
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erhebt sich gegen die Rückkehr von Martin Selmayr nach Brüssel.
©APA/HANS KLAUS TECHTMartin Selmayr, früher EU-Botschafter in Wien, sollte laut Medienberichten einen einflussreichen Posten im Europäischen Auswärtigen Dienst bekommen - bis Ursula von der Leyen sein Comeback nach Brüssel vereitelte.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hegt einen Personalwunsch, der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gar nicht gefallen dürfte. Kallas setzt sich für die Rückkehr von Martin Selmayr - einst Kabinettschef des früheren Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker - ein. Ihr Wunsch soll vor allem auf Selmayrs weitreichendes Netzwerk im EU-Beamtentum und auf seinen berüchtigten Charakter zurückgehen. Das Handelsblatt beschreibt ihn als brillant, durchsetzungsstark, eigenwillig und rücksichtslos - Eigenschaften, die Kallas in ihrem Umfeld gut gebrauchen könnte, um sich gegenüber den selbstbewussten EU-Diplomaten zu behaupten.
In Brüssel trug Selmayr einst den Spitznamen „Monster von Berlaymont“, benannt nach dem Sitz der Europäischen Kommission. Welche Position er nun genau übernommen hätte, ist unklar. Fest steht jedoch, dass es sich um eine beratende Funktion mit erheblichem Einfluss gehandelt hätte.
Dass ausgerechnet ein so machtbewusster Charakter wie Selmayr in den Europäischen Auswärtigen Dienst nach Brüssel zurückkehren sollte, soll von der Leyen missfallen haben. Sie blockierte die Personalie bereits, bevor die offiziellen Bewerbungsgespräche überhaupt begonnen hatten, berichtete das Handelsblatt. Um eine direkte Konfrontation zu vermeiden, soll von der Leyen sogar erwägen, für Selmayr eine neue Position mit weniger Strahlkraft zu schaffen: die eines Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit.
Schon zu Beginn ihrer ersten Amtszeit entfernte von der Leyen den Juristen aus Bonn von seinem Posten als EU-Generalsekretär, in die ihn Juncker 2018 unter erheblichen Widerstand befördert hatte. Anschließend wurde Selmayr zunächst nach Wien versetzt, wo er keinen Konflikt mit der damaligen Regierung von Sebastian Kurz scheute; er war regelmäßig auch Interviewpartner des trend. Später wurde er zum EU-Botschafter beim Heiligen Stuhl, in San Marino und beim Malteserorden ernannt.
