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Was Unternehmer:innen von der WKO fordern (Teil II)

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trend fragte bei Unternehmer:innen nach, wie sich die Wirtschaftskammer nach dem abrupten Wechsel an der Spitze aufstellen muss, damit sie wirklich den Interessen ihrer Mitglieder dient. Das trend-zehn-Punkte-Programm zur WKO-Reform.

trend wollte von diesen WKO-Mitgliedern aus verschiedensten Branchen und Bundesländern wissen, wie ihre Interessenvertretung künftig aufgestellt werden soll, ob es eine Pflichtmitgliedschaft braucht, wo gespart werden soll – und wo besser nicht. Herausgekommen ist ein Sammelsurium an durchwegs konstruktiven Vorschlägen, die auch die neue Kammerspitze beherzigen sollte. Zum ersten Teil der Reformwünsche an die WKO kommen Sie hier.

„An der Spitze sparen“, Max Stiegl, Haubenkoch, Burgenland

Wir müssen unbedingt an der Spitze sparen. Warum brauchen wir Vizepräsidenten mit Chauffeuren? Ich habe auch nie verstanden, warum Harald Mahrer eine Doppelfunktion – WKO und Nationalbank – haben kann. Warum sollte der Präsident oder die Präsidentin nicht ehrenamtlich arbeiten? Heute muss jeder auf jeden Cent schauen, da wäre das das richtige Signal. Man braucht auch sicher nicht neun Länderkammern. Durch die vielen Innungen habe ich keinen Vorteil. Aus den Einsparungen könnte man auch die Beiträge für die Mitglieder ordentlich reduzieren. Ich bin gegen die Pflichtmitgliedschaft. Wenn es keinen Zwang gäbe, müssten sich die Interessenvertreter mehr ­zusammenreißen.

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Max Stiegl

 © Niklas Schnaubelt

„Funktionen aufteilen“, Dorli Muhr, Wine+Partners, Wien

Die WKO hilft den Winzer:innen dabei, international Fuß zu fassen, indem sie etwa die Beteiligungen an Weinmessen im Ausland organisiert. Ich finde, die Kammerumlage fällt wirklich nicht ins Gewicht. Nach vielen Jahrzehnten ist es aber an der Zeit, die WKO zu reformieren, weil sehr viel Zeit und Energie für die Erhaltung von Strukturen aufgewendet wird. Sinnvoll wäre es, die Verwaltungs- von der Innovationsfunktion zu trennen. Denn eine Organisation, die einerseits Bestätigungen ausstellt und andererseits innovativ sein will, bremst sich zwangsläufig selbst aus.

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Dorli Muhr

 © Anna Stöcher

„Gewinnabhängige Beiträge“, Florian Schwarzl, HOS-Technik GmbH, Kärnten

Vor allem für uns als Unternehmen aus der chemischen Industrie wäre es wichtig, dass sich die WKO wieder mehr für Branchen einsetzt, deren Image im Vergleich zu anderen sowieso nicht das beste ist. Die EU drängt die chemische Industrie immer mehr aus Europa heraus, weil sie „zu dreckig“ sei. Dabei sollten wir vielmehr versuchen, genau solche Industrien wieder nach Europa zurückzubringen, um unabhängiger von Fernost zu werden und die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Kammer muss wieder einen echten Mehrwert liefern und sich beispielsweise für einen One-Stop-Shop für sämtliche bürokratische Angelegenheiten einsetzen. Ich bin für eine freiwillige Mitgliedschaft statt Zwang. Die Kammerbeiträge sollten gewinnabhängig und transparenter sein.

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Florian Schwarzl

 © Rene Knabl

„Geballtes Wissen bündeln“, Gerlinde Macho, Gesellschafterin und Gründerin von MP2 IT-Solutions, Wien

Ich sehe die Wirtschaftskammer nicht als Selbstzweck, sondern als eine Organisation, die den Unternehmen eine starke Position verschafft. Vor allem in Österreich, wo Interessenvertretungen eine große Rolle spielen, ist das wichtig. In den Fachgruppen erkenne ich eine gute Zusammenarbeit. Dennoch stelle ich mir die Frage, ob es die derzeitige Größe der Landeskammern und Fachgruppen braucht oder ob es besser wäre, geballtes Wissen zu bündeln. Auf jeden Fall braucht es eine faire und transparente Organisation mit schlanken Strukturen. Auch in anderen Organisationen wie der Arbeiterkammer sind die Strukturen über die Jahrzehnte gewachsen. Deshalb braucht es kammerübergreifende Reformen. Schließlich verfolgen beide Kammern dieselben Ziele: den Wirtschaftsstandort zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern.

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Gerlinde Macho

 © MP2

„Mehr Wettbewerb“, Gertrude Schatzdorfer-Wölfel, Schatzdorfer Gerätebau, OÖ

Mir ist die WKO bisher viel schuldig geblieben. Seit Jahren deponiere ich Forderungen, die uns KMU unter den Nägeln brennen. Umgesetzt wird wenig. In der WKO sitzen ein paar Leute ganz oben, die etwas beschließen, ohne die Perspektiven von den Betroffenen einzuholen. Anders im Ausland: Die Auslandsarbeit der WKO ist sensationell. Generell muss die Kammer verschlankt werden. Die WKO hat eine „gmahte Wiesn“, sie hat keinen echten Wettbewerb. Wenn es mehr Transparenz gäbe und mehr direktes Mitspracherecht, wäre ich für die Pflichtmitgliedschaft. Jetzt braucht es jemanden Externen an der Spitze, der wirklich etwas verändern will. Das wird kein Kindergeburtstag und es wird wehtun.

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Gertrude Schatzdorfer-Wölfkl (links) mit ihrer Tochter, Marlene Schatzdorfer

 © Schatzdorfer

„Auf weniger Themen konzentrieren“, Norbert Füruter, Premedia, Wien

Ich bin gegen das Kammer-Bashing. Die Kammer hat bisher viel gute Arbeit geleistet, jetzt geht es darum, den Druck zu nutzen, um sich zu fokussieren. Die Sozialpartnerschaft hat über Jahre erfolgreich funktioniert. Aber die WKO mir ihren Strukturen ist nicht mehr zeitgemäß. Jetzt braucht es Modernisierung, um wieder schlagkräftiger zu werden. Die Kammer sollte sich nicht in Einzelthemen verzetteln, sondern sich auf ein paar Themen konzentrieren, wie ­Senkung der Lohnnebenkosten oder den Einsatz von KI. Die Themen muss die Kammer spitzer in die Politik einbringen. Als einzelnes Unternehmen wird man nichts bewegen. Die Pflichtmitgliedschaft macht daher Sinn, aber über die Höhe der Beiträge kann man diskutieren.

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Norbert Füruter

 © Beigestellt

„Mehr Demokratie“, Nina Thüllen, Initiatorin der Petition „WKÖ-Reform jetzt“, Beraterin, Wien

Es braucht eine gesetzliche Neuregelung der WKO. Deswegen richtet sich unsere Petition an die Politik. Der Gesetzgeber muss diese Aufgabe übernehmen, die interne Modernisierung muss parallel laufen. Mir fehlt die Demokratie in der Kammer. Insbesondere in Zeiten, in denen unsere Demokratie bedroht ist, erwarte ich mir von einer Organisation mit Pflichtmitgliedschaft, dass sie mit positivem Vorbild vorangeht und demokratische Werte vorlebt. Die Unternehmenslandschaft hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Es gibt viel mehr Kleinstunternehmer:innen. Die WKO muss der Veränderung Rechnung tragen und sich auf die Anliegen dieser Unternehmen fokussieren.

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Nina Thüllen

 © Ulrich Kaifer

„Freiwilligkeit ist besser“, Daniel Keinrath, CEO und Mitgründer fonio.ai (Sprach-KI für KMU), Wien

Für meine erste Gründung habe ich vor Jahren eine Förderung für den Markteintritt bekommen. Mein WKO-Beitrag hat sich damals sehr gut amortisiert. Heute zahlen wir unsere Beiträge, die Kammer ist für uns im Tagesgeschäft nonexistent. Interessanterweise nutzen aber viele unserer Vertriebspartner die WKO als Vehikel für den Vertrieb, etwa bei Veranstaltungen und Seminaren. Wir profitieren also indirekt. Ich würde eine freiwillige Mitgliedschaft begrüßen, weil es das ganze System leistungsgetriebener macht – und bin mir sicher, dass viele Unternehmen drinbleiben würden. Wenn der Service passt, zahle ich auch gern mehr dafür. Die meisten sozialpartnerschaftlichen Organisationen – nicht nur die WKO – haben Verschlankungspotenzial. Wir als Unternehmen sind in Deutschland bei einigen Kommunikationsverbänden Mitglied, da zahlen wir freiwillig deutlich mehr als bei der WKO. Das sind Branchenverbände, die uns wirklich etwas bringen.

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Daniel Keinrath (l.)

 © Kurt Keinrath

Das trend-zehn-Punkte-Programm zur Reform

Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 5. Dezember 2025 erschienen.

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