Peter Thiel - der neue Chef von Sebastian Kurz
Er hat Donald Trump unterstützt und zuletzt Sebastian Kurz engagiert. Vor allem aber ist PETER THIEL als Investor erfolgreich, indem er nach wirklich großen Umbrüchen sucht. Das tut er längst nicht mehr nur im Silicon Valley. Die Investmentwelt des Peter Thiel.
PETER THIEL, geb. 1967, zählt zu den einflussreichsten Investoren des Silicon Valley, gilt als konservativer Intellektueller und Unterstützer der Politik von Donald Trump.
Kurz vor Weihnachten hatten Magic Mushrooms einen weiteren Durchbruch, und das kam so: Das britische Biotech-Unternehmen Compass Pathways wies nach, dass die Pilze offenbar gegen schwerste Depressionen helfen. Bestätigt sich das in klinischen Studien, könnte der Wirkstoff von Magic Mushrooms zum Medikament werden, von der verbotenen Droge der Hippies zum Mittel, das hilft, wenn sonst nichts mehr hilft. Manche meinen sogar, dass aus einer ganzen Reihe psychedelischer Drogen wie Pilzen, LSD und Ecstasy - medizinisch eingesetzt - demnächst eine eigene Industrie entstehen könnte. Zu diesen Menschen zählt auch Peter Thiel.
Der gebürtige Deutsche, der schon als Kind in die USA kam und neben der US-Staatsbürgerschaft seit ein paar Jahren auch jene von Neuseeland besitzt, hat zuletzt aber weniger mit seinem wirtschaftlichen, sondern vor allem mit seinem politischen Engagement Schlagzeilen gemacht - und mit dem Engagement eines Politikers: Thiel verpflichtete den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz als "globalen Strategen". Mit Februar wechselt Kurz, gegen den in Österreich noch ermittelt wird, in diese nicht näher definierte Rolle.
Junge Konservative hat Thiel auch in den USA gerade im Blick. Fast 20 Millionen US-Dollar spendete er zuletzt für Kandidaten der Republikaner, die es bei den Zwischenwahlen im November in den US-Senat schaffen sollen. Der Investor bleibt also seiner Strategie treu, die Republikanische Partei (und Gruppierungen, die weit rechts davon liegen) gezielt zu beeinflussen. Donald Trump hatte Thiel im Wahlkampf 2016 mit immerhin 1,25 Millionen US-Dollar unterstützt. Als einzige Silicon-Valley-Größe stellte er sich hinter den erratischen, nationalistisch und antimigrantisch gestimmten Millionär, der ihn dafür als Berater in sein "Transition Team" nahm.
Bei all dem Wirbel um Thiel als konservativen Querdenker, der politisch Einfluss nimmt, aber auch eine neue "antipolitisch-korrekte" Universität in Texas mitfinanziert, ist es fast still um Thiel als Investor geworden. Wie hat er sich da aufgestellt? Und ist er wirklich das Genie, als das er längst auch außerhalb des Silicon Valley vergöttert wird?
Die Investmentwelt von Peter Thiel
Peter Thiel mag den Onlinebezahldienst PayPal (US70450Y1038) gegründet und als Erster 500.000 US-Dollar in Mark Zuckerbergs Facebook (US30303M1027) investiert haben, aber wenn heute sein Name fällt, geht es meistens schnell um Palantir (US69608A1088). Auch in den Spekulationen um Sebastian Kurz' Zukunft ist das von Thiel 2003 mitgegründete Unternehmen aufgetaucht. Als Antwort auf 9/11 entwickelte Palantir Softwarelösungen, um Überwachungsdaten zu analysieren und etwa Terrorgefahr früh zu erkennen. Das US-Militär hatte die Software in Afghanistan genutzt. Mittlerweile ist Palantir, wo Thiel nun als Chairman fungiert, in den USA als Überwachungstool im Grenzschutz und in Europa bei Europol und regionalen Sicherheitsapparaten im Einsatz. Seit Ende 2020 ist es auch Partner von Gaia-X, dem Projekt, mit dem die EU ihre Dateninfrastruktur festlegen will, was vielfach kritisiert wird, weil die Datenverarbeitung durch Palantir als intransparent gilt.

Die Pandemie hat dem Unternehmen, das übrigens nach wie vor Verluste schreibt, ein neues Geschäftsfeld eröffnet: In den USA und Großbritannien ist es groß in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten und die Organisation der Impfkampagnen eingestiegen.
Der Börsengang im September 2020 war ein gewaltiger Erfolg. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei fast 40 Milliarden US-Dollar, zwischenzeitlich war sie noch deutlich darüber. Thiel konnte sein Vermögen also einmal mehr steigern. Aktuell soll es laut "Forbes" bei drei Milliarden US-Dollar liegen, andere Schätzungen kommen fast auf das Doppelte.
Peter Thiels Netzwerke
Da Palantir auf beste Kontakte zur Politik angewiesen ist, lag die Vermutung nahe, Sebastian Kurz könnte Thiel gerade hier gute Dienste leisten. Kurz heuert jedoch bei Thiel Capital an, einer Art Familienholding, bei der Thiels Investments und Engagements zusammenlaufen. Geleitet wird sie von Thiels Partner Matt Danzeisen, als Direktor fungiert Eric Weinstein. Eigentlich Mathematiker und Ökonom, hat Weinstein eine alternative Gesamttheorie der Physik entwickelt, die aber auf enorme Skepsis stößt. Er gilt auch als Teil des "Intellectual Dark Web", einer Gruppe von Menschen, die im Sinn der Meinungsfreiheit gegen Einschränkungen im Diskurs um Themen wie Identitätspolitik auftreten. Er vertritt also die Werte, für die Thiel auch selbst steht: anti-Mainstream, anti-politische-Korrektheit.
Thiel Capital zeigt mit direkten Investments aber auch, wo es nicht dagegen, sondern dafür ist: Zuletzt stiegt es in die neue Kryptobörse Bullish Global ein. Davor lag der Schwerpunkt auf Biotech-Unternehmen wie Compass Pathways oder Atai Life Sciences, auf Unternehmen also, die am legalen medizinischen Einsatz von bisher verbotenen Substanzen arbeiten. Atai, das auch Anteile an Compass hält, wurde 2018 vom deutschen Großinvestor Christian Angermayer gegründet. Im Juni 2021 ging es an die Börse. Die Aktie stürzte nach dem ersten Höhenflug ab, doch der Glaube an den Hype ist bei Analysten intakt. Kanada etwa hat die Behandlung mit psychedelischen Produkten Anfang des Jahres schon freigegeben.
Christian Angermayer wiederum hat nicht nur einen guten Draht zu Thiel, mit dem er 2020 auch den auf Deutschland fokussierten Wachstumsfonds Elevat3 auflegte, sondern ist auch ein Freund von Alexander Schütz. Der Vorstandsvorsitzende von C-Quadrat ist ebenfalls an Elevat3 beteiligt, vor allem aber an Presight, dem Fonds, über den Angermayer Biotech-Investments abwickelt. Globales Venture Capital mag ein neues Feld für Sebastian Kurz sein, Schütz, der ihn mit Spenden unterstützte, und auch Angermayer sind ihm aber vertraut.
Wie Kurz gelten auch diese beiden als exzellente Kontakteknüpfer. Ein Talent, das auch Thiels Karriere mitbestimmt: Vieles aus dem heutigen Thiel-Universum hat seinen Ursprung in seiner Zeit an der Stanford University und bei PayPal. Loyalität und Vertrautheit scheinen wichtig, auch tauchen in Thiels Unternehmen sehr selten Frauen auf, dafür immer wieder die gleichen Männer. Mit dem PayPal-Co-Gründer Luke Nosek betreibt er zum Beispiel den Founders Fund, der früh in heute bekannte Namen investierte. SpaceX, das Raumfahrtprogramm von Elon Musk, mit dem gemeinsam Thiel im Jahr 2000 PayPal formierte, ist nur ein Beispiel. Auch die Börsengänge von Airbnb (US0090661010), der Produktivitätssoftware Asana (US04342Y1047) und des Ratenfinanzierers Affirm (US00827B1061) sorgten dafür, dass Thiel in den vergangenen Monaten weiter zu den Gewinnern zählte.
All diese Firmen sitzen übrigens im Silicon Valley, dem Thiel eigentlich abgeschworen hat. Das ist aber nur einer der Widersprüche in Thiels Leben, wie der Journalist Max Chafkin in seiner ausgezeichneten Biografie "Peter Thiel. Wie der Pate des Silicon Valley die Welt beherrscht" aufdeckt. Dass Thiel etwa über Valar Ventures vor allem in Europa in international agierende Fintechs wie N26 oder Bitpanda investiert, gleichzeitig aber eine nationalistische Politik vertritt, zählt Chafkin ebenso dazu wie dass er in seinem Wirtschaftsbestseller "Zero to One" Gründern dazu rät, es auf radikale Innovationen und die Gründung von Monopolen anzulegen, während er gleichzeitig als Lobbyist die Fäden ziehe, um das Monopol Google aufzubrechen.
"Zero to One" hat Thiel übrigens mit Blake Masters geschrieben, der aktuell die Thiel Foundation leitet. Finanziell unterstützt von Thiel will der 35-Jährige mit einem harten Anti-Ausländer-Kurs im Herbst in den US-Senat einziehen.
Bei Start-ups gilt die Regel, dass sie sich leichter tun, Vertrauen zu gewinnen, sobald Thiel einsteigt. Ob das auch für Politiker gilt, wird sich erst weisen.