Fruchtgenussrecht Österreich: So sichern Sie sich Einfluss und Einnahmen
Eine Möglichkeit, sich Einfluss und Einnahmen an einer Immobilie zu sichern und sie trotzdem zu übergeben, ist das Fruchtgenussrecht. Wer nach der Übergabe die Einkommenssteuer für Einkünfte zahlt, was ein Vorbehaltsfruchtgenuss ist, was der Unterschied zwischen einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Fruchtgenussrecht ist.
ARTIKEL-INHALT
- Übergabe von Liegenschaften: So kann sich der Übergeber für die Zukunft absichern
- Einkommenssteuer: Wer zahlt beim Fruchtgenuss die Steuern?
- Wer trägt die Kosten bei Liegenschaft mit Fruchtgenussrecht?
- Vorbehalts-Fruchtgenuss: Bisheriger Eigentümer behält die "Früchte"
- Schenkungen: Familien- und zivilrechtliche Auswirkungen möglich
Übergabe von Liegenschaften: So kann sich der Übergeber für die Zukunft absichern
Bei der Übergabe von Liegenschaften gibt es viele Gestaltungsmöglichkeiten, die den Übergeber in der Zukunft absichern. So kann sich dieser zum Beispiel gewisse Rechte (insbesondere ein Wohnrecht oder Fruchtgenussrecht), aber auch Ausgedinge, etwa den Anspruch auf tägliche Verköstigung und Ähnliches, durch den Übernehmer, für sich und seine Gattin oder Gatten auf Lebenszeit oder auch kürzer, vorbehalten.
Bei entsprechender Gestaltung kann der Übergeber auch nach der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an den Übernehmer wirtschaftlich weiterhin weitestgehend über die Liegenschaft verfügen. Gottfried Sulz, Steuerberater bei TPA: „Das geht bis zur steuerlichen Zurechnung von Einkünften aus der Vermietung an den Übergeber und der Geltendmachung der Abschreibung beim Übergeber.“
Einkommenssteuer: Wer zahlt beim Fruchtgenuss die Steuern?
Steuerpflichtiger ist im Einkommensteuerrecht derjenige, der über die Einkunftsquelle verfügt, also auf eigene Rechnung und eigenes Risiko Einkünfte erwirtschaftet. Im Schenkungsvertrag wird meist nicht nur das Fruchtgenussrecht, sondern auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot vereinbart, und diese im Grundbuch verbüchert. Das bedeutet: Zivilrechtlich ist der Übernehmer der Liegenschaft der Eigentümer, während der ursprüngliche Eigentümer als Fruchtgenussberechtigter über die Einnahmen aus der Liegenschaft verfügt.
Wer trägt die Kosten bei Liegenschaft mit Fruchtgenussrecht?
Aus zivilrechtlicher Sicht sind die mit dem Fruchtgenussrecht verbundenen Aufwendungen wie Instandhaltungen der Liegenschaft vom Fruchtnießer zu tragen (Netto-Fruchtgenuss). Die laufenden Einkünfte durch die Miete werden damit steuerlich an den Fruchtgenussberechtigten zugerechnet. Bei entsprechender Ausgestaltung des Vertrags liegt steuerrechtlich auch das wirtschaftliche Eigentum an der Liegenschaft beim Fruchtgenussberechtigten.
Wann Chancen und Risiken beim Fruchtnießer liegen sollten
„Wenn den Fruchtgenussberechtigten die Chance und das Risiko der Wertänderung der Liegenschaft treffen, sollten vertraglich festgelegt werden, dass auch die steuerlichen Vorteile des Übergebers erhalten bleiben", rät TPA Steuerexpertin Karin Fuhrmann. So kann der Fruchtgenussberechtigte weiterhin bei der Berechnung der Einkommensteuer die Absetzung für Abnutzung, die sogenannte AfA oder die Abschreibung von den Mieteinnahmen absetzen. Werden die Aufwendungen nicht vom Fruchtgenussberechtigten, sondern vom Besteller des Fruchtgenussrechtes getragen, spricht man vom Brutto-Fruchtgenuss. In diesem ungünstigen Fall werden steuerlich die Einnahmen weiterhin dem Fruchtnießer zugerechnet, allerdings können davon keine Ausgaben abgezogen werden.
Vorbehalts-Fruchtgenuss: Bisheriger Eigentümer behält die "Früchte"
Beim Vorbehalts-Fruchtgenuss schenkt der bisherige Eigentümer ein Mietobjekt an ihm nahestehende Personen (Ehegatte, Kinder) und behält sich seinerseits die „Früchte“ (also die laufenden Mieterträge) ein. Bei diesem sogenannten „Vorbehaltsfruchtgenuss“ überträgt der Fruchtnießer nur das Eigentum an der Sache und behält sich das Fruchtgenussrecht vor. TPA Experte Sulz: „ Im Gegensatz zum ebenso möglichen Wohnrecht hat der Übergeber somit nicht nur die Möglichkeit, die Liegenschaft zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, sondern es auch vermieten." Dieses Fruchtgenussrecht kommt meist bei Anlageobjekten zum Einsatz.
Es gibt zwei Arten des Vorbehaltsfruchtgenussrechts: Das unentgeltliche und das entgeltliche Fruchtgenussrecht
1. Unentgeltliches Fruchtgenussrecht: Schenker behält den gesamten Fruchtgenuss selbst
Das unentgeltliche Fruchtgenussrecht ist in der Praxis am häufigsten. Es gibt keinen laufenden Zahlungsstrom zwischen Fruchtgenussberechtigten und Fruchtgenussbesteller. Das bedeutet, derjenige, der die Liegenschaft im Wege der Schenkung übernommen hat, erhält während des aufrechten Fruchtgenusses (meist auf Lebenszeit des Geschenkgebers) keinerlei Einkünfte oder Einnahmen aus dieser Liegenschaft. Der Übergeber hat als Fruchtgenussberechtigter das Recht, die Liegenschaft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu vermieten.
Der Übergeber kann jedoch bei entsprechender Formulierung des Vertrages auch nach der Schenkung als wirtschaftlicher Eigentümer im steuerlichen Sinn behandelt werden. Die Berechtigung zur Geltendmachung der Absetzung für Abnutzungen (AfA) bleibt damit beim Übergeber. Aus Sicht des Übergebers ändert sich daher bei dieser Variante praktisch nichts.
Dazu ist es für den Fruchtgenussberechtigten nötig, aus wirtschaftlicher Sicht Eigentümer zu sein. Das bedeutet: Der Fruchtgenussberechtigte muss in der Lage sein, über die Liegenschaft Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung ausüben zu können und zugleich jeden Dritten (auch den zivilrechtlichen Eigentümer) auf Dauer ausschließen zu können.
Übergeber sollte schalten und walten können wie ein Eigentümer
Der Übergeber sollte zudem über schuldrechtliche und dingliche Rechte soweit abgesichert sein, dass er wie ein Eigentümer schalten und walten kann. Das wurde im Allgemeinen bisher über ein auf Lebensdauer abgeschlossenes Fruchtgenussrecht und ein Belastungs- und Veräußerungsverbot erreicht. TPA-Immobiliensteuerberaterin Fuhrmann: "Es sollte auch sichergestellt werden, dass der Übergeber weiterhin die Chancen auf Wertsteigerungen und die Risiken der Wertminderung in Bezug auf die Liegenschaft trägt." Tipp von Fuhrmann: "Binden Sie Ihren Steuerberater frühzeitig in die Überlegungen zur Übergabe von Grundstücken ein, um sicherzustellen, dass sämtliche Verträge die notwendigen Bedingungen entsprechend dem aktuellen Stand der Judikatur erfüllen." Eine Alternative ist der entgeltliche Fruchtgenuss.
2. Entgeltliches Fruchtgenussrecht zur Absicherung wirtschaftlichen Eigentums
Beim entgeltlichen Fruchtgenuss wird vom Übergeber an den Übernehmer monatlich ein vereinbarter Betrag bezahlt. Auf diese Weise geht mit dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum über. Dieses Entgelt wird innerhalb der Familie beispielsweise in Höhe der AfA oder knapp darunter festgesetzt. Dadurch hat der Fruchtgenussberechtigte steuerlich denselben Effekt wie durch die AfA und der Fruchtgenussbesteller bzw. Grundstückseigentümer hat Einnahmen in Höhe der AfA und somit netto betrachtet keine steuerlichen Einkünfte. Wenn umsatzsteuerliche Liebhaberei vermieden werden soll, sollte das Entgelt jedoch so festgesetzt werden, dass es die eigenen Kosten einschließlich AfA übersteigt.
Übergeber zahlt an den Übernehmer: Umsatzsteuerpflicht und wirtschaftliche Nachteile möglich
Der Nachteil dieser Variante ist jedoch, dass es zu einem Liquiditätsabfluss beim Übergeber der Liegenschaft kommt, und er damit wirtschaftlich nicht mehr dasselbe Ergebnis wie vor der Übergabe hat. Das kann jedoch auch positiv sein, da gerade der Liquiditätsabfluss ein Aufteilen der Einnahmen zwischen Übergeber und Übernehmer ohne Einkommensteuerbelastung ermöglicht. TPA-Experte Sulz: „Auch mögliche umsatzsteuerliche Konsequenzen sind zu beachten, da mit der Übergabe des wirtschaftlichen Eigentums an der Liegenschaft eine Umsatzsteuerpflicht ausgelöst werden kann.“
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Schenkungen von Liegenschaften können auch zivil-und familienrechtliche Auswirkungen haben, beispielsweise auf das Pflichtteilsrecht. TPA Immobiliensteuerexpertin Fuhrmann: "Überlegen Sie sich am besten noch vor dem ersten Termin mit dem Steuerberater, ob Sie neben der Übergabe der Liegenschaft zu Lebzeiten auch eine laufende Aufteilung der Einnahmen aus der Liegenschaft wünschen, um eine zielgerichtet Beratung zu ermöglichen".