftigen verbalen Attacken gegen Powell nicht zurück. Investoren werden die Aussagen des Fed-Chefs daher auch daraufhin abklopfen, ob der anhaltende politische Druck auf die unabhängige Notenbank inzwischen seine Spuren hinterlässt.
"Wir rechnen kommende Woche mit der ersten Leitzinssenkung der Fed im Jahr 2025 – nicht aus politischem Druck, sondern wegen der Abkühlung am US-Arbeitsmarkt", meint Chefstratege Robert Greil vom Bankhaus Merck Finck. Die jüngst bekannt gewordene Korrektur der US-Arbeitsmarktdaten nach unten liefere diesem Argument weiteren Vorschub. Im August wurden in den USA nur noch 22.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft geschaffen. Ökonomen hatten einen deutlich höheren Zuwachs von 75.000 Stellen erwartet. Zudem wurden frühere Daten erneut nach unten revidiert. Der eingetrübte US-Arbeitsmarkt dürfte die Fed aufschrecken. Denn die US-Notenbank soll nicht nur stabile Preise sicherstellen sondern auch die Vollbeschäftigung fördern.
Aus Sicht von Christian Reicherter, Analyst bei der DZ-Bank, sind die Sorgen über die Entwicklung des US-Arbeitsmarktes mittlerweile so groß, dass die Fed gewillt sei, durch einen zollbedingten Inflationsbuckel hindurchzuschauen. "Zwar haben die neuesten Inflationsdaten ein erneutes Anziehen der Inflationsdynamik ausgewiesen, insgesamt bleibt die Entwicklung der Inflation jedoch hinter den Befürchtungen zurück", meint der Experte. Ein plötzlicher, schneller Anstieg der Inflation sei nicht eingetreten. Die Inflationsrate war im August auf 2,9 Prozent gestiegen, nach 2,7 Prozent im Juli.
Powell hatte jüngst auf dem Notenbank-Symposium in Jackson Hole Signale für eine Zinssenkung gegeben und dabei auf zunehmende Risiken für den Arbeitsmarkt verwiesen. Die sich wandelnden Risiken könnten eine Anpassung der geldpolitischen Ausrichtung rechtfertigen, führte er in seiner Schlüsselrede aus. Die Finanzmärkte taxieren die Wahrscheinlichkeit derzeit auf rund 92 Prozent, dass die Fed den Leitzins nächste Woche um einen viertel Prozentpunkt senkt. Für einen größeren Zinsschritt um einen halben Prozentpunkt wird diese auf etwas mehr als sieben Prozent veranschlagt.
Die Volkswirte der Bank of America, Aditya Bhave, Stephen Juneau und Shruti Mishra, weisen in ihrer Vorschau zudem auf das Thema Notenbank-Unabhängigkeit hin. "Powell wird sich voraussichtlich auch Fragen zur Unabhängigkeit der Fed und zum Fall Lisa Cook stellen müssen", meinen die Experten. "Wir gehen davon aus, dass er die Bedeutung einer unabhängigen und unpolitischen Zentralbank hervorheben wird, sich aber nicht zu den Einzelheiten der Cook-Situation äußern wird."
Trump will unter anderem die Zusammensetzung der Fed-Führung in seinem Sinne ändern. So hat der Republikaner die Fed-Gouverneurin Lisa Cook entlassen wegen mutmaßlichem Hypothekenbetrug vor ihrem Amtsantritt. Cook wehrt sich allerdings gerichtlich dagegen - bisher erfolgreich. Die mit dem Fall betraute Bezirksrichterin blockierte die Entlassung unlängst. Der Fall wird nach Einschätzung von Experten wohl erst vom Obersten Gerichtshof entschieden. Sollte die Fed tatsächlich ihre Unabhängigkeit verlieren, würde wohl ein zentraler Eckpfeiler des weltweiten Finanzsystems wegbrechen.
WASHINGTON - USA: FOTO: APA/APA/AFP/MANDEL NGAN