Bosch startet sein Future-Business mit neuer Chip-Fabrik & KI-Hub

Der deutsche Autozulieferkonzern stemmt mit dem Bau einer Chipfabrik in Dresden die größte Investition der Firmengeschichte. Das Projekt hat Strahlwirkung auf ganz Europa. Die Autoindustrie beklagt einen Chip-Mangel noch bis 2022.

Bosch startet sein Future-Business mit neuer Chip-Fabrik & KI-Hub

Bosch baut in der neuen Chipfabrik in Dresden vor allem Chipsets für die Autoindustrie.

Dresden. Der weltgrößte Autozulieferer Robert Bosch GembH nimmt in der Chipkrise selbst die Zügel in die Hand. Und baut nach 1970 seine zweite Chipproduktion. Der deutsche Technologiekonzern Bosch will mit der Eröffnung seiner Chipfabrik in Dresden ein Zeichen für den Industriestandort Europa.

Eine solche Fabrik mit hochmoderner Halbleitertechnik helfe, "die Wettbewerbsfähigkeit Europas als Wiege für Spitzeninnovation zu stärken", erklärte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, am Montag.

Chips, Elektrowerkzeug & KI

Zur digitalen Eröffnungsfeier sollte auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Grußbotschaft halten. "Mit dieser neuen Fabrik zeigt Bosch wieder einmal: Deutschland kann Hightech", sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. Die Produktion der Halbleiter für Bosch-Elektrowerkzeuge und Automobilteile werde mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz auf ein neues Niveau gehoben.

Bosch-Chef Volkmar Denner will den Standort Dresden zu einem Top-Standort für den Autozulieferer machen.

Der seit Anfang des Jahres herrschende Mangel an Speicherchips in der Autoindustrie führte Europas große Abhängigkeit von den Chip-Massenproduzenten in Asien vor Augen. Ziel der Europäischen Union ist es, bis 2030 den Anteil an der Chipproduktion weltweit auf 20 Prozent zu verdoppeln.

Das Beispiel Bosch verdeutlicht, dass sich der akute Engpass wegen langer Vorlaufzeiten für den Bau von Fabriken und auch in der Produktion selbst nicht über Nacht lösen lässt.

Der Stiftungskonzern mit Sitz in Stuttgart hatte das Projekt schon vor vier Jahren beschlossen. Die Kosten belaufen sich auf eine Milliarde Euro plus rund 200 Millionen Euro öffentlicher Fördermittel. Es ist die größte Investition der Unternehmengeschichte. Robert Bosch hatte das Unternehmen einst im Jahr 1886 in Stuttgart gegründet. Im Juli soll die Produktion von Chips für Elektrowerkzeuge starten, im September dann solche für die Autoindustrie.

Allerdings handelt es sich um andere als die Standardchips, die zurzeit Mangelware sind. Dennoch schaffe auch das Entlastung, erklärte Bosch-Geschäftsführer Harald Kröger. Die Autoindustrie könne noch bis zum kommenden Jahr mit Produktionsausfällen zu kämpfen haben. Nach der Krise müsste die Branche ihre Einkaufspolitik ändern und künftig bei den Halbleiterherstellern verbindlich bestellen statt nur ihren Bedarf anzukündigen und kurzfristig zu ändern, forderte Kröger.

Die Milliardeninvestition wird sich nach Einschätzung des Stiftungskonzerns lohnen, denn Halbleiter seien vor allem im Automobilbau ein Wachstumsfeld.

Die Chip-Krise dauert an

Weltweit leidet die Autoindustrie derzeit unter Chip-Knappheit. Die Autobauer hatten aufgrund des Nachfrageeinbruchs in der Coronakrise ihre Abrufe stark gesenkt.

Zudem explodierte während der Pandemie der Bedarf an Chips für Unterhaltungselektronik (vor allem Spielkonsolen, TV) und Smartphones, sodass die Chiphersteller ihre begrenzten Kapazitäten darauf konzentrierten.

Verschärfend kamen ein Brand in einer japanischen Chipfabrik und ein Produktionsausfall in einer Infineon-Fabrik in den USA nach einem Wintersturm hinzu. Bei den Autobauern stehen deshalb zeitweise die Bänder still. Autos konnten nicht vom Band rollen, weil etwa Chips für Bremssysteme nicht geliefert wurden.

Nach Schätzungen der Unternehmensberatung AlixPartners werden deshalb weltweit heuer 3,9 Millionen Fahrzeuge weniger produziert, was zu Umsatzeinbußen von 110 Milliarden Dollar (rund 90 Mrd. Euro) führt.

Chipsets für 600 Euro pro Auto

Der weltweit größte Autozulieferer ist nach eigenen Angaben der einzige, der seit 1970 schon selbst Halbleiter produziert. In diesem Feld ist Bosch nach Daten der Experten von Strategy Analytics der sechstgrößte Anbieter, der deutsche Konkurrent Infineon mit 13 Prozent Marktanteil vor NXP aus den Niederlanden die Nummer eins.

In zwei Jahren etwa werde Mikroelektronik im Wert von 600 Euro in einem Fahrzeug stecken, fünfmal so viel wie vor 25 Jahren, schätzt Bosch. Die stärksten Zuwächse seien bei Systemen der Fahrerassistenz, des Infotainments und des elektrischen Antriebs zu erwarten.

Der Multiplikator-Effekt

Der Standort Dresden geht mit 250 Mitarbeitern an den Start - Fernziel sind 700 Beschäftigte. Wie schnell die Kapazität so hochgefahren wird, dass die Fabrik voll ausgelastet wird, wollte Denner in einem Pressegespräch nicht sagen.

Boschs Fabrikpläne hätten andere Technologiekonzerne wie Vodafone oder Jenoptik animiert, noch mehr am Standort Dresden zu investieren, erklärte Frank Bösenberg, Chef des Branchenverbandes Silicon Saxony.


Die Robert Bosch Stiftung

Im Jahr 1886 hat Robert Bosch in einem Hinterhof in Stuttgart eine eigene Werkstätte aufgebaut, die sich auf Produkte für Feinmechanik und Elektrotechnik fokussiert hatte. Heute ist der Autozulieferkonzern in vier Geschäftsbereichen tätig: Kraftfahrzeugtechnik (Mobility Solutions), Industrietechnik (Industrial Technology), Gebrauchsgüter (Consumer Goods) und Energie- und Gebäudetechnik.

Die heutige operative Gesellschaft Robert Bosch GmbH gehört zu 94 Prozent der Robert Bosch Stiftung.

Der Konzern beschäftigt in Deutschland rund 132.000 Mitarbeiter. Weltweit hat der Konzern 440 Tochter- und Regionalgesellschaften in 60 Ländern mit insgesamt rund 395.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2020 hat das Unternehmen weltweit einen Umsatz von 71,5 Milliarden Euro erzielt.


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