KI als Turbo für Unternehmen: Generative AI-Lösungen können in fast jedem Unternehmen die Produktivität steigern.
©iStockphotoBusiness-Entscheider werden zurzeit mit Ratschlägen rund um die Nutzung von KI in Unternehmen regelrecht überschüttet. Digitalisierungsexperte Martin Giesswein und Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy, fassen einige der wichtigsten Punkte dafür zusammen.
Start: Das KI-Bild des Unternehmens
Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Die Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien scheinen fast grenzenlos zu sein. Für viele Führungskräfte und Entscheider stellt sich daher in diesem Zusammenhang die Frage: Wist wirklich wichtig? Auf welche Bereiche sollte ich mein Augenmerk zuerst legen und wo fange ich am besten an?
Ein möglicher Startpunkt dafür ist, das KI-Bild des eigenen Unternehmens zu ermitteln. Herauszufinden, welche Informationen eine KI in der Lernphase von Ihrem Unternehmen gespeichert und weiterverarbeitet hat.
Fragen Sie beispielsweise einmal ChatGPT: "Ist {meine Firma} ein guter Arbeitgeber für {Ihre Berufsbezeichnung}?
Im Fall der WU Executive Academy etwa bekommt man relevantes Feedback zu dieser Frage mit 2073 Zeichen. Als Manager und HR-Leiter müssen wir uns also überlegen, wie wir ein richtiges (und attraktives) Bild bieten können. Nicht nur auf Plattformen wie kununu, sondern ab sofort vor allem auch in den wichtigsten lernenden KI-Modellen – alles voran ChatGPT.
Der Wikipedia-Eintrag ist eine häufig herangezogene Quelle für KI-Modelle. Ein gut gepflegter und sachlich korrekter Wikipedia-Eintrag eines Unternehmens stellt sicher, dass Ihr Unternehmen genau und positiv dargestellt wird. Dabei ist eine klar strukturierte, stets gepflegte und informationsreiche Website ist nicht nur für potenzielle Kunden und Partner von Vorteil, sondern auch für zukünftige Mitarbeiter. In Zukunft wird es für das aktive KI-Management von Firmen ähnliche Spezialisten im Marketing geben wie heute bei der "Search Engine Optimization" (SEO).
Produktivitätssprung durch KI
Eines der großen Versprechen der KI-Anbieter ist die gesteigerte Produktivität im Arbeitsalltag: durch sekundenschnelle Textvorschläge, automatisch erstellte Präsentationen, KI-generierte Software oder Werbedesigns. Doch Wieviel Zeitersparnis bringt das?
Hermann Erlach, Chef von Microsoft Österreich und sein Team dürfen intern schon länger mit den KI-Funktionen in den Office Produkten arbeiten – er berichtet von 6-8 Stunden wöchentlicher Zeitersparnis. Wir als Wissensarbeiter sparen viele Stunden, derzeit insbesondere beim Generieren und Optimieren von Texten mit ChatGPT oder Übersetzen mit Deepl. Aber auch als Sparring-Partner für neue Ideen oder die Ausarbeitung von Konzepten ist KI extrem hilfreich und erspart viel Zeit, die anderswo wiederum frei wird.
Die Zusammenarbeit zwischen Marketers und Kreativ-Agenturen kann so auch zeitsparend gestaltet werden. Statt eines verbalen Briefings und vielen Missverständnissen - pardon „Abstimmungsschleifen“ - machen ein paar schnell erstellte Bilder aus Midjourney die Kampagnenausrichtung klar. Grafiker bekommen ein Vorschlags-Layout aus dem KI-gepowerten Canva oder Adobe Firefly und machen entweder nur mehr den letzten Schliff, oder wissen genau, was der Kunde will.
Damit die KI-Effizienz aber auch tatsächlich auf die Straße kommt, braucht es Knowhow in den Unternehmen, um nicht selbsternannten KI-Gurus ausgeliefert zu sein. Fragen Sie doch mal im nächsten Recruiting-Gespräch, ob neben den immer wieder angegebenen „MS-Office Kenntnissen“ auch grundlegendes „KI-Tool-Knowhow“ besteht“…
Generative AI Lösungen für Unternehmen
ChatGPT: Erstellen und Optimieren von Texten
Deepl: Texte in verschiedenste Sprachen übersetzen
Midjourney: Fotorealistische Bilder mithilfe von Prompts erzeugen
Canva: Präsentationen, PDFs, Designvorlagen erstellen
Adobe Firefly: Social-Media-Beiträge, Poster, Flyer, Vektorgrafiken mittels Textbefehl erstellen
KI und die Rolle der C-Levels
Jetzt die Gretchenfrage: Wie hält es eigentlich der Chef mit der Verwendung von KI? In der gegenwärtigen Phase der generativen KIs ist das eigene Ausprobieren für Führungskräfte ein Muss: kann es doch Augenöffner und Grundlage für eine strategische Einordnung zugleich sein, wie wir in der Zusammenarbeit mit vielen unserer Kunden gesehen haben, die aktuell eigene Lernschienen aufstellen, um KI-Knowhow in alle Ebenen des Unternehmens zu bringen.
An der WU Executive Academy veranstalten wir regelmäßig maßgeschneiderte KI-Trainings für Unternehmen. Als optimal hat sich das Online-Format herausgestellt: Kick-off-Session mit etwa vier Stunden Dauer - danach heißt es aber dran bleiben an der rasanten KI-Entwicklung. Deshalb versorgen wir die Teilnehmer mit regelmäßigen Wissens-Updates. Aber auch das gute alte Reverse Mentoring im Unternehmen ist ideal für mehr KI-Knowhow.
Viele der digitalökonomischen und strategischen Grundlagen zum betrieblichen KI-Einsatz sind daher seit kurzem nicht nur bei den maßgeschneiderten Firmenprogrammen, sondern auch in den Curricula der MBAs der WU Executive Academy fixer Bestandteil.
Generative KI ist erst der Anfang
KI ist viel mehr als „nur“ generative KI, also die Erstellung von Texten, Audio, Bildern und Code, von der wir gerade in den Medien so viel lesen. Gerhard Kürner CEO von 506.ai und einer der aktivsten KI-Experten Österreichs, fasst die Entwicklung der KI in einem Blog-Beitrag in drei Wellen zusammen:
Die erste Welle, die generative KI, revolutioniert aktuell die Erstellung von Inhalten durch den Einsatz von auf maschinellem Lernen basierenden Sprach- und Medienmodellen.
Die zweite Welle, die Synthese-KI, geht über die Inhaltserstellung hinaus und konzentriert sich auf die Integration diverser Informationsquellen, um grundlegende Aussagen oder Entscheidungsgrundlagen zu generieren. Ein Beispiel dafür wäre etwa die vollständige Abbildung der Customer Journey, die nicht nur Kundeninteressen erfasst, sondern auch eine neue Grundlage für die Produktentwicklung liefert.
Die dritte Welle, die autonome KI, wird darauf abzielen, selbstlernende Systeme zu schaffen, die sich an neue Situationen anpassen und eigenständig Entscheidungen treffen können. Diese Welle hat das Potenzial, Branchen wie Medien-, Transport-, Gesundheits- und Finanzwesen (noch einmal) grundlegend zu verändern.
Synthetische Daten für KI-Training und Marketing
Für das Marketing ist die Nutzung von KI heute und vor allem in der Zukunft ein echter Gamechanger, der völlig neue Möglichkeiten eröffnet und mit dem bereits vorab viele entscheidende Fragen beantwortet werden können:
Wird unser Produkt von der Zielgruppe angenommen werden?
Wie können wir unsere Customer Journey besser gestalten?
Wie kann es uns gelingen, einen neuen Markt zu erobern?
Ein Problem vieler aktueller KI-Modelle ist, dass sie mit beliebigen Daten aus dem Internet trainiert wurden. Oft ohne Zustimmung der datengenerierenden Personen. Eine Anonymisierung der Daten wiederum würde die Zweckmäßigkeit und Aussagekraft der Ergebnisse schmälern. Eine Lösung bieten hier synthetische Daten, die KI generierte "Personas" erschaffen.
Synthetische Daten haben mathematisch gesehen - und damit auch für eine KI - dieselben Eigenschaften wie generische Daten, enthalten aber keine personenbezogenen Informationen. Sie können daher uneingeschränkt und ohne Datenschutz-Bedenken genutzt werden. Etwa zu Forschungszwecken, um eine KI zu trainieren oder auch um Marketingstrategien zu testen und zu optimieren, ohne auf reale Kundendaten angewiesen zu sein.
Viktoria Dittes, Absolventin der WU Executive Academy, untersuchte in ihrer MBA-Masterarbeit den Einsatz solcher synthetischen Daten im Brand Management und in der Marketingforschung. Als besonderer Vorteil hat sich dabei die Schnelligkeit der Simulationen herausgestellt.
Das österreichische Unternehmen MostlyAI bietet derartige spezialisierte KI-Dienstleistungen auf Basis von synthetischen Daten an. Zu den Kunden des Unternehmens gehören etwa die Stadt Wien, die Erste Group, die Merkur Versicherung, die Citibank und die spanische Telefonica.
Über die Autoren
Martin Giesswein
Martin Giesswein, geb. 1973, ist international renommierter Digital-Leadership-Experte, Digitalisierungsexperte und Autor des Buchs „Digitale Gamechanger“. Er hat als einstiger General Manager und Marketing Manager CEE bei Nokia den Niedergang des Handyherstellers live miterlebt.
Barbara Stöttinger
ist Dekanin der WU Executive Academy. Sie absolvierte ihr Doktoratsstudium an der WU und habilitierte sich 2003 im Fachbereich Internationales Marketing.
Vor ihrer Zeit am Institut für Internationales Marketing Management war sie im Marketing eines internationalen Konsumgüterherstellers (Consumer Electronics) und in der Beratung tätig. Forschungsaufenthalte führten sie unter anderem längere Zeit in die USA und Kanada. Darüber hinaus arbeitet Barbara Stöttinger seit Jahren als Vortragende für Marketing und Internationales Marketing in Europa, Asien und Nordamerika und wurde mehrfach mit Teaching Awards ausgezeichnet.