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Ziel des Älterenbeschäftigungspakets, für das am Mittwoch ein Grundsatzbeschluss im Ministerrat abgesegnet wurde, ist die Erwerbstätigkeit älterer Personen zu stärken. Der geplante Freibetrag soll sowohl für unselbstständig Beschäftigte als auch für Selbstständige ab dem Regelpensionsantrittsalter gelten - sowohl wenn sie neben einer Regelalterspension dazuverdienen, als auch wenn sie die Pension noch aufschieben. Beim Zuverdienst zur Pension sind 40 Versicherungsjahre Voraussetzung. Zudem soll für alle ab dem Regelpensionsalter der Dienstnehmerbeitrag zur Pensionsversicherung wegfallen. Eingestellt wird dagegen die Möglichkeit zur besonderen Höherversicherung - also der steuerbegünstigten Zuzahlung zur Steigerung der gesetzlichen Pensionsleistung.
Damit schaffe man "mehr Leistungsgerechtigkeit", sagte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) nach dem Ministerrat, damit "der, der mehr arbeitet, auch mehr davon hat". Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) betonte, dass man zudem ab 2027 100 Mio. Euro pro Jahr in die Hand nehme für aktive Arbeitsmarktpolitik. Denn nicht alle Arbeitnehmer würden überhaupt das Regelpensionsalter im Job erreichen, manche würden aus der Arbeitslosigkeit in die Pension wechseln, so Babler.
Geplant ist außerdem die Entwicklung eines Monitoring- und Anreizsystems, um die Beschäftigung für Arbeitnehmer ab 60 zu erhöhen - Details dazu sind noch offen. Wichtig sei es, "dass Menschen über 60 nicht an den Rand gedrängt werden, sondern echte Chancen haben, ihre Erfahrung, ihr Wissen und ihre Kompetenz weiterhin einzubringen", betonte die zuständige Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) in einer Stellungnahme.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger lobte insbesondere den dritten Teil des Pakets - die Stärkung der sogenannten Zweite Säule des Pensionssystems als "Meilenstein". Derzeit gibt es die Möglichkeit für eine betriebliche Altersvorsorge nur, wenn der Arbeitgeber sie freiwillig anbietet - konkret für ein Viertel der Beschäftigten. Um den Zugang allen Beschäftigten zu ermöglichen, ist die Schaffung eines Generalpensionskassenvertrags geplant. Ermöglicht werden soll eine kostenfreie Übertragung von Guthaben aus der Abfertigung Neu in eine Pensionskasse.
Im Fall von Härtefällen - etwa bei längerer Arbeitslosigkeit oder schwerer Krankheit - soll ein begrenzter, kontrollierter Zugriff auf einen Teil der Pensionskassenanwartschaft möglich werden. Geprüft werden soll zudem eine "Herausnahmemöglichkeit bei Pensionsantritt". Reformiert werden soll bis 2027 auch das System der Abfertigung Neu. Für Einzahlungen in die private Vorsorge soll der jährliche Freibetrag steigen.
Die Details des Pakets sollen laut Regierung im kommenden Jahr ausgearbeitet werden. Für die Finanzierung sollen keine zusätzlichen Budgetmittel eingesetzt werden, wie betont wurde. Für die Flat Tax waren für das kommende Jahr 300 Mio. Euro budgetiert worden, diese würden nun zum Teil für die ebenfalls am Mittwoch im Ministerrat beschlossene und bereits am Vortag angekündigte weitere steuerliche Begünstigung von Überstunden und Steuerbefreiung der Sonn- und Feiertagsentgelte eingesetzt, so Stocker.
Keine Freude mit der Verschiebung hat der ÖVP-nahe Seniorenbund. Deren Chefin Ingrid Korosec sprach gegenüber den "Salzburger Nachrichten" (Mittwoch) von "einem völlig falschen Signal". Es habe die fixe Zusage gegeben, dass die Entlastung ab 2026 komme, kritisierte sie. Erfreut zeigte sich dagegen der SPÖ-nahe Pensionistenverband. Der Freibetrag entlaste vor allem kleine und mittlere Pensionen und sei damit sozial treffsicherer als eine Flat Tax, so Pensionistenverband-Chefin Birgit Gerstorfer.
Die Grünen freuten sich zwar, "dass das unsägliche Flat-Tax-Modell vom Tisch ist", das vorgestellte Alternativmodell sei aber nicht wesentlich besser, meinte Arbeitssprecher Markus Koza in einer Aussendung. Die Frage bleibe, warum die Regierung mit hunderten Millionen insbesondere gut verdienende Pensionistinnen und Pensionisten fördere, während sie bei einkommensschwachen Gruppen kürze. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch kritisierte, dass das "Mini-Paket" nur ein "Tropfen auf den heißen Stein" sei. Um das Arbeiten attraktiver zu machen, seien die Maßnahmen völlig unzureichend, befand sie.
WKÖ-Chefin Martha Schultz begrüßte, dass "das Arbeiten im Alter endlich attraktiver" werde und dass auch Selbstständige berücksichtigt würden. Einziger Wermutstropfen sei, dass die Regelung erst 2027 in Kraft treten soll, so Schultz in einer Aussendung. Nicht zufrieden zeigte sich dagegen der Fachverband der Pensions- und Vorsorgekassen mit den Plänen zur Zweiten Säule. Mit dem geplanten Generalpensionskassenvertrag sieht der Verband zwar eine zentrale Forderung der Branche erfüllt, warnt aber vor einer "Gefährdung des gesamten Systems" durch eine Herausnahmemöglichkeit bei Pensionsantritt und die Möglichkeit, die Abfertigung Neu jederzeit zu entnehmen bzw. übertragen.
ARCHIV - Zum Themendienst-Bericht vom 16. November 2022: Frührentner im Unruhestand: Wer sich nebenher noch etwas dazuverdienen möchte, musste sich bislang an gewisse Hinzuverdienstgrenzen halten. Foto: Jan Woitas/dpa/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++