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Offenlegungspflicht: Das bedeuten Artikel 8 und Artikel 9 bei ESG-Fonds

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Auf EU-Ebene werden ESG-konforme Richtlinien für die Anlageberatung verankert.
Auf EU-Ebene werden ESG-konforme Richtlinien für die Anlageberatung verankert.©iStockphoto / metamorworks
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Alle Fondsgesellschaften müssen darlegen, wie sie mit dem Thema Nachhaltigkeit umgehen. Die Auswahl von wirklich grünen Produkten soll erleichtert werden. Der Unterschied zwischen "hellgrünen und dunkelgrünen Fonds".

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Nachhaltige, ESG-konforme Geldanlage soll in der EU Standard werden. Als neuer Schritt in diese Richtung ist die seit dem 10. März 2021 gültige EU-Offenlegungsverordnung zu werten. Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister sind seither verpflichtet, Kunden über nachhaltige Produkte zu informieren, wenn diese nach nachhaltigen Produkten fragen oder entsprechende Produkte vom Anbieter beworben wurden.

Anfang 2022 wurden die Pflichten für Fondsgesellschaften weiter verschärft: Sämtliche Anbieter von Finanzprodukten müssen Kunden dann aktiv fragen, ob sie die Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Veranlagung berücksichtigen wollen. Wenn der Kunde das bejaht, dürfen diesem nur noch solche Wertpapiere angeboten und verkauft werden.

Zwei Drittel nicht nachhaltig

Produkte, die nicht in diese Kategorie fallen könnten es daher künftig schwerer haben. Und das sind viele: Von den rund 10.000 derzeit am österreichischen Markt erhältlichen Investmentfonds erfüllen rund zwei Drittel die Nachhaltigkeits-Kriterien (ESG-Kriterien) nicht. Das tun sie nur dann, wenn sie sowohl hinsichtlich Ökologie (Environment = E), Sozialer Gerechtigkeit (Social = S) und Governance (G) klar definierte Kriterien erfüllen.

Wie sehr Kunden auf das Thema Nachhaltigkeit bei der Geldanlage reflektieren zeigt eine Analyse des Fachverbandes für Finanzdienstleister. Demnach ist ein Drittel der Kunden sogar bereit, eine niedrigere Rendite in Kauf zu nehmen, wenn dafür das Investment nachhaltig ist. Wenngleich sich die Frage nach der Rendite in der Praxis immer seltener stellt. Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass die Performance ESG-konformer Anlageinstrumente herkömmlichen Produkten um nichts nachsteht.

Auswirkungen auf Finanzprodukte

Eine Analyse des Kundenverhaltens zeigt zudem, dass nachhaltige Geldanlageinstrumente vor allem von den für die Investmentbranche besonders interessanten Zielgruppen der allem jüngeren Anleger und der Frauen bevorzugt werden.

Das Interesse der Anleger und die neue EU-Verordnung dürften dazu führen, dass die Zahl der ESG-konformen Produkte bald deutlich zunimmt. Mit Folgen für Unternehmen, die dieses Kriterien nicht erfüllen: Ihre Anteilsscheine werden in Finanzprodukten künftig nicht mehr so häufig enthalten sein. Zumal die Politik auch diskutiert, ESG-konforme Produkte KESt-frei zu stellen, was dem Segment zusätzlich Auftrieb verleihen dürfte.

Vorgeschriebene Produkt-Bewertungen

Damit die Kunden erkennen zu können, bei welchen Produkten (z.B. Fonds oder Lebensversicherungen) es sich um nachhaltige handelt, müssen diese in drei Kategorien eingeteilt werden.

  1. Konventionelle Produkte, also solche die keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, müssen als „grau“ oder „farblos“ gekennzeichnet werden. Freiwillige ESG-Kriterien sind in dieser Kategorie möglich und entsprechen dem Artikel 6 der EU-Verordnung.
  2. Produkte mit verpflichtender Nachhaltigkeitsstrategie werden „hellgrün“ gekennzeichnet (Artikel 8)
  3. Produkte deren Nachhaltigkeitsstrategie auch einen messbaren Effekt haben werden dunkelgrün gekennzeichnet sein (Artikel 9).

In jedem Fall muss die Einstufung begründet und nachgewiesen werden.

Artikel 6: herkömmliche Fonds

Fonds, die keine Nachhaltigkeitsziele anstreben, qualifizieren sich nach Artikel 6 der EU-Verordnung. Diese Fonds machen die Mehrheit der am Markt verfügbaren Produkte aus.

Artikel 8: „hellgrüne" Fonds

Diese Fonds berücksichtigen ökologische und soziale Aspekte bei der Auswahl der im Portfolio enthaltenen Emittenten. Sie machen etwa ein Fünftel des europäischen Marktes aus.

Artikel 9: „dunkelgrüne" Fonds

„Dunkelgrüne" Fonds verfolgen ein nachhaltiges Anlageziel. Sie tragen etwa dazu bei, dass die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN nicht verletzt werden und zeigen transparent die positive Nachhaltigkeitswirkung auf.

Die Produktanbieter zudem sind verpflichtet, eine Strategie für Nachhaltigkeitskriterien zu entwickeln und darüber zu informieren. Außerdem muss jedes einzelne Produkt im Hinblick auf die Nachhaltigkeit klassifiziert werden und es müssen Informationen darüber veröffentlicht werden. Kunden sind auf Nachfrage im Beratungsgespräch darüber aufzuklären.

Einige Fondsgesellschaften planen, die Kategorisierung der Fonds und die Nachhaltigkeitsstrategie nur in den Fondsprospekten zu veröffentlichen, die mitunter mehr als 300 Seiten haben. Andere erwähnen die Kriterien auch in den zweiseitigen „Wesentlichen Anlegerinformationen“ (Key Investor Investor Document KIID) oder erstellen spezielle Merkblätter.

Wie die Banken und Fondsgesellschaften ihre Produkte im Sinne der Verordnung einstufen, ist völlig unterschiedlich. So hat Amundi den Großteil seiner Fonds als nachhaltig eingestuft und zählt damit zu den Vorreitern in der Branche.

Noch steht auch nicht fest, wer die Angaben der Institute kontrollieren soll. Laut Insidern könnte die Finanzmarktaufsicht (FMA) die zuständige Behörde sein. Die EU hat damit ein Gesetzeskorsett geschnürt, das noch deutlich stärker darauf abzielt, Anleger zu einem nachhaltigeren Anlagedepot zu animieren und so helfen soll den European Green Deal voranzutreiben. Der sieht vor, dass die Union die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent senkt und 2050 klimaneutral ist.

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