Die Vorsitzenden der Gas-Unabhängigkeitskommission: Andreas Kletecka und Irmgard Griss
©APA/TOBIAS STEINMAURERDas Klimaministerium hat eine Kommission eingesetzt, die den Gasliefervertrag zwischen der russischen Gazprom und dem heimischen Energiekonzern OMV prüfen soll. Dazu sollen einzelne Mitglieder auch Einblick in den Vertrag bekommen, dessen Inhalt bisher nur die OMV selbst kannte.
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Der Vertrag von OMV und Gazprom war 2018 im Beisein des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz und des russischen Präsidenten Wladimir Putin um zwölf Jahre von 2028 bis 2040 verlängert worden. Den genauen Vertragsinhalt kannte bisher nur die teilstaatliche OMV, nicht aber die Regierung oder die Regulierungsbehörde E-Control. Bekannt ist neben der Laufzeit des Vertrages bis 2040, dass eine "Take-or-Pay"-Klausel vereinbart wurde: Gazprom liefert und die OMV muss zahlen, auch wenn sie das Gas nicht benötigt. "Die Vertragsverlängerung 2018 war ein Fehler", sagte Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler.
Einsicht bekommt die Kommission auch jetzt nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben der "Gas-SOS-Verordnung" der EU. Die Kommission werde dabei die Geschäftsgeheimnisse der OMV wahren, sie sei "nicht dafür zuständig, die unternehmerischen Entscheidungen der OMV zu untersuchen", betonte Gewessler.
Die Kommission soll untersuchen, ob es einen Weg gibt, aus dem Vertrag mit der Gazprom herauszukommen. Außerdem sollen die politischen Begleitumstände der Vertragsverlängerung im Jahr 2018 analysiert werden. Den Vorsitz der Kommission übernehmen die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, und der Universitätsprofessor Andreas Kletečka. Im Herbst sollen erste Ergebnisse vorliegen, einen Abschlussbericht soll es bis Ende des Jahres geben.
"Die Kommission wird sich den Vertrag anschauen, und überlegen, wie ist es möglich, aus diesen Verpflichtungen herauszukommen", sagte Griss auf der Pressekonferenz. Eine zweite Frage, der sich die Kommission widmen will, laute "wie gehen wir in Zukunft bei Verträgen vor, die zwar ein privates Unternehmen schließt, die aber immense Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage, auf die sicherheitspolitische Lage und überhaupt auf die Lebensbedingungen in Österreich haben", so die ehemalige OGH-Präsidentin.
Im Fall des Gasliefervertrages würden "wesentliche energiepolitische, bis hin zu außenpolitischen Aspekten" vom Privatrecht geregelt, "dazu ist das Privatrecht nicht da. Man muss eine Struktur finden, wie man das in Zukunft anders gestalten kann", sagte Kletečka.
Die Kommission werde Interviews führen und die Informationen, die zur Vertragsverlängerung 2018 vorliegen, analysieren. Weitere Mitglieder der Kommission sind der ehemalige Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde, Walter Barfuß, der ehemalige E-Control-Vorstand, Walter Boltz, der Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, der ehemalige AGGM-Vorstand Thomas Starlinger und Velina Tchakarova, ehemalige Direktorin des Österreichischen Instituts für Europa- und Sicherheitspolitik.
Die Energiesprecherin des Regierungspartners ÖVP, Tanja Graf, sah in der Präsentation der Kommission heute eine "Wahlkampf-Aktion der Grünen Ministerin in eigener Sache". Sie warf Gewessler vor, die damals "in bester vorausschauender Absicht geschlossene Verträge für politische Effekthascherei" zu instrumentalisieren. Das stehe einer "konstruktiven Zusammenarbeit in der Regierungskoalition diametral entgegen".
Die NEOS sehen in der Einsetzung der Gas-Kommission eine "späte Einsicht von Gewessler", die "wohl dem Wahlkampf geschuldet" sei. Auch aus Sicht der FPÖ handelt die Regierung zu spät, die Energieministerin wälze nun "die Verantwortung lediglich auf eine Kommission ab", sagte Energiesprecher Axel Kassegger laut Aussendung. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) wünschte sich in einer Aussendung "Taten statt Arbeitskreise". Generalsekretär Karheinz Kopf forderte, wie auch die FPÖ, eine Fortführung des Ende 2024 auslaufenden Transitvertrag durch die Ukraine. "Am Abend wird der Faule fleißig - Mehr fällt einem zu dieser fadenscheinigen Inszenierung leider nicht ein", kommentierte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll, auch er ortete eine Wahlkampf-Aktion.
Vize-Kanzler Werner Kogler (Grüne) bezeichnete die "immer noch hohe Abhängigkeit von russischem Blutgas" am Dienstag auf X (vormals Twitter) als "inakzeptabel", Schuld an der Lage seien "Vorgängerregierungen". Er äußerte sich erwartungsgemäß erfreut über das Einsetzen der Gas-Kommission.