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Vom Verwalten zum Gestalten: Wie KI die Finanzabteilung neu definiert

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Wie kann der akute Fachkräftemangel in Finanzabteilungen abgefedert werden – und zugleich die Rolle der Finanzfunktion völlig neu gedacht werden? Der KI-Experte Matthias Strafinger beleuchtet in seinem Gastkommentar, wie Künstliche Intelligenz helfen kann, Finanzabteilung neu zu definieren.

Finanzabteilungen sind traditionell nicht gerade als digitale Vorreiter bekannt. Zu groß scheint oft die Sorge, dass neue Technologien Prozesse destabilisieren könnten – gerade dort, wo strategische Unternehmensentscheidungen vorbereitet und getroffen werden. Hinzu kommt eine strukturelle Trägheit: In vielen Unternehmen dominiert noch immer eine Altersstruktur, in der der Wandel langsamer vollzogen wird. Doch dieser Status quo steht vor einem radikalen Umbruch.

In den kommenden zehn Jahren werden rund 75 Prozent der heute in der Buchhaltung tätigen Fachkräfte altersbedingt ausscheiden. Nachwuchs ist rar – der Anteil der Studierenden, die sich international auf Accounting oder Finance spezialisieren, ist im Vergleich zu vor 15 Jahren deutlich gesunken. Insbesondere in Industrieunternehmen abseits großer Ballungsräume ist der Fachkräftemangel in den Finanzabteilungen längst Realität.

Ein klarer Handlungsauftrag: Effizienz durch Künstliche Intelligenz

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels wird der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Finanzfunktion zur strategischen Notwendigkeit. Doch trotz erster Anwendungsfälle – etwa im Risikomanagement von Banken und Versicherungen – nutzen laut aktuellen Zahlen weniger als 20 Prozent der börsennotierten Unternehmen KI systematisch in ihrer CFO-Funktion. Eine Umfrage der Universität St. Gallen unter Leitung von Professor Klaus Möller zeigt: Über 80 Prozent der CFOs sehen großes Potenzial von KI in Bereichen wie Reporting, Planung, Cash Management und Risikoanalyse – tatsächlich implementiert haben es bislang jedoch nur die wenigsten.

Drei konkrete Anwendungsfelder, in denen KI heute schon greift

Auch wenn sich derzeit noch wenige Unternehmen trauen in der Finanzabteilung KI zu nutzen, gibt es doch einige spannende Anwendungsfälle, die wir am Markt identifiziert haben. Ursprünglich kommend aus dem Finance-Bereich war es für mich nur natürlich, Herausforderungen, die ich dort frühzeitig beobachtet habe, mit neuen technologischen Ansätzen zu adressieren. Auf Basis dieser Umsetzungen die wir begleitet haben sehen wir drei Teilbereiche wo KI in Zukunft deutlich stärker eingesetzt werden wird.  

Erstens: Die Automatisierung repetitiver Aufgaben. Hier ersetzt KI zunehmend manuelle Übertragungs- oder Kontrolltätigkeiten. Ein klassisches Beispiel: der automatische Abgleich von Eingangsrechnungen mit bestehenden Saldenlisten. Inzwischen leisten LLMs wie Claude bemerkenswerte Fortschritte in der Bilderkennung, was diese Prozesse zusätzlich beschleunigt und vereinfacht.

Zweitens: Was ich immer wieder beobachte: Daten sind zwar da, aber sie bleiben ungenutzt, weil der Zugriff zu kompliziert ist. KI-gestützte Chat-Oberflächen ermöglichen heute einen direkten Zugriff auf relevante Finanzkennzahlen – ohne Umweg über komplexe BI-Dashboards. Ob Vertriebsmitarbeitende, die auf Einkaufsdaten warten, oder Manager, die sich in PowerBI-Visualisierungen verlieren: Der gezielte Zugriff auf die richtigen Zahlen – inklusive deren Interpretation – wird durch KI deutlich intuitiver und schneller möglich.

Drittens: Die Integration von KI in Business Intelligence und Forecasting. Hier geht es nicht nur um die Analyse interner Finanzdaten, sondern zunehmend auch um die Einbindung externer Informationen. KI-gestützte Szenarioanalysen, ergänzt um Daten aus Quellen wie Thomson Reuters, lassen sich heute durch spezialisierte Research Agents automatisch einbinden – und eröffnen ganz neue Dimensionen für strategische Entscheidungsfindung.

Zeitenwende in Sicht: Die Finanzabteilung der Zukunft denkt strategisch

Mit dem anstehenden Generationswechsel steht ein Paradigmenwechsel bevor. Die Finanzabteilung der Zukunft wird nicht mehr nur rückblickend verwalten, sondern vorausschauend gestalten. Der Fokus verschiebt sich von operativer Buchhaltung hin zu strategischer Steuerung, fundierter Entscheidungsunterstützung und proaktiver Risikobewertung. KI kann dabei zum Enabler werden – vorausgesetzt, Unternehmen schaffen die technologischen und kulturellen Voraussetzungen dafür.

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