
Die Zahl der Unternehmenskonkurse nimmt dramatisch zu. Betriebe setzen den Sparstift an und greifen auf ihre Reserven zu. Eine Bonitätsprüfung von Geschäftspartnern ist jetzt oberstes Gebot.
Österreichs Unternehmen stehen vor dem Abgrund. Die Zahl der Firmenpleiten befindet sich auf einem erschreckend hohen Niveau. Und eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. Laut aktueller KSV1870-Hochrechnung mussten im ersten Halbjahr 2025 in Österreich 3.500 Unternehmen Insolvenz anmelden. Um sechs Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Um die Dramatik der Lage zu verdeutlichen: Im Schnitt melden 19 Unternehmen pro Tag Konkurs an. Am schlimmsten ist die Lage im Handel, in der Bauwirtschaft und im Sektor Gastronomie und Hotellerie. Hier gibt es die meisten Pleiten. Diese Branchen sind für knapp die Hälfte aller Unternehmensinsolvenzen verantwortlich.
Betrachtet man die Summe der vorläufigen Passiva, sieht man ein trügerisches Bild: Trotz steigender Insolvenzzahlen ist sie im ersten Halbjahr 2025 um fast 57 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro gesunken. Der Grund ist klar. Es hat deutlich weniger Großinsolvenzen mit Passiva von jeweils über 500 Millionen Euro gegeben. Die Signa-Großpleite im vergangenen Jahr hat die Statistik verzerrt. Die Lage bleibt dramatisch. Auf Basis aktueller Entwicklungen erwartet der KSV1870 bis zum Jahresende rund 7.000 Unternehmensinsolvenzen.
Gedämpfte Stimmung
Die im Jahr 2021 begonnene Abwärtsspirale geht auch 2025 weiter. Die Corona-Förderungen haben viele Unternehmen künstlich über Wasser gehalten. Nun spitzt sich die wirtschaftliche Lage der Betriebe infolge einer jahrelang hohen Inflation zu Beginn des dritten Rezessionsjahres in Österreich weiter zu. Laut aktueller KSV1870-Umfrage stufen gerade einmal 43 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als positiv ein.
Dabei zeigen sich teils gravierende branchenspezifische und regionale Unterschiede. Der Dienstleistungssektor weist mit 49 Prozent noch das beste Ergebnis auf, der Handel befindet sich mit nur 29 Prozent Zufriedenheit hingegen anhaltend im Krisenmodus: „Der Handel ist aktuell das größte Sorgenkind der heimischen Wirtschaft. Einem Großteil der Betriebe bleibt kaum Luft zum Atmen. Das belegen auch die hohen Insolvenzzahlen im ersten Quartal 2025“, erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. Darüber hinaus zeigt die Geschäftslage in der Industrie deutlich nach unten. Die Stimmung hat sich hier gegenüber dem Vorjahr mit einem Minus von 24 Prozentpunkten verschlechtert. Damit zählt die Industrie zu den großen Verlierern im Jahresvergleich. „Das hohe Maß an Bürokratie setzt der heimischen Industrie ganz besonders zu. In Kombination mit den hohen Kosten, der Infl ation und internationalen handelspolitischen Risiken ist das ein Mix, der das Leben der Industriebetriebe massiv erschwert“, so Vybiral.
Strikter Sparkurs
Die Folgen der gedrückten Stimmung aufgrund der schlechten Wirtschaftslage zeigt der aktuelle Austrian Business Check des KSV1870 deutlich: Viele österreichische Unternehmen mussten in den vergangenen Jahren massiv an der Kostenschraube drehen, um der Herausforderungen Herr zu werden. 80 Prozent der befragten Betriebe haben in der jüngeren Vergangenheit teils umfassende Sparmaßnahmen eingeleitet. Sie haben entweder ein klares Kostensenkungsprogramm eingeführt oder sie sparen nach Anlassfall im laufenden Betrieb. Gleichzeitig ist in Sachen Eigenkapital eine erste Abwärtstendenz erkennbar. Darunter leidet die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Sie bleibt auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres – kaum ein Betrieb investiert 2025 im großen Stil.
Während 2024 noch 42 Prozent der Unternehmen die Entwicklung ihres Eigenkapitals in den vorangegangenen drei Jahren positiv bewertet haben, sind es heuer nur 37 Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil jener, die eine negative Einschätzung abgegeben haben, von 21 auf 29 Prozent angestiegen. „Die anhaltend schwierige wirtschaftliche Situation spüren die Unternehmen nun auch immer häufiger auf ihrem Festgeldkonto. Die Lage spitzt sich zu und es hat den Anschein, dass die Betriebe ihre eisernen Reserven anzapfen müssen, ganz besonders, wenn es um die Finanzierung von Investitionsvorhaben geht“, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH. Besonders dramatisch ist die Situation in der Gastronomie und der Hotellerie: Hier weisen nur 17 Prozent der Betriebe eine positive Eigenkapitalentwicklung innerhalb der vergangenen drei Jahre auf. Im Vorjahr waren es noch 28 Prozent. Mehr als die Hälfte sprechen von einer anhaltend negativen Tendenz.
Unternehmer sollten daher ihre Geschäftsbeziehungen laufend im Auge behalten. Wie es um die finanzielle Situation von Kunden oder Lieferanten steht, erfährt man am leichtesten durch die Bonitätsauskünfte des KSV1870.
Wie Sie bei Geschäftspartnern auf Nummer sicher gehen
KSV1870-RATING. Das KSV1870-Rating bewertet mittels eines dynamischen Berechnungsmodells das mit einem Unternehmen verbundene Insolvenzrisiko. Bis zu einem KSV1870-Rating von 399 können Geschäftsbeziehungen in normalem Umfang aufrechterhalten werden. Bei Unternehmen mit einem Rating ab 400 empfiehlt der KSV1870, risikomindernde Maßnahmen (z. B. keine Lieferung auf offene Rechnung) zu ergreifen.
AUSFALLWAHRSCHEINLICHKEIT. Sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen einer gewissen Ratingklasse innerhalb der nächsten zwölf Monate insolvent wird. Jeder Ratingklasse können statistisch errechnete Ausfallwahrscheinlichkeiten zugeordnet werden.
ZAHLWEISE. Die Zahlweise beschreibt das Zahlungsverhalten des Unternehmens laut letzter Überprüfung. Einflussfaktoren sind u. a. Inkassoerfahrungen, Auskünfte von Lieferanten und Branchenspezifika. Die beste Einstufung liegt bei 100, die schlechteste bei 600.
BEURTEILUNG. Die Beurteilung in einer KSV1870-Auskunft setzt sich aus folgenden Faktoren zusammen: Informationen von finanzierenden Stellen, Bilanzen, Grundbuch, Branchensituation u. v. m. Dabei ist die beste Einstufung 100 und die schlechteste Einstufung 650. Falls keine Einstufung möglich ist, lautet die Beurteilung 000.
EINZELHÖCHSTKREDIT. Der Einzelhöchstkredit beschreibt die maximale Kreditempfehlung des KSV1870 pro Lieferant im Rahmen eines durchschnittlichen Zahlungszieles von 60 Tagen.