
Dieter Grebner warnt, dass Österreich eine historische Chance verpasst.
©Peak TechnologyÖsterreichs Beitrag zur Europäischen Weltraumorganisation ESA soll zwar um 23 Prozent erhöht werden. Dieter Grebner von Austrospace fordert dennoch ein deutlich höheres Budget.
trend: Was steht auf dem Spiel, wenn Österreichs Beitrag zur ESA nicht erhöht wird?
Dieter Grebner: Es steht nichts auf dem Spiel, um es frech zu sagen, aber man verpasst die Chance einer Technologie, die Möglichkeit, Arbeitsplätze in einem Hochtechnologiesektor zu schaffen, man lässt das Potenzial liegen, sich in einem neuen Feld zu profilieren.
Warum leidet die heimische Weltraumwirtschaft direkt darunter?
Jeder Euro, der in die ESA-Wahlprogramme investiert wird, fließt direkt als Auftrag in ein österreichisches Unternehmen. Die Unternehmen schaffen es, daraus – im Branchenschnitt – einen vierfachen Exportumsatz zu generieren. Die FFG hat erhoben, dass österreichische Unternehmen in diesem Feld ein Auftragspotenzial von 684 Millionen Euro haben. Die Auftragsmöglichkeiten schöpfen wir um einen Faktor drei nicht aus. Wir hindern das gesamte Ökosystem am Wachstum.
Fehlt es an politischem Verständnis?
Wir hatten 2019 eine Übergangsregierung, die das Budget beschlossen hat. Danach hatten wir mit Leonore Gewessler eine Ministerin, die den Fokus auf andere Themen gesetzt hat. Jeder weiß, wie es jetzt um die budgetäre Lage des Bundes bestellt ist, somit gab es kaum Möglichkeiten, etwas zu tun. Bis die USA der Ukraine Erdbeobachtungsdaten nach Belieben gegeben und wieder abgedreht haben, war die Awareness außerdem nicht da. Erst da wurde Europa bewusst: Wir hängen da mit drin. Die Deutschen stellen deshalb 35 Milliarden für Raumfahrt aus dem Verteidigungsministerium und haben ein eigenes Ministerium geschaffen.
Sollte es ein eigenes Ministerium für Raumfahrt in Österreich geben?
Ich würde kein Raumfahrtministerium, sondern ein Technologieministerium gründen. Ich wünsche mir, dass wir einen Minister haben, der ausschließlich Technologiepolitik macht. Minister Hanke hat einen sehr großen Bogen zu spannen, und wenn man etwas weiterbringen will, muss man sich um Technologiepolitik kümmern und dafür mit Herzblut rennen und schauen, wo kann Österreich Vorreiter sein. Das ist kein Nebenjob neben Infrastruktur, ÖBB und Forschung. Das geht sich nicht aus. Wir sind in dem Gesamtbudget-Kontext ein kleiner Fisch. Das muss man fairerweise sagen. Wir werden Österreichs Wohlstand nicht retten können. Aber Raumfahrt ist ein Baustein der Technologiepolitik, mit dem man das Land weiterbringen kann. Mehr Budget würde eine andere Marktdynamik ergeben.
Wie realistisch ist es, dass Ihre Forderungen umgesetzt werden?
Ich hoffe, wir schaffen es, Herrn Hanke zu überzeugen, woanders einzusparen. Es ist an der Zeit, zu zeigen, dass wir nicht Narrische sind, die das Geld zum Mond schießen, sondern sich hinzustellen und zu sagen, das macht Sinn, wir haben einen Exporthebel, wir haben Wachstum, wir haben Technologiearbeitsplätze, das ist unsere Zukunft und da investieren wir. Das erfordert Mut.
ESA-Ministerratskonferenz
Bei der ESA-Ministerratskonferenz im November wird über die Zukunft der europäischen Raumfahrt entschieden. Für die kommende Periode kündigte der zuständige Bundesminister Peter Hanke (SPÖ) eine Erhöhung auf EUR 320 Millionen Euro an. Grebner fordert eine Erhöhung auf 500 Millionen Euro.
Deutschland versucht mit der Raumfahrt, die krisengebeutelte Automobilindustrie zu transformieren und investiert bis 2030 rund EUR 35 Milliarden Euro in Weltraumverteidigungsprojekt. Österreich sollte mitziehen, fordert Grebner.
